Deutsche Syntax. Karin Pittner
Komm ruhig her! (Imperativsatz, Sprechhandlung: Erlaubnis)
Der im Imperativsatz ausgedrückte Befehl kann durch entsprechende Modalpartikeln entweder zu einer Erlaubnis oder zu einer Drohung abgewandelt werden.
Mit wenigen Ausnahmen sind Modalpartikeln stets unbetont. Zu diesen Ausnahmen gehören die Modalpartikeln ja, bloß, nur in Drohungen (Komm ja/bloß/nur her!).
Die meisten Elemente, die als Modalpartikeln auftreten, treten auch in anderen Wortarten auf:
als Adjektiv: ruhig, eben, bloß
als Adverb: eben, schon, vielleicht
als Konjunktion: denn, aber, doch
als Fokuspartikel: auch, nur
als Antwortpartikel: ja, doch
2.1.3.6 Fokuspartikeln
GradpartikelnGradpartikel/Fokuspartikeln sind relativ frei im Satz verschiebbar und haben dann jeweils einen anderen semantischen Bezug.
(15) | a. | Nur Peter ging gestern ins Kino. |
b. | Peter ging nur gestern ins Kino. | |
c. | Peter ging gestern nur ins Kino. |
Im ersten Satz bezieht sich nur besonders auf Peter, im zweiten Satz auf gestern und im dritten auf ins Kino. Es fällt auf, dass die Konstituente nach der Gradpartikel jeweils einen starken Akzent trägt und in besonderer Weise hervorgehoben ist, d.h. fokussiert wird. Sie enthält die wichtigste Information im Satz. Wegen dieser besonderen Beziehung zur fokussierten Konstituente werden diese Partikeln auch FokuspartikelnFokuspartikel genannt. Sie treten in der Regel direkt vor der fokussierten Konstituente auf, in seltenen Fällen auch danach (16a) oder in Distanzstellung (16b).
(16) | a. | Die Tochter nur entkam den Flammen. |
b. | Peter konnte diese Frage leider auch nicht beantworten. (ambig!) |
Satz (16b) ist ambig, weil sich die Fokuspartikel entweder auf Peter oder auf diese Frage beziehen kann.
Die prototypischen Vertreter der Fokuspartikeln sind auch, nur und sogar. Sie interagieren in verschiedener Weise mit der fokussierten Konstituente, die einen Bezug zu Alternativen herstellt:
(17) | Auch/nur/sogar Peter kommt. |
Auch schließt mindestens eine Alternative ein (es kommt noch jemand außer Peter), nur schließt die Alternativen aus (niemand außer Peter kommt) und sogar bezeichnet eine Bewertung dahingehend, dass es in irgendeiner Weise besonders oder unerwartet ist, dass Peter kommt. Hier liegt also in gewisser Weise ein wertender Vergleich mit den möglichen Alternativen vor.
2.1.3.7 Steigerungspartikeln
SteigerungspartikelnSteigerungspartikel (auch Intensitätspartikeln genannt) treten in der Regel zusammen mit graduierbaren Adjektiven auf (selten auch mit Verben und Adverbien) und legen einen bestimmten Grad einer Eigenschaft oder eines Geschehens fest:
(18) | a. | zu/sehr/ungemein dumm |
b. | Er liebt sie sehr. |
2.1.3.8 Antwortpartikeln
AntwortpartikelnAntwortpartikel können als Antwort auf Entscheidungsfragen (ja/nein-Fragen) dienen. Sie ersetzen vollständige Sätze, weswegen sie auch „Satzäquivalente“ genannt werden.
(19) | a. | Kommst du? Ja./Nein. |
b. | Geht sie? Vielleicht./Hoffentlich./Leider. |
Die Beispiele zeigen, dass auch Satzadverbien teilweise als Antwort auf Entscheidungsfragen auftreten können. Sie unterscheiden sich jedoch von den Antwortpartikeln dadurch, dass sie alleine vor dem finiten Verb in Aussagesätzen vorkommen können.
2.1.3.9 Interjektionen
InterjektionenInterjektion wie mmh, na ja, brr, gell haben neben rein expressiven (hurra, igitt, autsch) teilweise gesprächsgliedernde Funktionen, und werden daher auch Gesprächs- oder Diskurspartikeln genannt. Sie sind in der Regel syntaktisch isoliert, indem sie auch intonatorisch von Sätzen abgegrenzt sind und über eigene Intonationskonturen verfügen. Ihr Wortstatus ist umstritten, da sie auch phonologisch ungewöhnlich sind, weil sie z.B. im Deutschen sonst nicht auftretende Silbenstrukturen aufweisen (brr, mmh). Trotzdem sind sie sprachspezifisch und damit zum Wortschatz einer Sprache zu rechnen.
Zu ihren gesprächssteuernden Funktionen gehören Sprechersignale, durch die Sprecher anzeigen, dass sie einen Redebeitrag übernehmen, weiterführen oder beenden möchten (z.B. ja, also, nun, äh), Hörersignale, durch die Hörer den Sprechern Rückmeldungen geben (z.B. mhm, ja jaja, aha) und Rückversicherungssignale, die ähnlich wie tag questions im Englischen funktionieren (z.B. oder?, ne?).
2.2 Phrasenkategorien
Die elementaren Bausteine der Syntax sind die Wörter, die wir aufgrund bestimmter Eigenschaften lexikalischen Kategorien zugeordnet haben.
Nun setzt sich aber ein Satz nicht unmittelbar aus Wörtern zusammen, sondern es lassen sich Gruppen von Wörtern identifizieren, die enger zusammengehören und zusammen eine Phrase bilden. Intuitiv ist es zunächst einsichtig, dass in dem Satz
(20) | Die Katze schläft gemütlich auf dem Sofa. |
z.B. die Wörter die Katze enger zusammengehören als etwa Katze schläft und die Wörter auf dem Sofa enger zusammengehören als etwa gemütlich auf. Die Katze und auf dem Sofa bilden Phrasen, die aufgrund ihrer grammatischen Eigenschaften bestimmten Phrasenkategorien zugeordnet werden können, nämlich den Nominalphrasen bzw. Präpositionalphrasen. Wie die einzelnen Wörter können auch Phrasen gegeneinander ausgetauscht werden, über ähnliche grammatische Eigenschaften verfügen und damit zur gleichen Kategorie gehören.
Die Phrasenstruktur von Sätzen lässt sich in einem sogenannten Baumdiagramm (Abb. 3) darstellen:
BaumdiagrammStrukturbaum Baumdiagramm
Eine alternative Darstellungsweise der Konstituentenstruktur, die weniger Platz beansprucht, ist die indizierte Klammerung, die für diesen Satz wie folgt aussieht: