Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten. Edgar Rice Burroughs

Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten - Edgar Rice Burroughs


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er kom­men wür­de. Er kann­te Tan­tor bei­na­he bes­ser als die­ser sich selbst. Er wuss­te, welch fei­ges Herz in dem rie­si­gen Kör­per steck­te. Er wuss­te auch, welch sinn­lo­se Angst die Wit­te­rung der Go­man­ga­ni je­ner wil­den Brust ein­flö­ßte und je nä­her die Nacht kam, de­sto mehr erstarb in sei­nem Her­zen die Hoff­nung, und er be­rei­te­te sich mit der stoi­schen Ruhe des wil­den Tie­res, das er ja auch im Grun­de war, dar­auf vor, sei­nem ihn er­war­ten­den Ge­schick zu be­geg­nen.

      Den gan­zen Nach­mit­tag hat­te er an den Fes­seln um sei­ne Ge­len­ke ge­zerrt, ge­zerrt, ge­zerrt. Ganz lang­sam ga­ben sie et­was nach. Vi­el­leicht be­kam er die Hän­de frei, ehe sie ihn zu der Schläch­te­rei hin­aus­führ­ten, und dann – Tar­zan lä­chel­te kalt und grim­mig. Sie soll­ten sei­nen Grimm zu kos­ten be­kom­men, ehe sie mit ihm fer­tig wür­den!

      Schließ­lich ka­men sie – be­mal­te, fe­der­ge­putz­te Krie­ger – noch scheuß­li­cher, als sie die Na­tur schon ge­schaf­fen hat­te. Sie ka­men und stie­ßen ihn durch die Öff­nung ins Freie, wo sein Er­schei­nen von dem ver­sam­mel­ten Dor­fe mit wil­dem Ge­brüll be­grüßt wur­de. Sie führ­ten ihn nach dem Mar­ter­pfahl, ge­gen den sie ihn rau stie­ßen, um ihn zu­nächst für den bald be­gin­nen­den To­de­stanz fest­zu­bin­den. Da spann­te Tar­zan sei­ne mäch­ti­gen Mus­keln und zer­riss mit ei­nem ein­zi­gen, mäch­ti­gen Ruck die ge­lo­cker­ten Fes­seln sei­ner Hän­de. Schnell wie ein Ge­dan­ke sprang er un­ter die nächs­ten Krie­ger. Ein Faust­schlag streck­te den einen zu Bo­den, wäh­rend der Af­fen­mensch knur­rend und schnar­rend dem nächs­ten an die Keh­le sprang. Im Nu gru­ben sich sei­ne Zäh­ne in die Hals­ader des Geg­ners, und dann sprang ein hal­b­es Hun­dert Schwar­zer auf ihn und riss ihn zu Bo­den.

      Hau­end, krat­zend, bei­ßend kämpf­te der Af­fen­mensch – er kämpf­te, wie es ihn sei­ne Pfle­ge­el­tern ge­lehrt hat­ten – kämpf­te wie ein Raub­tier, das in die Ecke ge­drängt ist. Sei­ne Stär­ke, sei­ne Ge­wandt­heit, sein Mut und sei­ne Klug­heit lie­ßen ihn wohl ei­nem hal­b­en Dut­zend Schwar­zer im Hand­ge­men­ge ge­wach­sen sein, aber selbst Af­fentar­zan konn­te es nicht auf die Dau­er er­folg­reich mit ei­nem hal­b­en Hun­dert auf­neh­men.

      Lang­sam über­wäl­tig­ten sie ihn, ob­gleich ein Dut­zend von ih­nen aus bö­sen Wun­den blu­te­te, wäh­rend zwei schon ganz still un­ter den tram­peln­den Fü­ßen und den her­um­rol­len­den Kör­pern der Rin­ger la­gen.

      Über­wäl­ti­gen konn­ten sie ihn wohl. Aber ob sie ihn auch zum Bin­den fest­hal­ten konn­ten? Eine hal­be Stun­de der ver­zwei­fels­ten An­stren­gung be­wies ih­nen, dass sie dazu nicht im­stan­de wa­ren, und Mbon­ga, der sich wie alle tüch­ti­gen An­füh­rer im si­che­ren Hin­ter­grun­de ge­hal­ten hat­te, be­fahl ei­nem, mit dem Speer da­zwi­schen zu ge­hen und das Op­fer zu durch­boh­ren. Lang­sam nä­her­te sich der Krie­ger durch den Stru­del kämp­fen­der Män­ner sei­nem Ziel.

      Er hob den Speer über den Kopf und war­te­te auf den Au­gen­blick, der ihm einen Teil des Af­fen­menschen frei­ge­ben wür­de, ohne dass der Stoß einen Schwar­zen ge­fähr­de­te. Nä­her und nä­her dräng­te er sich zwi­schen die Be­we­gun­gen der rin­gen­den, sich win­den­den Kämp­fer. Bei dem Knur­ren des Af­fen­menschen lief es dem Krie­ger mit kal­tem Schau­er das Rück­grat hin­ab und er woll­te erst recht vor­sich­tig sein, um nicht bei ei­nem ers­ten Fehl­stoß selbst den er­bar­mungs­lo­sen Zäh­nen und mäch­ti­gen Hän­den preis­ge­ge­ben zu sein.

