Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton
konnten sie für alle Zeit spurlos zwischen den Dimensionen verschwinden!
Lars und Luca arbeiteten schweigend und konzentriert. Nach etwa zehn Minuten richtete sich der Bordingenieur der PROKYON wieder auf und nickte Caine zu.
»Die Justierungen stimmen, Taff, der Transmitter ist nach wie vor auf das Gerät unterhalb des Palastes der Kriegsgötter fixiert. Ich schalte ihn jetzt ein, Luca überwacht die Kontrollen weiter. Sobald das Transportfeld steht, könnt ihr euch auf den Rückweg begeben.«
Taff nickte, und Gunnarsson begann zu schalten. Unter leisem Zischen und Knistern baute sich das energetische Feld über dem Kasten des Transmitters auf. Es pulsierte sekundenlang unruhig, stabilisierte sich dann und leuchtete ruhig und beständig. Luca Ladora hob den Arm und winkte, ohne von den Kontrollen aufzusehen.
»Alles in Ordnung, der Empfänger in Vulcanus hat sich automatisch aktiviert. Ihr könnt beruhigt hindurchgehen, in einer halben Minute werden wir alle wieder auf Nimboid sein.«
»Okay«, sagte Caine aufatmend. »Ladies first – geht ihr zuerst, Mitani und Dorit. Dass in dem Gewölbe jemand ist, der euch einen unfreundlichen Empfang bereiten könnte, ist mit Sicherheit nicht zu befürchten. Vergesst nicht, sofort Platz zu machen, alles muss so schnell wie möglich gehen. Los – ab mit euch!«
»Nein, ich gehe!«, sagte Lars entschieden. »Man weiß nie, was alles passieren kann, und ich bin ein alter Mann, der den besten Teil seines Lebens hinter sich hat. Unsere beiden Küken dagegen haben noch einiges von ihm zu erwarten, und auch sonst wäre es schade um sie.«
Es war bezeichnend für den besonderen Geist der PROKYON-Crew, dass der Kommandant nun keinen Einspruch erhob, sondern nickte. Der Bordingenieur ging auf das Transportfeld zu und hob bereits den Fuß, um hineinzutreten, als Luca plötzlich gellend aufschrie.
»Nicht, Lars! Sofort zurück. Irgend jemand hat ...«
Seine Stimme versagte, sein Gesicht war kalkweiß, die Augen vor Schreck weit aufgerissen. Gunnarsson warf sich hastig zurück, kam ins Stolpern und fiel. Alexandros Demosthenes sprang eilig hinzu, fing seinen Sturz ab und stellte ihn wieder auf die Beine. Sekundenlang herrschten Schreck und heillose Verwirrung, dann fragte Taff mit anomal ruhiger Stimme:
»Was ist passiert, Luca? Was hat irgend jemand getan?«
Der Kybernetiker schluckte und musste mehrmals zum Sprechen ansetzen. So verstört hatte ihn die Crew noch nie erlebt.
»Man hat die Gegenstation in Vulcanus abgeschaltet!«, sagte er dann mit rauer Stimme. »Ein Glück, dass ich die Kontrollen im Auge behalten habe, ich sah gerade noch im letzten Moment, wie der betreffende Zeiger plötzlich auf Null fiel.«
Für eine Weile lastete drückendes Schweigen über der Kuppelhalle, denn jeder wusste, wie nahe der Bordingenieur dem Tod gewesen war. Das Transmissionsfeld hätte ihn zwar aufgenommen, aber ohne eine empfangsbereite Gegenstelle hätte er nicht mehr materialisieren können. Der Effekt wäre derselbe gewesen wie bei einer ungenauen Justierung – spurloses Verschwinden ohne die Chance einer Wiederkehr!
Caine atmete tief aus und nickte Lars zu. »Gratuliere, Freund, das ist eben noch gut abgegangen. Die Preisfrage ist nur: Was fangen wir jetzt weiter an?«
Das wusste keiner zu sagen, es gab nur ratlose Gesichter. Luca schaltete den nun nutzlosen Transmitter ab und kam auf Taff zu.
»Mira und Polaris – wer mag das getan haben?«, erregte er sich.
»Toburus Leute, oder unsere besonderen Freunde, die Entführer? Das war praktisch vorsätzlicher, kaltblütiger Mord!«
Der Commander zuckte mit den Schultern.
»Dass es Männer des Shogun waren, glaube ich nicht. Falls er bereits Zeit gefunden hat, sich wieder um uns zu kümmern, dürfte er ihnen besondere Instruktionen gegeben haben. Unsere Gegner müssen das Gerät desaktiviert haben, niemand sonst. Irgend jemand von ihnen wird die Pfeile gefunden haben, die ich auf meinem Weg eingebrannt habe, ist ihnen gefolgt und stieß auf den gerade empfangsbereit geschalteten Transmitter. Er konnte sich ausrechnen, dass wir es waren, die ihn benutzen wollten, und er hatte etwas dagegen, wie man sieht.«
Ladora fluchte erbittert.
