Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten. Edgar Rice Burroughs

Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten - Edgar Rice Burroughs


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      Tar­zan leg­te sein Seil zu­sam­men, wäh­rend er Taug eine Vor­le­sung über des­sen Tor­heit hielt, sei­ne arm­se­li­gen Kräf­te, kör­per­lich wie geis­tig, ge­gen ihn, dem weit Über­le­ge­nen, ein­zu­set­zen. Tee­ka war nahe un­ter den Baum ge­kom­men und sah nach oben. Shee­ta kroch mit dem Bau­che auf dem Bo­den lei­se vor­wärts. Im nächs­ten Au­gen­blick wür­de er durch das Un­ter­holz ge­drun­gen und be­reit sein, mit kur­z­em Sprung und schnel­lem Rück­zug das kur­ze Da­sein von Tee­kas Balu zu be­en­den.

      Tar­zan sah zu­fäl­lig auf die Lich­tung hin­aus und so­fort ließ er die gut­mü­ti­ge Ne­cke­rei und die groß­tue­ri­sche Prah­le­rei fal­len. Laut­los und schnell schoss er auf den Bo­den her­ab und über den Grund. Als Tee­ka ihn kom­men sah, glaub­te sie, er sei hin­ter ih­rem Balu her, sträub­te die Haa­re und woll­te kämp­fen. Aber Tar­zan sprang an ihr vor­bei, ihre Au­gen folg­ten ihm, und da sah sie den Grund sei­nes plötz­li­chen Her­ab­sprin­gens und des schnel­len Lau­fes über die Lich­tung. Shee­ta war jetzt al­len sicht­bar, wie er lei­se und lang­sam auf das vie­le Schrit­te ent­fernt im Gra­se zap­peln­de klei­ne Balu los­sch­lich. Tee­ka stieß einen wil­den, war­nen­den Angst­schrei aus, als sie hin­ter dem Af­fen­menschen her­stürz­te. Shee­ta sah Tar­zan kom­men. Er er­blick­te das Af­fen­jun­ge vor sich und dach­te sich, dass ihm der an­de­re die Beu­te rau­ben wol­le. Mit ei­nem wü­ten­den Fau­chen sprang er vor.

      Taug, durch Tee­kas Schrei ge­warnt, kam ihr tor­kelnd zu Hil­fe. Bel­lend und knur­rend ka­men meh­re­re an­de­re Bul­len nä­her auf die Lich­tung, aber sie alle wa­ren viel wei­ter als Af­fentar­zan von dem Balu und dem Leo­par­den ent­fernt, wäh­rend Shee­ta und der Af­fen­mensch fast gleich­zei­tig bei dem Balu an­lang­ten. Da stan­den sie nun, je­der auf ei­ner Sei­te, zeig­ten die Reiß­zäh­ne und knurr­ten sich über das klei­ne Ge­schöpf hin an.

      Shee­ta scheu­te sich, das Balu zu pa­cken, denn da­mit wür­de er den An­griff ge­gen den Af­fen­menschen be­gin­nen und aus dem glei­chen Grun­de zö­ger­te Tar­zan, dem Leo­par­den die Beu­te aus dem Be­reich der Klau­en zu zie­hen, denn wenn er sich dazu bück­te, wür­de das große Raub­tier im Nu auf ihm sein. So stan­den sie eine Wei­le, bis Tee­ka über die Lich­tung kam, aber je nä­her sie dem Leo­par­den kam, umso lang­sa­mer ging sie, denn selbst ihre Mut­ter­lie­be konn­te kaum den in­stink­ti­ven Schre­cken vor dem Erb­feind ih­rer Art über­win­den. Wei­ter hin­ten kam vor­sich­tig mit vie­len Pau­sen und großem Ge­tö­se Taug und noch wei­ter zu­rück er­schie­nen mit wil­dem Knur­ren und un­heim­li­chem Kampf­ge­brüll an­de­re Bul­len. Shee­tas gelb­grü­ne Au­gen starr­ten wild auf Tar­zan und war­fen dann und wann einen Blick auf die her­an­na­hen­den Af­fen Ker­schaks. Vor­sicht riet ihm, kehrt zu ma­chen und zu flie­hen, aber Hun­ger und die Nähe des lo­cken­den Bis­sens im Gra­se zwan­gen ihn, zu blei­ben. Er lang­te mit ei­ner Pfo­te nach Tee­kas Balu, aber im sel­ben Mo­ment war Tar­zan mit ei­nem wil­den Kehl­laut auf ihm.

      Der Leo­pard zog sich zu­rück, um dem An­griff des Af­fen­menschen zu be­geg­nen. Er schlug einen fürch­ter­li­chen, fe­gen­den Hieb nach Tar­zan, der die­sem das Ge­sicht weg­ge­ris­sen hät­te, wenn er ge­trof­fen hät­te. Aber er traf nicht, denn Tar­zan duck­te sich und ging Shee­ta mit dem lan­gen Mes­ser sei­nes von ihm nie ge­kann­ten to­ten Va­ters zu Lei­be.

      Nun hat­te Shee­ta das Balu ver­ges­sen. Er dach­te nur noch dar­an, sei­nem Geg­ner das Fleisch mit sei­nen star­ken Tat­zen zu Strei­fen zu rei­ßen und sei­ne lan­gen, gel­ben Fang­zäh­ne in die wei­che, glat­te Haut des Af­fen­menschen zu schla­gen. Aber Tar­zan hat­te schon vor­her mit tat­zen­be­wehr­ten Dschun­gel­ge­schöp­fen zu tun ge­habt. Vor­dem schon hat­te er mit un­ge­heu­ren Kral­len ge­kämpft und war nicht stets ohne Schram­men da­von ge­kom­men. Er wuss­te, in wel­che Ge­fahr er lief, aber der Af­fentar­zan war an dem An­blick von Schmer­zen und Tod ge­wöhnt und scheu­te we­der die einen noch fürch­te­te er den an­de­ren.