      End­lich er­sah er eine Blö­ße. Hö­her hob er sei­nen Speer, die Mus­keln un­ter der glän­zen­den, glat­ten, schwar­zen Haut spann­ten sich wie Sei­le – als aus dem Dschun­gel ge­ra­de hin­ter der Pa­li­sa­de ein don­nern­des Kra­chen kam.

      Der Schwar­ze hielt mit dem Spee­re an und sah nach der Stö­rung zu­rück wie die an­de­ren, die nicht mit dem Nie­der­hal­ten des Af­fen­menschen be­schäf­tigt wa­ren.

      Sie sa­hen im Feu­er­schein eine rie­si­ge Mas­se ge­gen die Wand stür­men, sie sa­hen die Pa­li­sa­de schwan­ken und nach in­nen sin­ken. Sie sa­hen noch, wie sie zer­split­ter­te, als ob sie aus Stroh ge­baut wäre und dann don­ner­te Tan­tor, der Ele­fant, auf sie ein.

      Mit Schre­ckens­schrei­en flo­hen die Schwar­zen nach rechts und links. Ei­ni­ge, oben­auf im Hand­ge­men­ge mit Tar­zan, hör­ten es und brach­ten sich in Si­cher­heit, aber ein hal­b­es Dut­zend von ih­nen war so in wahn­sin­ni­ger Kampf­wut ver­bis­sen, dass sie selbst die An­kunft des rie­si­gen Ele­fan­ten über­hör­ten.

      Tan­tor griff die­se mit wü­ten­dem Trom­pe­ten an. Über ih­nen stand er, schwenk­te sei­nen emp­find­li­chen Rüs­sel, und jetzt hat­te er Tar­zan auf dem Bo­den her­aus­ge­fun­den, zwar blu­te­te die­ser, aber er kämpf­te im­mer noch.

      Ei­ner der Krie­ger sah aus dem Hand­ge­men­ge auf. Über ihm türm­te sich der rie­si­ge Ko­loß des Dick­häu­ters, das Licht des Feu­ers glänz­te aus den klei­nen Au­gen – bos­haft, fürch­ter­lich, schre­cken­er­re­gend sa­hen sie her­ab. Der Krie­ger schrie, aber schon um­fass­te ihn der bieg­sa­me Rüs­sel, hob ihr hoch em­por und schleu­der­te ihn hin­ter dem Hau­fen Flie­hen­der her. Mann für Mann riss Tan­tor die an­de­ren vom Kör­per des Af­fen­menschen und schleu­der­te sie nach rechts und links, wo sie dann stöh­nend oder ganz still lie­gen blie­ben, je nach­dem sie der Tod lang­sam oder so­fort er­eil­te.

      Mbon­ga sam­mel­te in ei­ni­ger Ent­fer­nung sei­ne Krie­ger. Sei­ne gie­ri­gen Au­gen hat­ten die großen Stoß­zäh­ne des Ele­fan­ten be­merkt. Als der ers­te Schreck vor­bei war, jag­te er sei­ne Leu­te mit den schwe­ren Ele­fan­ten­spee­ren zum An­griff vor. Aber als sie ka­men, schwang Tan­tor Tar­zan auf sei­nen brei­ten Kopf, schwenk­te her­um und tram­pel­te durch die große Bre­sche, die er in die Pa­li­sa­den­wand ge­bro­chen hat­te, wie­der in den Dschun­gel hin­aus.

      Die Ele­fan­ten­jä­ger mö­gen recht ha­ben, wenn sie be­haup­ten, dass die­ses Tier ei­nem rich­ti­gen Men­schen einen sol­chen Dienst nicht er­wie­sen ha­ben wür­de, aber für Tan­tor war Tar­zan kein Mensch – er war ihm ein Ka­me­rad aus den Dschun­gel­tie­ren.

      Und da­mit er­füll­te Tan­tor, der Ele­fant, eine Dan­kes­pflicht ge­gen den Af­fentar­zan und kit­te­te ihre alte Freund­schaft noch fes­ter. Denn sie be­stand schon zwi­schen ih­nen, seit Tar­zan noch als klei­ner, brau­ner Kna­be un­ter den Gestir­nen des Äqua­tors auf Tan­tors mäch­ti­gem Rücken durch den mond­be­schie­ne­nen Dschun­gel ge­rit­ten war.

      Tee­ka war Mut­ter ge­wor­den. Af­fentar­zan zeig­te au­ßer­or­dent­li­ches In­ter­es­se da­für, viel mehr als selbst Taug, der Va­ter, denn Tar­zan hat­te Tee­ka sehr ger­ne. Selbst die Sor­gen der be­vor­ste­hen­den Mut­ter­schaft hat­ten in Tee­ka noch nicht ganz das Feu­er der sorg­lo­sen Ju­gend er­stickt und sie war in dem Al­ter, in wel­chem die an­de­ren Weib­chen von Ker­schaks Stamm be­reits die mür­ri­sche Wür­de der Voll­rei­fe an­nah­men, im­mer noch ein gut­lau­ni­ger Spiel­ge­fähr­te ge­blie­ben. Sie hat­te im­mer noch ihr kind­li­ches Ent­zücken an den pri­mi­ti­ven, von Tar­zans frucht­ba­rem Men­schen­hirn er­fun­de­nen Ab­schlag- und Ver­steck-Spie­len be­hal­ten.

      In den Baum­wip­feln Ab­schla­gen zu spie­len, ist ein an­re­gen­der und auf­re­gen­der Zeit­ver­treib. Tar­zan schwärm­te da­für, aber die mit ihm gleich­alt­ri­gen


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