Im Augenblick achtete niemand auf die gefangene Amazone. Sie nutzte diese Gelegenheit, riss sich los und rannte auf den Ausgangstunnel zu. Bashkiri und die beiden Mädchen wollten ihr folgen, aber Caine winkte ab und hielt sie zurück.
»Lasst sie laufen, sie kommt doch nur bis in die Schlucht. Ihre Waffen haben wir sichergestellt, also können uns ihre Genossinnen kaum etwas anhaben, wenn wir dorthin zurückkehren.«
»Müssen wir das wirklich?«, fragte Dorit Grenelle niedergeschlagen. Taff antwortete nicht sofort, sondern betrachtete nachdenklich die mit Schalttafeln und Kontrollinstrumenten bedeckten Wände der Halle.
»Vorerst jedenfalls nicht«, entschied er dann. »Diese aufwändigen Anlagen um uns herum müssen einen bestimmten Zweck erfüllen, sonst gäbe es sie nicht. Wir werden sie jetzt einer eingehenden Begutachtung unterziehen – vielleicht kommt dabei etwas Positives für uns heraus!«
10
Alexandros Demosthenes seufzte und setzte sich auf eine der Stufen vor dem Transmitter. »Ich habe Hunger und Durst, Freunde«, sagte er matt. »Erstens habe ich lange nichts mehr gegessen und getrunken, und zweitens schlagen mir Aufregungen stets auf den Magen. Die Folge ist ein wahrer Heißhunger, der sich ständig steigert und mich an nichts anderes mehr denken lässt.«
Mitani lächelte hintergründig.
»Alles nur Ausreden, nichts weiter. Er hat sich übernommen, unser Herr Minister, draußen bei den Amazonen. Grinse nicht, Luca, ich meine etwas ganz anderes, als du jetzt vermutlich denkst. Auch stundenlanges Singen kann sehr anstrengend sein, das weiß ich aus eigener Erfahrung.«
»Sie singt immer unter der Dusche und bringt damit das Wasser zum Versiegen«, bestätigte Caine und kassierte dafür einen heimlichen Rippenstoß. »Tut mir leid, Alexandros, dass wir Ihnen nicht mit einem opulenten Mahl dienen können. Es sei denn, dass wir hier irgendwo einen Speiseautomaten entdecken, aber das erscheint mir fraglich. Sie werden also mit den Konzentraten vorliebnehmen müssen, die wir als Eiserne Rationen bei uns tragen.«
Demosthenes nickte. »Das ist besser als gar nichts, und das Essen lenkt mich wenigstens ab. Ich glaube ohnehin nicht, dass ich Ihnen bei der Erkundung der fremden Technik behilflich sein kann. Ich habe mich zwar stets auf Terra aller vorhandenen technischen Hilfsmittel bedient, aber nie gelernt, was eigentlich dahintersteckt. Früher als Costar, wie auch jetzt als Minister, hatte ich das einfach nicht nötig, alles ging rein automatisch.«
»Viel zu automatisch für unseren Geschmack«, sagte Orvid, und alle von der Crew wussten, woran er dachte.
Als die PROKYON nach der Vernichtung der Pseudo-Erde, als deren »Hüter« sie fungiert hatten, wieder zur richtigen Erde zurückgefunden hatten, war das mit einem Zeitsprung von 67 Jahren verbunden gewesen. Sie hatten ihren Heimatplaneten, der damals von Curona regiert wurde, so verändert vorgefunden, dass er ihnen vollkommen fremd erschienen war. Neue Erzeugnisse der Technik in einer solchen Vielfalt waren ihnen begegnet, dass sie lange gebraucht hatten, sich darin halbwegs zurechtzufinden. Selbst jetzt befiel sie immer noch ein Gefühl der Beklemmung, wenn sie sich in einer der riesigen Erdenstädte mit ihren vielen verschiedenen, durchweg automatisierten Verkehrsebenen bewegen mussten.
Dorit Grenelle löste ihr Rationspaket vom Gürtel und reichte es Demosthenes, ehe ihr jemand zuvorkommen konnte. Er dankte ihr mit einem warmen Blick, aber sie wandte sich rasch wieder ab und ignorierte ihn.
Dass Frauen doch nie etwas vergessen können!, dachte Taff Caine resignierend. Laut sagte er: »Okay, dann lasst uns jetzt anfangen. Wir teilen uns in drei Gruppen, Dorit mit Orvid, Lars mit Luca, und Mitani mit mir. Gruppe eins beginnt rechts vom Ausgang, die zweite links davon, wir nehmen das mittlere Drittel. Untersucht alles so sorgfältig wie möglich, ohne aber leichtfertig Schaltungen vorzunehmen, deren Tragweite nicht