Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
soll zahlen [80] der Gemeinschaft 25 kleine Drachmen, oder der verantwortlich geworden ist für den Kampf soll zahlen die selben 25 Drachmen, oder sie dürfen sich nicht versammeln mit den IobacchenIobacchen bis sie gegeben haben. Wenn aber irgendeiner bis zu Schlägen geht, soll es schriftlich melden [85] der Geschlagene dem PriesterPriester oder dem Anthiereus, der aber notwendigerweise eine VersammlungVersammlung abhalten soll, und die IobacchenIobacchen sollen durch eine Abstimmung richten unter Leitung des Priesters, und er soll damit bestraft werden, für eine Zeit nicht hineinzugehen solange wie das Urteil [Bestand hat] [90] und bis zu 25 Silberdenare [zu zahlen]. Es soll aber dieselbe Strafe auch gelten dem, der geschlagen wurde und nicht zum PriesterPriester oder ArchibacchosArchibacchos gekommen ist, sondern es in der Öffentlichkeit herausruft. Es soll aber dieselbe Strafe auch dem Eukosmos [gelten], [95] wenn er die Streitenden nicht herauswirft. Wenn aber irgendeiner der IobacchenIobacchen, wissend, dass diese verpflichtende VersammlungVersammlung abzuhalten ist, sich grämt und nicht teilnimmt, soll [er] der Gemeinschaft 50 kleine Drachmen zahlen. Wenn aber der in seinem eigenen Interesse Handelnde ungehorsam ist, [100] ist es dem SchatzmeisterSchatzmeister erlaubt, ihn an dem Eingang in das BaccheionBaccheion zu hindern, bis er zahlt. Wenn aber irgendeiner der Hineingehenden [d.h. der Neuzugänge] das EintrittsgeldEintrittsgeld nicht dem PriesterPriester oder dem Anthiereus gibt, ist er auszuschließen [105] von dem Festmahl bis er bezahlt und es soll eingefordert werden in der Art, die der PriesterPriester fordern wird. Keiner soll ein Wort sprechen, wenn es nicht der PriesterPriester oder Anthiereus gebietet, oder er soll verantwortlich [110] sein der Gemeinschaft für 30 kleine Drachmen. Der PriesterPriester aber soll erfüllen die üblichen Rituale einer VersammlungVersammlung und er soll eines Jahresfest würdig auch darbieten für die VersammlungVersammlung ein TrankopferTrankopfer zum Fest der Rückkehr [des Bacchos] [115] und ein Lobgesang auf den Gott darbieten, was begonnen hat aus EhrliebeEhrliebe zu tun der vormalige PriesterPriester Neikomachos. Der ArchibacchosArchibacchos aber soll ein Opfer erbringen dem Gott und das TrankopferTrankopfer vollziehen [120] am zehnten des Monats Elaphebolion. Wenn aber die Portionen bereitet sind soll aufnehmen ein PriesterPriester, ein Anthiereus, ein ArchibacchosArchibacchos, ein SchatzmeisterSchatzmeister, ein Boukolios, [der Darsteller des] DionysosDionysos, [der der] Kore, [der des] Palaimon, [der der] Aphrodite [125], [der des] Proteurhythmos. Ihre Namen aber sollen ausgelost werden aus allen. Wer von den IobacchenIobacchen ein Los erlangt oder eine EhreEhre oder ein AmtAmt, soll darbringen der VersammlungVersammlung der IobacchenIobacchen ein TrankopferTrankopfer, das würdig ist dem AmtAmt: [130] Hochzeit, Geburt, [Teilnahme an den] Choen, Ephebie, [Verleihung des] Bürgerrechts, [das des] Rabdouphoros, Mitglied der VersammlungVersammlung, [das des] Kampfrichters, Panhellene, Mitglied des Ältestenrats, [das des] Thesmotheten, [der] Beginn irgendeines Amtes, [das des] Synthytes, [das des] Eirenarchas, [das des] Hieronikos, [135] auch wenn irgendeinem, der Iobacche ist, etwas zum Besseren widerfährt. Ein Eukosmos aber soll ausgelost werden oder eingesetzt werden von dem PriesterPriester, der dem Unruhestifter oder Störer den Thyrsosstab des Gottes bringt. Wem aber der Thyrsosstab zugeteilt wurde, nach Entscheidung [140] des Priesters oder des ArchibacchosArchibacchos, soll verlassen den Speiseraum. Wenn er aber ungehorsam ist, sollen ihn rauswerfen aus dem Torhaus die von den PriesternPriester eingesetzten Pferde, und er soll haftbar gemacht werden [145] den für Streitende [vorgesehenen] Strafen. Einen SchatzmeisterSchatzmeister aber sollen die IobacchenIobacchen erhalten durch Wahl für zwei Jahre, und er soll erhalten gemäß Niederschrift alles, was dem BaccheionBaccheion [eigen] ist und weitergeben gleichsam dem [150], der nach ihm SchatzmeisterSchatzmeister sein wird. Er soll aber offerieren aus eigenem Besitz das Lampenöl an dem neunten [des Monats] und am Jahresfest und zur VersammlungVersammlung und ebenso an den üblichen Tagen des Gottes und an den Tagen von [Feierlichkeiten für] ein Los oder EhreEhre oder Ernennungen [155]. Er soll aber einen SchriftführerSchriftführer ernennen, wenn er es wünscht, auf das eigene Risiko, es soll ihm aber mitbeschieden werden ein TrankopferTrankopfer [gleich dem] des SchatzmeistersSchatzmeister und er soll befreit sein vom Beitrag für zwei Jahre. Wenn aber irgendeiner der IobacchenIobacchen stirbt [160], soll ihm beschieden sein ein Kranz [im Wert] bis zu fünf Drachmen, und den Bestattungsteilnehmern soll ein Krug mit Wein gegeben werden, wer aber nicht an der BestattungBestattung teilnimmt soll ausgeschlossen werden von dem Wein.
