Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek

Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus - Andreas Suchanek


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      »Beim Roten Schöpfer.« Der Lieutenant schlang die Arme um seinen Körper und begann zu zittern. »Weg! Wir müssen weg! Dort sind alle tot.« Unvermittelt sprang er auf und griff nach dem Kragen von Jaydens Uniform. »Schicken Sie niemanden dort hinunter. Zerstören Sie es!«

      Jayden bewahrte Ruhe und fixierte Lariks Blick. Als Janis eingreifen wollte, bedeutete er ihm, zurückzubleiben. Doktor Petrova zog einen Injektor aus der mobilen Medikamenteneinheit.

      »Warum? Was ist hier passiert?«, fragte Jayden. Er tat es Janis gleich und sprach langsam und monoton.

      Tränen rannen aus den Augenwinkeln des Marsianers. Seine Hände zitterten unkontrolliert. »Wir folgten einer angemessenen Strahlung zum Elnath-System«, sagte er. Seine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen, sein Blick flog unstet umher. »Beim Einflug ins System entdeckten wir eine Rettungskapsel. Haben Sie jemals erlebt, dass ein Parlide in einer Rettungskapsel gefunden wird? Wir holten sie natürlich an Bord, mitsamt des Insassen und einer seltsamen Probe, die unsere Wissenschaftler untersuchten. Zu seinem Mutterschiff konnten wir keine Verbindung herstellen, aber durch seine Navigationsdaten konnten wir es orten. Also flogen wir in den Orbit dieser verfluchten Welt, die gleichzeitig auch dieses Ding beherbergte. Captain Bowman schickte Marines und Wissenschaftler zu einem Artefakt, das wir auf der Nordhalbkugel fanden. Sie brachten sich alle um.«

      Larik wimmerte. »Bowman ließ die Probe des Parliden im Frachtraum versiegeln, dann verließen wir das System, um Hilfe zu holen. Aber auf dem Flug begannen die anderen sich zu verändern.«

      Jayden wagte es nicht, Lariks Bericht zu unterbrechen, aus Angst, der Lieutenant würde dann endgültig zusammenbrechen. Das besorgte Gesicht von Janis sprach Bände, und auch Doktor Petrova schaute immer wieder auf ihren Handscanner.

      »Doktor Silia fand heraus, dass die Probe für all das verantwortlich war. Captain Bowman ließ diese daraufhin in den Frachtraum bringen und öffnete das Schott. Von diesem Moment an waren wir verloren.«

      Schweigen.

      »Die Probe explodierte.« Lariks Stimme wurde schwächer. »Etwas Derartiges habe ich noch nie gesehen. Das Schiff wurde schwer beschädigt. Und überall waren plötzlich diese Partikel. Dunkle Fragmente, hat Doktor Silia sie genannt. Von da an sind alle durchgedreht. Sie liefen Amok!«

      »Sie müssen die Marines zurückholen«, sagte Doktor Petrova an Jayden gewandt. »Es ist zu gefährlich.«

      »Sie haben Leute dort hinuntergeschickt?!« Larik schrie wie ein Wahnsinniger. »Nein! Oh, Roter Schöpfer, nein! Es wiederholt sich. Holen Sie sie zurück. Nein, verschwinden wir sofort. Lassen Sie diese armen Seelen dort unten.«

      Er begann, konvulsivisch zu zucken.

      Doktor Petrova war blitzschnell heran und jagte ihm eine Injektion in den Blutkreislauf. Nur Sekunden später erschlaffte Larik und wurde von dem Paramedic aufgefangen.

      »Cross an Kommandobrücke«, sagte Jayden und aktivierte damit das Interkom-System.

      »Ishida hier. Ich wollte Sie gerade kontaktieren, Sir.«

      »Was ist passiert, Commander?«

      »Wir haben soeben den Audiokontakt zu den Marines verloren.«

      »Ich bin auf dem Weg. Cross Ende.« Er warf dem bedauernswerten Larik einen letzten Blick zu. »Doktor Petrova, Doktor Tauser, Sie beide kümmern sich um ihn.« Und ich sorge dafür, dass sich die Geschichte nicht wiederholt, wenn ich es noch verhindern kann.

      Damit verließ er die Krankenstation und rannte zum Primärlift. Er musste zur Kommandobrücke. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.

      *

      Als Jayden eintraf, starrten die Brückenoffiziere wie gebannt auf den zentralen Holotank. In ihm war das schreckgeweitete Gesicht eines Marines zu sehen, das sich im Helm eines gefallenen Kameraden spiegelte. Da die Marines auf dem Weg zum Artefakt Verstärker platziert hatten, konnte das optische Signal der Helmkamera problemlos empfangen werden.

