Seewölfe - Piraten der Weltmeere 666. Sean Beaufort

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 666 - Sean Beaufort


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Kreises nur die Schebecke, mutterseelenallein, auf dem Arabischen Meer befand. Es war sinnlos, weiterzusuchen.

      Er sicherte das wertvolle Instrument und enterte mit größter Vorsicht wieder über die Wanten ab. Er schüttelte sich, als er an Deck stand und in Hasards blitzende Augen starrte.

      „Nichts, Sir“, sagte er. „Wenn sie hinter uns her sind, dann sind sie noch zu weit entfernt. Beim Holzbein meines Alten! Kein Segel zu sehen.“

      Der Ernst, mit dem er antwortete, überzeugte den Seewolf. Hasard verzichtete darauf, zu fragen, ob ein Irrtum möglich sei. Er kannte und schätzte Dans Gewissenhaftigkeit nicht weniger gut und lange als dessen scharfe Augen.

      Zusammen mit Dan hatten sich einige Männer um den Großmast versammelt.

      Hasard sagte: „Bis auf weiteres halten wir Kurs. Neue Anordnungen gibt es erst, wenn der Wind dreht oder sich die ‚Ghost‘ zeigen sollte.“

      Die Seewölfe beobachteten argwöhnisch die Wellen und die Schaumstreifen.

      Dan O’Flynn schaute nicht nach Wellen und Wetter, sondern beobachtete den Seewolf. Dessen Gesichtsausdruck ließ erkennen, daß sein Entschluß unverrückbar feststand. Heute oder in den nächsten Tagen würde er zu Ende bringen, was Ruthland und Garcia auf der „Ghost“ angefangen hatten.

      An welcher Stelle dieser unbekannten Küste, zu welcher Stunde, ob tagsüber oder in nächtlicher Finsternis, das war unwichtig. Wenn die Schebecke das nächstemal die „Ghost“ ansteuerte, fing das Duell an. Es würde mit Tod und Untergang enden.

      Dan zuckte schweigend mit den Schultern und wandte sich ab. Er war sicher, daß die Culverinen Al Conroys den Sieg herbeiführen und den anderen auf den Grund des Meeres schicken würden.

      „Dann ist es wohl an der Zeit, daß unsere Köche auftischen, was sie in aller Ruhe gebraten haben!“ rief dröhnend und mit breitem Lächeln Edwin Carberry.

      „Hat sich was mit Auftischen, Profos“, entgegnete der Kutscher. „Bei diesem Sauwetter? Backen und Banken, Arwenacks! Seid froh, wenn’s überhaupt was gibt.“

      Den nächsten Blick, der ihm die Spannung der Seewölfe deutlich zeigte, fing Dan auf, als der Stückmeister den Niedergang aufenterte. Al Conroys unrasiertes Kinn reckte sich grimmig vor. Die Muskeln in seinen stachelbärtigen Wangen arbeiteten. Er schaute über die Reihen der Culverinen und musterte dann jede einzelne Lafette, als wäre sie ein Raubtier, das nur er von der Kette lassen könnte.

      Der Kutscher und Mac Pellew teilten das Essen und die leeren Mucks aus. Ben Brighton und Hasard standen zwischen Gangspill und Back und sprachen halblaut miteinander.

      „Die Küste scheint einigermaßen gerade zu sein“, erklärte der Erste. „Hast du vor, einen Hinterhalt anzulaufen?“

      Fast widerwillig schüttelte Hasard den Kopf. „Ich war unter Deck. Zusammen mit Dan haben wir die Karten studiert. Keine Inseln, hinter denen wir uns auf die Lauer legen könnten. Taugt alles nichts. Die Buchten da drüben sind mir auch zu unsicher. Wir werden uns etwas einfallen lassen müssen.“

      „Außerdem“, wieder mal deutete der Erste zum Himmel, „kann keiner auch nur ahnen, was uns der Monsundämon heute vor den Bug knallt.“

      „Hast du, abgesehen von Ruthland“, fragte Ben Brighton, nachdem er das Nicken Hasards als Bestätigung verstanden und einige Atemzüge lang gewartet hatte, „ein bestimmtes Ziel?“

      „Natürlich“, erwiderte Hasard beinahe schroff.

      „Zurück nach Bombay und dort berichten, wie es wirklich war – und daß nicht wir die Schurken in diesem Stück sind, Sir?“

      Hasards Lächeln war eisig wie der Blick seiner blauen Augen. „Ich bemerke, daß wir wieder mal einer Meinung sind, Ben. Genau das werde ich tun, nachdem wir diese Mörderkaravelle zu den Fischen geschickt haben.“

      Ben Brighton sagte sich, daß der Tag noch lange war, daß weder er noch Hasard Hellseher waren, und daß bis zu der Rückfahrt nach Bombay das verdammte Schicksal auch ihnen noch manchen bösen Streich spielen konnte. Daß aber die Seewölfe bei diesem Duell siegreich sein würden – das stand für ihn außerhalb jeden Zweifels.