2.4.2 Situation der Inschrift
Die Inschrift kann in zwei thematische und miteinander in Beziehung stehende Abschnitte unterteilt werden. Der einleitende und kürzere Abschnitt (Z. 1–31) beschreibt die Etablierung und Ratifizierung des VereinigungsstatutsVereinigungsstatut, das den zweiten Teil der Inschrift darstellt (Z. 32–163). Leiter der konstituierenden VersammlungVersammlung ist Aurelios Neikomachos, der die bereits bestehenden und von den ehemaligen PriesternPriester Chrysiipos und Dionysios verfassten Bestimmungen vorträgt und damit der VersammlungVersammlung zur Zustimmung vorlegt (Z. 9–13). Die VersammlungVersammlung antwortet auf die Verlesung eindeutig positiv und fordert die Inkraftsetzung der Beschlüsse, die durch Abstimmung vollzogen wird (Z. 13–28), woraufhin der Anthiereus die Aufstellung bzw. Veröffentlichung des StatutsVereinigungsstatut ankündigt und die Überwachung der Einhaltung des StatutsVereinigungsstatut den Prohestotes anheimstellt (Z. 28–31). Die Inschrift lässt erkennen, dass den Bestimmungen bereits eine Wirkungsgeschichte vorausgegangen ist, die aber allein auf der Grundlage der Inschrift nicht weiter nachzuvollziehen ist. Wenn die VersammlungVersammlung diese Regelungen wieder aufgreift, so geschieht dies in der HoffnungHoffnung, eine Vorreiterrolle unter anderen Vereinigungen der IobacchenIobacchen einzunehmen: νῦν εὐτυχεῖς, νῦν πάντων πρῶτοι τῶν Βακχείων (Z. 26–27). Der Rückgriff auf vorhandene Regelungen zielt auf eine zukünftige bzw. erneute Etablierung der Vereinigung ab, die mit sozialem Ansehen verbunden gewesen sein dürfte.1
Nach der geschilderten Abstimmung über die Regelungen der Vereinigung folgt die Wiedergabe der relevanten Beschlüsse, beginnend mit Hinweisen zur Mitgliedschaft. Bei den Athener IobacchenIobacchen verbinden sich vor dem Beitritt eines neuen Mitglieds formale Aufnahmekriterien mit einer weiterführenden Prüfung des Kandidaten. Vor die Zahlung des EintrittsgeldesEintrittsgeld von 50 Denaren und der Stiftung eines Trankopfers (Z. 38) treten die Abgabe eines schriftlichen Aufnahmegesuchs (Z. 33) und eine Abstimmung der VereinigungsmitgliederVereinigungsmitglied über die Aufnahme des Kandidaten (Z. 35–37). Eine erfolgreiche Aufnahme wird dem neuen Mitglied durch die Ausgabe einer Bescheinigung bestätigt (Z. 59–62). Durch diese Bestimmungen wird deutlich, dass eine Mitgliedschaft, neben der Erfüllung finanzieller Verpflichtungen, weiterhin an die Erfüllung bestimmter Kriterien gebunden ist, die die Inschrift mit der Formulierung εἰ ἄξιος φαίνοιτο καὶ ἐπιτήδειος τῷ Βακχείῳ (Z. 36–37) beschreibt. Einen Nachlass des MitgliedsbeitragesMitgliedsbeitrag sieht das Statut für Neumitglieder vor, deren Väter ihrerseits bereits MitgliederMitglied der Vereinigung sind (Z. 39–41), während die Inschrift keine konkrete Aussage über die Summe eines regelmäßig zu zahlenden MitgliedsbeitragsMitgliedsbeitrag trifft. Deutlich wird aber, dass ein regelmäßiger Beitrag gefordert wurde und seine Nichtzahlung einen Ausschluss von den VersammlungenVersammlung mit sich brachte (vgl. Z. 47–49). Von diesem kann jedoch abgesehen werden, wenn der Betroffene aufgrund begründeter Umstände (Reise, Krankheit oder Notlage) nicht zur Zahlung des Beitrags imstande war (Z. 50–53) oder auf besonderen Beschluss des Priesters (Z. 67–72).
Breiten Raum nehmen innerhalb der Inschrift die Ausführungen zum Verhalten innerhalb der VersammlungenVersammlung ein (vgl. Z. 63–67.72–110). Einige Regelungen fallen in diesem Abschnitt besonders ins Auge. Zunächst die Regelung, dass Streitigkeiten innerhalb der Vereinigung zu klären sind und nicht vor öffentlichen Gerichten ausgetragen werden dürfen (Z. 90–94). Anstelle der Anrufung eines Gerichts wird die VersammlungVersammlung zur Entscheidung über eine Streitigkeit herangezogen (Z. 84–90) und verhängt die per Statut festgelegten DisziplinarmaßnahmenDisziplinarmaßnahmen. Neben den Streitigkeiten im eigentlichen Sinn ist auch das Fernbleiben von einer VersammlungVersammlung unter Strafe gestellt, die der Behandlung der jeweiligen Streitigkeiten und Disziplinarfällen dient (Z. 96–102). Verweigert der Betroffene die Zahlung der Strafgebühr, kann ihm der PriesterPriester als nächsten Schritt den Zugang zum Baccheion verwehren und temporär von der Teilnahme am Vereinigungsleben ausschließen. Ebenfalls mit einem Ausschluss von den gemeinsamen MahlzeitenMahlzeiten wird belegt, wer nicht die geforderte Aufnahmegebühr