      »Das ist Corporal Sinman«, sagte seine I.O., als er neben sie trat. »Er hat die Audioverbindung gekappt. Wir können nur noch beobachten.«

      »Wo sind die übrigen Marines und Wissenschaftler des Trupps?«

      »Alle tot.« In Ishidas Stimme war keinerlei Emotion auszumachen. »Sie haben sich gegenseitig niedergemetzelt. Sinman war der Effektivste. Daher steht er als Einziger noch.«

      Mein Fehler. Ich hätte auf Doktor Petrova hören sollen. »Die Legierung zeigt also keinerlei Wirkung?«, fragte er.

      »Die Auswertung von Commander Lorencia befindet sich bereits in Ihrem persönlichen Speicher. Etwas Derartiges habe ich noch nie gesehen. Die Legierung hat zuerst genau so funktioniert wie angenommen und ist dann abrupt in sich zusammengefallen. Ohne Vorwarnung. Wir konnten unsere Jungs nicht mehr zurückrufen.«

      Jayden verzichtete darauf, den Bericht durchzugehen. Dafür war später noch Zeit, auch wenn er davon ausging, nicht ein Wort des Fachchinesisch zu verstehen.

      Corporal Sinman stapfte gerade um einen Felsen. Die polare Region dieser Welt bestand aus Gebirgen, die selbst den höchsten Berg der Erde weit überragten. Um den Marine herum gab es nur scharfkantige Felsen und schneebedeckte Gipfel.

      Jayden vergaß, was er hatte sagen wollen, und starrte auf das Gebilde, das im Aufnahmefeld erschien.

      »So sieht es also aus«, sagte Ishida.

      Da die Aufklärungssonden nur diverse Scans weitergeleitet hatten, bei zu nahem Anflug jedoch ausgefallen waren, konnten sie erst jetzt eine echte visuelle Aufzeichnung sehen.

      »Ein Fraktal«, sagte Jayden und trat instinktiv näher an den Holotank heran. »Etwas Ähnliches habe ich schon einmal gesehen.«

      »Das Gebilde ähnelt einem Menger-Schwamm in der vierten Iterationsstufe«, sagte Lieutenant Tess Kensington, während ihr Blick auf die Auswertung der Ortungskonsole gerichtet war. »Wie Sie bereits feststellten, Sir, handelt es sich dabei um ein Fraktal. Ein Würfel, der aus 160 kleineren Würfeln besteht und von würfelartigen Schächten durchzogen ist.«

      Jayden nickte nur. Corporal Sinman trat näher an das Gebilde heran, wodurch die Auflösung noch besser wurde.

      »Ich leite die Aufnahmen direkt an die wissenschaftliche Abteilung weiter und lasse die Schiffs-K.I. nach Querverweisen suchen.« Kensingtons Finger huschten über ihre Konsole. »Bisher keine Ergebnisse.«

      Der Anblick des Fraktals jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Das würfelartige Gebilde bestand aus einem schwarzen, onyxartigen Material, das von innen heraus zu glimmen schien. Der in den Servo-Suit des Corporals integrierte Scanner lieferte erste Ergebnisse. Diverse Strahlungen wurden angemessen, was Jayden momentan jedoch nicht im Geringsten interessierte.

      Der Corporal stand jetzt dicht vor dem Fraktal.

      Ishida besah die übertragene Anzeige des Servo-Suits. »Er öffnet den Anzug!«

      Die Gamma-Strahlung in der Nähe des Würfels lag weit über dem für Menschen verträglichen Wert. Der Corporal beging vor ihrer aller Augen Selbstmord.

      Jayden biss die Zähne zusammen und beobachtete das grauenvolle Schauspiel weiter. Wütend ballte er die rechte Hand zur Faust. Diese verdammte Machtlosigkeit! Er konnte nur dasitzen und zuschauen, während ein Mitglied seiner Crew in den Tod ging.

      Der Corporal schälte sich aus dem Suit, warf ihn ab wie eine Schlange ihre Haut. Darunter trug er nur die Standardunterwäsche der Space Navy.

      Ishida rekalibrierte das Aufnahmefeld, damit sie den Corporal durch die nun am Boden liegende Kamera beobachten konnten.

      Die Strahlung schien ihm nichts anzuhaben. Er trat nach vorne, hob seine Hände und berührte das Artefakt.

      In diesem Moment war Jayden froh über die abgeschaltete Audioverbindung. Die Handflächen des Mannes verschmolzen mit dem Würfel. Er


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