      Als er un­ter Shee­tas Pran­ken­schlag weg­ge­huscht war, sprang er dem Tier erst in die Flan­ke und dann mit­ten auf den brau­nen Rücken, grub sein Ge­biss in Shee­tas Na­cken und die Fin­ger der einen Hand in das Fell an der Keh­le, wäh­rend er mit der an­de­ren sein Mes­ser in Shee­tas Sei­te trieb.

      Shee­ta über­kol­ler­te sich im Gra­se wie­der und wie­der, fauch­te und schrie und biss und kratz­te im tol­len Be­stre­ben, den Geg­ner vom Rücken los­zu­wer­den oder einen Teil sei­nes Kör­pers in Reich­wei­te sei­ner Zäh­ne und Klau­en zu brin­gen.

      Als Tar­zan mit dem Leo­par­den zum Nah­kampf kam, sprang Tee­ka rasch hin­zu und riss ihr Balu an sich. Jetzt saß sie in vol­ler Si­cher­heit auf ei­nem ho­hen Ast, drück­te ihr Klei­nes eng an die be­haar­te Brust und er­mahn­te, starr nach der Lich­tung auf den Kampf bli­ckend, Taug und die an­de­ren mit ih­rer wil­den Stim­me, sich in das Hand­ge­men­ge zu stür­zen.

      Die der­ge­stalt an­ge­feu­er­ten Bul­len ka­men nä­her und ver­dop­pel­ten ih­ren wüs­ten Lärm, aber Shee­ta war schon so sehr be­schäf­tigt, um sie noch zu hö­ren. Ein­mal war es ihm ge­lun­gen, den Af­fen­menschen teil­wei­se von sei­nem Rücken her­un­ter­zu­brin­gen, so­dass Tar­zan für einen Au­gen­blick vor die furcht­ba­ren Kral­len ge­schwenkt wur­de, und in dem kur­z­en Au­gen­blick, ehe die­ser sei­nen al­ten Griff wie­der fas­sen konn­te, hat­te ihm auch schon ein rei­ßen­der Schlag ei­ner Hin­ter­tat­ze das eine Bein von der Hüf­te bis zum Knie auf­ge­schlitzt.

      Mög­li­cher­wei­se brach­te der An­blick und Ge­ruch sei­nes Blu­tes die um­ste­hen­den Af­fen in Wut, aber Taug war es, der sie in Wirk­lich­keit zum Han­deln brach­te.

      Taug, im Au­gen­blick zu­vor noch voll Wut ge­gen den Af­fentar­zan, stand ne­ben dem kämp­fen­den Paar und stier­te mit sei­nen rot­um­rän­der­ten, bö­sen klei­nen Au­gen auf sie. Was ging wohl in sei­nem grim­men Ge­hirn vor? Freu­te er sich über die kei­nes­wegs be­nei­dens­wer­te Lage sei­nes kürz­li­chen Pei­ni­gers? Sehn­te er sich da­nach, zu se­hen, wie Shee­tas große Fang­zäh­ne in den wei­chen Hals des Af­fen­menschen san­ken? Oder ver­stand er die mut­vol­le Selbst­lo­sig­keit zu schät­zen, mit der Tar­zan für Tee­kas Balu – für Taugs klei­nes Balu sein Le­ben ein­setz­te? Ist Dank­bar­keit nur eine mensch­li­che Ei­gen­schaft, oder ken­nen die nie­de­ren Gat­tun­gen sie auch?

      Als Tar­zans Blut floss, be­ant­wor­te­te Taug die­se Fra­gen. Mit fürch­ter­li­chem Knur­ren warf er die gan­ze Wucht sei­nes großen Kör­pers auf Shee­ta. Sei­ne lan­gen Fän­ge bis­sen sich in die wei­ße Keh­le, sei­ne lan­gen Arme schlu­gen und zer­ris­sen das wei­che Fell, dass die Fet­zen da­von in die Luft flo­gen.

      Und auf Taugs Bei­spiel hin grif­fen auch die an­de­ren Bul­len ein, be­gru­ben Shee­ta un­ter ih­ren Fang­zäh­nen und er­füll­ten den Wald mit dem wil­den Ge­tö­se ih­rer Kampf­ru­fe.

      Ha! ein wun­der­ba­rer, be­geis­tern­der An­blick war er – die­ser Kampf der ur­welt­li­chen Af­fen und des großen wei­ßen Af­fen ge­gen ih­ren Erb­feind Shee­ta, den Leo­par­den.

      In ver­zück­ter Er­re­gung tanz­te Tee­ka auf dem un­ter ih­rem großen Ge­wicht schwan­ken­den Zweig, wäh­rend sie die Männ­chen ih­res Stam­mes zum Kamp­fe an­feu­er­te, und Tha­ka, Mum­ga, Kam­ma und die an­de­ren Weib­chen von Ker­schaks Hor­den füg­ten ihre schril­len Stim­men zu dem wil­den Bel­len des nun im Dschun­gel herr­schen­den Pan­dä­mo­ni­ums.

      Bei­ßend und ge­bis­sen,


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