Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek

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sich in den Boden gebohrt hatten. Er atmete noch und sein Raumanzug war unbeschädigt. Erleichtert beugte sich Tess zu ihm hinab.

      »Wir müssen hier raus«, sagte der Techniker gehetzt. »Ein Torpedo mit radioaktivem Sprengkopf muss in direkter Umgebung explodiert sein. Die Strahlung hat ein kritisches Maß überschritten.«

      »Ich krieg ihn hier nicht raus.«

      Der Techniker wandte sich bereits ab und rannte davon. Tess überprüfte die Sensoren ihres Anzugs, ein eisiger Schreck fuhr ihr in die Eingeweide. Die radioaktiven Strahlenwerte waren so hoch, dass schon wenige Minuten in diesem Raum den Tod bedeuteten.

      Die Paramedic trug gerade den einzigen überlebenden Brückenoffizier hinaus. Sie warf Tess einen Injektor mit einem Strahlenschutzmittel zu. »Mehr kann ich nicht für ihn tun.«

      »Nein, das können Sie nicht machen! Wir müssen ihm helfen!« Tess injizierte zuerst Zev, dann sich selbst das Medikament.

      »Sie kennen das Protokoll, Lieutenant«, sagte die Paramedic, was sie sichtlich Überwindung kostete. »Wir befinden uns in einer Schlacht. Ich muss mich um jene kümmern, die noch eine Chance haben, denen ich helfen kann.«

      Damit wandte sie sich ab und ging.

      Zitternd strich Tess über Zevs Brust.

      »Geh«, sagte er leise.

      »Niemals«, erwiderte sie. »Ich halte mich an den Schwur. Gemeinsam bis zum Ende. Aber dieses Ende ist noch lange nicht gekommen.«

      »Einer von uns muss überleben, sonst war alles sinnlos!«, sagte Zev.

      »Hören Sie auf, derartige Reden zu schwingen, Commander! Wir sind noch nicht tot!«

      Wütend zerrte sie an der Konsole, während die Anzeige der Strahlenwerte kontinuierlich stieg.

      *

      »Wie ist der Status der Station?«, fragte das Abbild Captain Ivo Coens, Kommandant des Dreadnoughts TÈQUÁN, aus dem Holotank. Der schwarzhaarige Lockenkopf aus dem israelischen Sektor der Erde war mit seinen neunundvierzig Jahren der Leiter des ersten Kampfverbands vom Alzir-System.

      »Der erste Raumer hat das Feuer auf die neuralgischen Bereiche von NOVA eröffnet«, sagte Jayden. »Nach der Zerstörung des Maschinenraums, der beiden Kommandobrücken und der Landepods hat er aus dem Stand eine Transition ausgeführt.«

      »Sein Ziel war also nicht die vollständige Vernichtung der Station?«

      »Zum jetzigen Zeitpunkt scheint das unwahrscheinlich. Vermutlich wollen die Angreifer NOVA in Besitz nehmen.«

      »Was wir auf keinen Fall zulassen können, Captain.« Coen überprüfte einige Daten auf seiner Konsole. »Es ist höchst bedauerlich, dass wir beim Eintreffen des Feindes aufgesplittet waren, um Systemmanöver durchzuführen. Ich fürchte, wir haben uns zu sehr auf die Raketenforts verlassen.

      Captain Fengs Verband ist den feindlichen Schiffen, die Kurs auf NOVA halten, am nächsten. Er wird sie bereits vorher erreichen und hoffentlich aufhalten können. Sein Verband ist den Feinden an Tonnage 2:1 überlegen. Leider können wir bisher noch zu wenig über deren Waffen sagen, um daraus eine gewisse Sicherheit abzuleiten. Ich selbst kümmere mich um die Schiffe, die direkten Kurs auf meinen Verband gesetzt haben. Da wir den größten Verband im System darstellen, haben die uns wohl als Hauptziel ausgemacht. Das Tonnage-Verhältnis liegt in unserem Fall relativ gleich.

      Leider wird Captain Fitzgerald nicht rechtzeitig eintreffen, um Pearl zu verteidigen. Er und seine drei Begleitschiffe waren unterwegs, um die ÜL-Plattformen zu warten. Glücklicherweise halten nur fünf feindliche Raumer auf den Planeten zu. Da es aber keine Abwehrforts mehr gibt, sind die Bewohner auf Ihren Schutz angewiesen, Captain. Verteidigen Sie die Kolonie, so gut Sie können. Halten Sie die Raumer auf, bis Fitzgerald eintrifft.«

      »Das werden wir, Captain. Weiß die Admiralität Bescheid?«

      Coen verneinte. »Die Phasenfunk-Relaiskette wurde unterbrochen. Vermutlich haben die Feinde eine der Relais-Stationen vernichtet. Wir sind auf uns gestellt.«

      »Ich verstehe.«

      »Viel Glück, Captain.«

      »Ihnen auch«, sagte Jayden.

      Die Verbindung wurde unterbrochen, die Taktikanzeige erschien wieder im Holotank.

      »Sir, laut Anzeige befinden sich fünf Raumschiffe auf dem Weg in Richtung Pearl«, sagte Ishida leise. »Wir haben nicht den Hauch einer Chance, sie aufzuhalten.«

      »Ich weiß.« Jayden fuhr sich über den kribbelnden rechten Handrücken. Die Brandnarben, die er sich bei der Schlacht von Tikara II zugezogen hatte, waren noch immer nicht verheilt. Er hatte es versäumt, Doktor Petrova diesbezüglich anzusprechen – hatte einfach nicht mehr daran gedacht. »Aber wir werden unser Bestes geben. Lieutenant Task, bringen Sie uns zwischen die Angreifer und Pearl.«

      »Wir sind schon auf dem Weg, Sir«, meldete der Navigator gelassen.

      »Lieutenant Nurakow«, wandte er sich an den Ortungsoffizier, »wie lange noch bis zum Eintreffen des feindlichen Verbandes?«

      »Bei gleichbleibendem Vektor und konstanter Geschwindigkeit erreichen uns die Schiffe in einer Stunde und vierzig Minuten.«

      »Bedenken Sie dabei bitte, dass wir nicht wissen, welche Reichweite die feindlichen Torpedos und Strahlenwaffen besitzen, Sir«, warf Lieutenant Commander Akoskin ein. »Unter Umständen können die schon lange vor uns das Feuer eröffnen.«

      »Haben wir noch Kontakt zu den ÜL-Plattformen?«, fragte Jaydens I.O.

      »Achtzig Prozent der Plattformen sind ausgefallen«, sagte McCall anstelle von Nurakow, der gerade eifrig Daten in seine Konsole eingab. Die beiden Offiziere erwiesen sich als dynamisches Team, das sich die Arbeit flexibel und schnell, auf die Situation eingestellt, aufteilte. »Einige sind aber noch aktiviert. Ich habe die, die uns am nächsten ist, mit den gültigen Codes angesprochen und um 24 Grad gedreht. Die feindliche Flotte befindet sich dadurch im 'Blickfeld' der Plattform und wir erhalten die Daten durch ein gebündeltes Phasenfunk-Signal in Echtzeit.«

      »Gute Arbeit«, sagte Jayden beeindruckt. Er vergaß über die Schüchternheit der Ortungsoffizierin viel zu oft deren Kompetenz. »Wie sieht es mit dem Rest der Flotte aus? Gab es bereits Feindkontakte?«

      »Captain Coen hat den Aufbau eines Schiffssensornetzes veranlasst«, sagte McCall. »Ein Schiff jeden Pulks übermittelt die Sensorauswertung über Phasenfunk an ein Empfängerschiff der anderen Verbände. Dieses gibt die Daten daraufhin an die eigenen Raumschiffe weiter. Somit sind wir nicht auf die Übertragung der Plattformen angewiesen, wenn sich die feindlichen Raumer in direkter Umgebung der Schiffsverbände aufhalten.

      Captain Fitzgerald ist auf dem Weg zu uns. Seine E.T.A. ist zwei Stunden und dreiundvierzig Minuten nach dem Eintreffen des feindlichen Verbandes. Captain Feng und sein Verband treten soeben in die Schlacht ein und Captain Coen trifft in geschätzten zwanzig Minuten auf seine Feindflotte.«

      »Also gut.« Jayden atmete zitternd ein und wieder aus, straffte die Schultern und setzte sich kerzengerade auf. »Commander Akoskin, wie steht es um unsere Spezial-Shuttles.«

      Commander Ishida runzelte die Stirn, dann erhellte ein Lächeln ihre Miene. »Sie wollen einen Kensington abziehen.«

      »Nennt man das jetzt so?« Jayden schmunzelte.

      In der ersten Schlacht der HYPERION gegen die Parliden hatte Lieutenant Kensington Shuttles, die mit Torpedos gefüllt waren, gegen den herannahenden Feind eingesetzt. Als die HYPERION ein rentalianisches Schiff, das das zweite Artefakt geladen hatte, in den Parlidenraum gefolgt war, hatte Commander Ishida einige Shuttles ebenso präpariert. Bisher war dies nicht rückgängig gemacht worden.

      »Damit liegen Sie goldrichtig. Ich habe zwar keine Ahnung, ob es uns etwas nutzt, aber verzweifelte Situationen …«

      »… erfordern


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