      Die „Ghost“ segelte unter einem tiefhängenden Wolkenwirbel und wurde durch die langen Wellen geschoben. Hinter dem Heck brodelte eine weiße Doppelspur, Gischt flog durch die Luft. Die Karavelle lag seit zwei Stunden mit halbem Wind auf Südkurs.

      David Lean kauerte an Deck und bewegte den langen Stiel des Wischers hin und her. Pulverreste staubten aus der Mündung der Culverine. Jede Bewegung des Schiffes lockerte oder straffte die Brooktaue, wenn die breiten Holzräder der Lafette über die Planken knarrten. In der offenen Kiste standen die Kartuschen. Die Kugeln in den Grummets aus dickem Tauwerk bewegten sich nicht.

      „Keine Eile, David!“ schrie Francis Ruthland und zog die Schultern vor. „Lieber mehr Mühe geben als zu schnell arbeiten.“

      „Schon gut, Sir“, erwiderte der Stückmeister mit einem breiten, selbstsicheren Grinsen. „Wir wissen, auf was es ankommt.“

      Der Seewolf verfügte über mehr Geschütze als die Karavelle. David Lean nickte grimmig. Die Menge war nicht entscheidend, sondern die Kunst des Artilleristen. Und er bereitete sich mit allergrößter Sorgfalt auf das Gefecht vor.

      Er lud ein Kettengeschoß. Die schwere Kette zwischen den Kugeln klirrte bei jeder Bewegung.

      César Garcia stand auf der Back der „Ghost“ und lehnte sich an die Nagelbank. Er blickte hinüber zur fernen Linie der Kimm. Über dem Land leerten sich die dunklen Regenwolken. Von der Sonne war trotz der Löcher in den spiraligen Wolkenmassen nichts zu sehen.

      Auch im Westen, an Steuerbord, fegte eine breite dunkelgraue Regenbank über das Meer. Garcia hob wieder das Spektiv und setzte es ans rechte Auge. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hatte er weder mit dem bloßen Auge noch mit den Linsen die dreieckigen Segel der Schebecke entdecken können.

      Er wußte, daß Hasard Killigrew früher oder später voraus auftauchen würde. Er wußte es mit unumstößlicher Sicherheit.

      Garcia fröstelte und gähnte.

      Er zwinkerte, als ihn salzige Spritzer ins Gesicht trafen. Die „Ghost“ hatte die Leinen in Bombay losgeworfen, als das erste Zwielicht erschienen war. Nur undeutlich waren die Masten der Schiffe, das ruhige Wasser und die Fassaden der Häuser zu sehen gewesen, als der ablandige Wind und eine schwache Strömung die Karavelle vom Kai wegdriften ließen.

      „He, Kapitän Garcia! Können Sie etwas sehen?“ schrie Hugh Lefray, beide Hände am Mund, zu Garcia hinauf.

      Der Spanier drehte sich um, schüttelte wütend den Kopf und rief: „Wolken, Regen und Wellen! Nicht ein einziges Segel!“

      „Wahrscheinlich haben die Seewölfe ihre Köpfe eingezogen und sind spurlos abgehauen!“ rief Lefray und lachte schallend.

      „Das glaube ich nicht“, erwiderte Garcia. Er lachte nicht. „Killigrew flüchtet nicht. Er wartet nur auf den richtigen Augenblick. So wie wir, Mister Lefray.“

      „Sind Sie sicher?“

      „Ich bin sicher, daß sie mit ihren Geschützen auf uns feuern werden, wenn sie nahe genug heran sind. Absolut sicher.“

      Lefray zupfte an seiner Augenklappe, dann zog er sich am Handlauf des Niederganges zur Back hinauf. Er blieb neben Garcia stehen und streckte die Hand aus.

      „Hauen Sie sich in die Koje, Capitán Garcia“, sagte er und deutete mit dem schwieligen Daumen über die Schulter. „Wenn’s ins Gefecht geht, müssen wir alle wach sein. Sie haben die ganze Nacht kein Auge zugekniffen.“

      „Das stimmt“, brummte Garcia und ließ die Schultern nach vorn sacken. Bisher hatte er sich unnatürlich straff und gerade gehalten. Sein Gesicht wirkte grau, als er zu Lefray aufschaute und gähnte. „Wird wohl noch eine Weile dauern, bis wir den Seewolf erwischen.“

      Er gab Lefray den Kieker, warf einen


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