Dr. Norden Bestseller Box 12 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Sie wollte aufbegehren, aber ihr Vater schnitt ihr das Wort ab.
»Ich habe ihm auf den Kopf zugesagt, daß er ein Verhältnis mit Hilde Roth hatte und daß es Beweise gäbe, daß er der Vater ihres Kindes ist. Es hat ihn umgeworfen, mein liebes Kind. Ich habe mich lange genug von ihm an der Nase herumführen lassen. Ich habe drei tüchtige Sekretärinnen entlassen, weil ich seinen Einflüsterungen Gehör schenkte, und ich habe geduldet, daß er auch mit meiner Tochter ein Gspusi angefangen hat. Das Maß ist voll.«
»Das sind alles Intrigen, Papa«, heulte Carola los. »Das hat bestimmt diese Sandra ausgeheckt, weil sie Götz nicht bekommen hat. Das war doch eine Clique. Kurt muß mich heiraten.«
»Wieso muß er das? Meinst du nicht, daß du einen anständigen Mann findest?«
Carola schluchzte auf. »Ich bekomme auch ein Kind.«
Leonore von Hellbrink sank aufstöhnend in einen Sessel. Ihr Mann starrte Carola fassungslos an.
»Das ist stark«, sagte er heiser, »das ist zuviel. Dann heirate doch diesen verdammten Verführer, aber hier habt ihr nichts mehr verloren.«
»Sei nicht so hart, Ulrich«, flüsterte Leonore. »Bitte, laß uns vernünftig reden.«
»Vernünftig? Meine Tochter läßt sich mit diesem Filou ein, und ich soll vernünftig denken?«
»Du warst nicht dagegen«, stieß Carola hervor.
»Nicht dagegen, nicht dagegen«, polterte er, »ich bin halt noch von gestern. Ich kann es nicht glauben, daß man überhaupt keine Moralbegriffe mehr hat. Was habe ich da bloß großgezogen.«
Und mitten hinein in diesen dramatischen Höhepunkt platzte Götz.
Er hatte die erregten Stimmen schon vernommen. Das Hausmädchen Marie hatte ihm die Tür geöffnet und sich dann gleich wieder in die Küche begeben. Er stand nun in der Tür.
»Guten Abend«, sagte er.
Seine Mutter sprang auf und stürzte auf ihn zu, während sein Vater anscheinend an eine Halluzination glaubte.
»Götz, mein Junge!« rief Leonore aus, und in diesem Augenblick war alles andere für sie vergessen.
»Du bist wieder da«, sagte nun auch Ulrich von Hellbrink. »Gott sei Dank.«
»Es scheint hier noch andere Aufregungen zu geben«, sagte Götz. »Ihr wart ziemlich laut.«
»Wir wollen jetzt nicht darüber reden«, sagte sein Vater.
»Wir wollen zuerst über Sandra reden«, sagte Götz. »Was wißt ihr von ihr?«
»Ist dir das immer noch wichtig?« fragte sein Vater.
»Schließlich ist sie meine Frau.«
»Deine Frau?« Seine Eltern riefen es gleichzeitig, und Carola wich zur Tür zurück.
»Es soll keine Unklarheit mehr darüber herrschen«, sagte Götz. »Ich hätte schon damals keine Rücksicht auf euch nehmen sollen. Es war auch alles anders gedacht. Ich war länger fort, als vorauszusehen war. Inzwischen wird unser Kind bald zur Welt kommen, und ich weiß nicht, wo Sandra ist. In der Wohnung habe ich sie nicht angetroffen. Ihr werdet verstehen, daß es für mich von größter Wichtigkeit ist, sie zu finden.«
»Du hast sie geheiratet«, sagte sein Vater tonlos.
»Ja, ich habe sie geheiratet, ob es euch nun paßt oder nicht. Ich habe sie geheiratet, weil ich sie liebe, aber in diesen schrecklichen Monaten ist mir klar geworden, daß ich mir der Verantwortung nicht bewußt war, die man mit einer Heirat übernimmt. Sandra wollte nicht, daß es zu einem Bruch zwischen uns kommt. Sie dachte wohl auch, daß ihr versöhnlicher gestimmt seid, wenn ihr merkt, daß sie nicht auf den Namen und schon gar nicht auf Geld aus ist. Und ich dachte, daß ihr einsichtig werdet, wenn Carola ihren Willen durchsetzt und Fechner heiratet, doch was ich gehört habe, läßt darauf schließen, daß es dazu nicht kommt.«
»Das habe ich deiner Sandra zu verdanken«, sagte Carola aggressiv. »Sie hat üble Gerüchte in die Welt gesetzt, denen Papa glaubt.«
»Dafür wirst du dich bei Sandra entschuldigen«, sagte Götz gereizt.
