Die Mobilitätswende. Karin Kneissl

Die Mobilitätswende - Karin Kneissl


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rel="nofollow" href="#u76d6cc19-a095-4958-a54a-247dad79bb88">Kracht die Automobilindustrie, kippt Deutschland

       Green Deal in der globalen Depression

       Woher kommt der Strom für die E-Mobilität: das unterschätzte Blackout

       These Nummer Vier

       DIE JEWEILIGE ZUKUNFT DER MOBILITÄT ALS FAVORIT DER SCIENCE FICTION

       Die Mobilität und die Zivilisation

       Wurde alles schon erfunden?

       Exkurs: Elon Musk, Visionär oder Blender

       Es war einmal: Hochgeschwindigkeitszüge in Europa

       Die Rückkehr der Klimadebatte und ein neuer Glaubenskrieg

       Der Wasserstoff als zusätzliche Option

       Technischer Exkurs zu Farben und Fragezeichen des Wasserstoffs

       Wer wird wohin fliegen?

       These Fünf und Schlussfolgerungen

       DIE MOBILITÄTSWENDE UND IHRE KRITIKER

       In jedem Auto liegt eine gelbe Weste

       Die Energiewende schafft eher Arbeitsplätze ab, die Mobilitätswende ebenso

       Welcher Steuerentfall infolge der Mobilitätswende

       Die Erdölkonzerne und das Weltwirtschaftssystem

       Eine weitere Blase auf den Finanzmärkten könnte die Mobilitätswende erfassen

       These Sechs und Schlussfolgerungen

       DIE PANDEMIE: ZWISCHEN GRENZENLOSER MOBILITÄT UND VERORDNETER IMMOBILITÄT

       Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie

       Der Impfpass als neuer Reisepass

       Psychologie und Politik: Angst vor dem Fremden und der Infektion

       These Sieben und Schlussfolgerungen

       Schlussbetrachtungen in Form von Szenarien

       Fazit: Die Mobilitätswende wird sich verzögern

       Literaturangaben

       Abbildungsverzeichnis

       Danksagung

VOR EINER WEICHENSTELLUNG –

      In dem Moment, als wir uns in der permanent verfügbaren Mobilität wähnten, implodierte diese aufgrund einer Pandemie. Es folgte der globale Stillstand. Der allgemein erwarteten Explosion des Verkehrsaufkommens mit immer mehr Pendlern, Billigflügen und Arbeitsmigration zwischen den Kontinenten folgte die Mobilitätsimplosion. Videokonferenzen und das Homeoffice traten gleichsam binnen Wochenfrist an Stelle von Geschäftsflügen und dem täglichen Stau von der Peripherie zum Arbeitsplatz. Datenautobahnen schienen plötzlich wichtiger als die leer gefegten Autobahnen. Wir waren im Namen der Gesundheit immobil geworden. Ein Virus namens Covid-19 legte Weltwirtschaft und Gesellschaft lahm. Von Mobilität vorerst keine Spur. Die Pandemie wurde erst denkbar durch unsere ungebremste Mobilität.

      Das Weltwirtschaftsforum (WEF) erstellt jährlich eine Liste „imminenter Bedrohungen für die globale Sicherheit“. Darin findet sich seit Jahr und Tag neben dem Wohlstandsgefälle und damit verbundener Migration sowie dem Klimawandel auch das Thema Pandemie. Es möge niemand behaupten, man habe ein solches Ereignis nicht erahnen können. Pandemiepläne liegen in den Schubladen aller Regierungen dieser Welt. Dennoch wurde fast jeder Staat auf dem falschen Fuß erwischt. China, wo in der Stadt Wuhan die Atemwegserkrankung Ende 2019 erstmals auftrat, ergriff mit Verzögerung Maßnahmen, dann aber umso drastischere. In der EU agierte jeder Staat anders, die EU-Kommission sah hilflos dem Treiben zu, Russland und China organisierten Luftbrücken nach Italien, während das Epizentrum weiter nach Nordamerika zog. Die Stilllegung allen öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens trifft Indien, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, genauso wie die Tagelöhner von Kairo oder die Kulturschaffenden zwischen Paris und Rom.

      Im Jänner 2019 nahm ich am WEF in Davos teil. Das Forum widmete eine eigene Debatte den Kosten von Klimawandel und Pandemie, die ungefähr gleich hoch kalkuliert wurden. Die dort mitwirkenden Experten skizzierten detailliert die Konsequenzen eines Pandemieszenarios für die Volkswirtschaft, ob für Industriestaaten, Schwellenländer oder eben die ärmsten unter den UNO-Mitgliedern. Konzepte und Rechnungen lagen vor, bloß widmete sich das damalige mediale Interesse viel mehr dem Brexit und den Populisten in der EU.

      Wir waren bislang in unserem Geschichtsabschnitt verwöhnt, weil die letzten großen Seuchen, wie Ebola und SARS, meist lokal bzw. regional blieben. Keiner ist mehr unter uns, der von der Spanischen Grippe kurz nach dem Ersten Weltkrieg oder den wiederkehrenden Cholera-Ausbrüchen, die auch Europa immer wieder heimsuchten, berichten könnte. Nun müssen wir begreifen, wie zerbrechlich auch dieses so selbstverständliche Gut der Reisefreiheit, der Bewegungsfreiheit an sich ist. Den Eisernen Vorhang, komplizierte Visaanträge, Terrorismusgefahr und beschränkte finanzielle Möglichkeiten kennen wir als Korsett. Und dennoch haben wir uns als Einwohner eines vermeintlich globalen Dorfs an die grundsätzliche Verfügbarkeit des unbegrenzten und vor allem sehr günstigen Reisens gewöhnt. Die Mobilitätsbranche ist eine, die weit über den Personen- und Güterverkehr hinausgeht, sie erfasst in einer globalisierten Welt fast alle Lebensbereiche. Dennoch möge uns in Erinnerung bleiben, dass dieser Eindruck gesellschaftlicher Mobilität als damalige Normalität kein allgemein gültiges Phänomen war. Die meisten Menschen bewegten sich auch ante Covid-Krise nicht überall permanent, sondern sie blieben und bleiben ein Leben lang in der Region, in der sie geboren wurden.

      Als ich dieses Buch im Herbst 2019 konzipierte, war die Idee einer Mobilitätswende in erster Linie vom Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor und den möglichen politischen Folgen für Erdöl produzierende Staaten bestimmt. Im März 2020 brach dann binnen weniger Tage der Erdölpreis von rund 60 US-Dollar pro Fass auf 20 US-Dollar ein. Die bereits spürbare


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