»Bitte keinen Streit«, bat Leonore. »Es sind genug böse Worte gefallen, und wir müssen mit anderen Problemen fertig werden.« Sie zeigte sich in dieser Situation als die Stärkste und in erster Linie als Mutter. »Es sind Fehler von uns gemacht worden, aber auch von euch, und ich meine, daß wir versuchen, uns zu verständigen, damit nicht alles auseinanderbricht. Ich habe genug Angst um dich ausgestanden, Götz, und ich will auch nicht, daß Carola sich im Stich gelassen fühlt. Meinetwegen soll sie Fechner heiraten.«
»Aber sie wird dann damit auskommen müssen, was er herbeischafft«, sagte Ulrich von Hellbrink hart. »Ich mache keine Zugeständnisse.«
»Vielleicht bekomme ich gar kein Kind«, sagte Carola. »Ich habe das bloß gesagt.«
»Das ist ja das reinste Irrenhaus«, platzte Ulrich von Hellbrink heraus. »Komm, Götz, reden wir miteinander, bis sich deine Schwester besonnen hat, ob sie nun ein Kind kriegt oder nicht. Jedenfalls wird Fechner entlassen. Carola kann ihn ja fragen, ob er dann noch an ihr interessiert ist. Erpressen lasse ich mich nicht. Auch nicht mit einem imaginären Kind, das einen skrupellosen Vater und eine hirnlose Mutter hätte.«
Aufschluchzend fiel Carola ihrer Mutter um den Hals, als sie mit ihr allein war. »Es stimmt nicht, Mama«, flüsterte sie kläglich. »Kurt hat nur gesagt, daß Papa dann bestimmt nicht nein sagen würde.«
»Was bist du nur für ein törichtes Mädchen«, sagte Leonore.
»Aber er hat doch gesagt, daß man ihm was anhängen will und Sandra dahintersteckt. Sie ist mit den Roth-Schwestern befreundet. Ihr werdet schon noch erleben, daß alles von ihr eingefädelt worden ist.«
»Jedenfalls hat Götz sie geheiratet«, sagte Leonore leise, »und vielleicht sind wir im Unrecht. Götz hat sehr viel durchgemacht. Es ist ein bißchen viel auf uns eingestürmt. Wie wäre es, wenn du Fechner anrufen würdest, Carola?«
»Was soll ich denn sagen?«
»Daß dein Vater dich vor die Tür gesetzt hat und du bereit bist, mit ihm zu gehen.«
»Werft ihr mich hinaus?« fragte Carola tonlos.
»Aber nein. Wir können aber mal hören, wie Fechner sich dann verhält. Eine Probe aufs Exempel, Carola. Wenn er dich liebt, kann er das nun beweisen, und dann wird auch Papa versöhnlich gestimmt sein.«
»Dann rufe ich ihn jetzt an.«
Sie ging hinauf in ihr Zimmer, aber sie blieb nicht lange oben. Schwankend kam sie die Treppe herab, mit fahlem Gesicht und starrem Blick.
»Er hat gesagt, ich solle mich zum Teufel scheren, Mama«, flüsterte sie.
»Und daraus wirst du lernen, Carola«, sagte Leonore. »Er hat seine Maske fallen lassen. Meinst du nun immer noch, daß man euch mit Intrigen auseinanderbringen wollte?«
»Es ist so schwer, das zu verstehen.«
»Das wird Hilde Roth wohl auch denken. Ich glaube, wir haben allerhand gutzumachen, mein Kind.«
»Papa wird mir das nicht verzeihen.«
»Ach, denk das doch nicht. Er wird sich beruhigen. Er wird eine Zeit grollen, aber vielleicht sind wir bald Großeltern, und dann wird sich alles in Wohlgefallen auflösen. Wenn ich nur wüßte, wo sie ist.«
»Sandra?« fragte Carola.
»Wer denn sonst?«
»Warte doch erst, was Papa sagt.«
»Was meinst du, wie Götz zumute sein wird, wenn Sandra in eine Notlage geraten ist, auch durch unsere Mitschuld.«
Da fiel die Haustür ins Schloß, und gleich darauf kam Ulrich von Hellbrink mit düsterer Miene.
»Götz ist gegangen«,