Seewölfe - Piraten der Weltmeere 691. Sean Beaufort

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 691 - Sean Beaufort


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paar Stunden wieder zurück ist. Aber wir müssen auf alle Fälle dafür sorgen, daß es keinen Ärger gibt. Wir sind nur fünf, aber wir passen auf. Wir haben mehr Waffen, als wir brauchen, nicht wahr?“

      „Natürlich. Aber das mit den Culverinen ist nicht dein Ernst, nicht wahr?“ antwortete Old Donegal O’Flynn.

      „Nein. Aber mit Drehbassen und all dem anderen Zeug, das ist mein Ernst“, sagte der Ex-Schmied. „Mac, du kannst für uns etwas Essen zubereiten oder das von heute mittag aufwärmen, wenn’s sein muß. Und wir besorgen uns ein paar geladene Schießprügel.“

      „Einverstanden“, sagte Will Thorne. „Entern wir ab, unter Deck, und dort bleibt das Zeug auch. Wenn die Inder sehen, daß wir aufrüsten, werden sie mißtrauisch. Und wenn sie uns bestehlen wollen, dann kommen sie ohnehin nur in der Nacht.“

      „Das meine ich auch“, sagte der Moses und verholte sich über den Niedergang. Von unten rief er zurück: „Ich suche die Feuerrohre zusammen.“

      Will Thorne lehnte mit beiden Unterarmen auf dem Schanzkleid. Bis zum Einbruch der Nacht war noch mehr als reichlich Zeit. Wie lange die „Stern von Indien“ wegbleiben würde, wußte niemand. Will rechnete mit einigen Tagen – und das im günstigsten Fall. Sie würden also zweimal oder dreimal vierundzwanzig Stunden allein und ohne den Schutz des Sultans sein.

      Er faßte die Gruppe der Inder näher ins Auge und bemühte sich, so ruhig wie möglich dreinzublicken. Es fiel ihm nicht sonderlich schwer.

      Drüben, bei den Lagerschuppen, entluden Träger einen indischen Segler. Einen Pfeilschuß weiter westlich, hinter einer weißen Mauer, spannten sich die Sonnensegel über halbleeren Marktständen. Eine einsame Flöte jaulte in die feuchtwarme Luft. Kreuz und quer durch den Hafen wurden kleine Boote gepullt. Hinter den Häusern, Palästen und Tempeln erhoben sich die Monsunwolken in den dunkelblauen Himmel. Das Hafenwasser roch brackig und nach Fisch wie immer, und hin und wieder wirbelte eine Bö den Staub auf. Zwei der Inder verließen die Gruppe und schlurften durch den Sand davon.

      Ein Bauer trieb einen Esel vorbei, der hoch beladen war. Riesige Netze voller Kokosnüsse waren auf dem Rücken festgepackt, die Lasten hingen rechts und links fast bis auf den Boden hinunter.

      Natürlich, dachte der Segelmacher, der die nächsten Nächte ebenso ungern Wache gehen wollte wie seine vier Kameraden, ist ein solches Schiff für jeden Halsabschneider eine Verlockung. Es gibt immer etwas, das ein anderer brauchen kann. Und vielleicht denkt jemand, daß noch ein Teil des Schatzes in der Büge versteckt sei.

      Und noch weit weniger hatte der Engländer Lust, sich mit einer Horde Eingeborener in der Dunkelheit einen Kampf, mit welchen Waffen auch immer, zu liefern. Dunkelheit – das erinnerte ihn an etwas.

      Er langte nach Plymmie, fuhr ihr übers Fell und brummelte: „Paß gut auf, Plymmie. Ich bin unter Deck und gleich wieder da.“

      Die Hündin stellte ihre Ohren auf und wedelte mit dem buschigen Schwanz, als habe sie jedes Wort verstanden.

      Will verholte unter Deck und füllte Öl in eine Anzahl Lampen. Er packte, als er mit der Arbeit fertig war, seinen Lappen und den Einfüllkrug, kletterte den Niedergang wieder hinauf und versorgte die Buglaterne und zum Schluß auch die im Heck. Er putzte die Dochte und vergewisserte sich, daß die Flammen sofort brennen würden, wenn die Lampen angezündet wurden.

      Unter Deck tönte Hasards Schwiegervater: „Ich bin doch der Älteste auf diesem Schiff. Stimmt’s?“

      Der Moses kicherte. Metall klirrte laut und deutlich.

      Dann erwiderte Big Old Shane: „Stimmt. Aber der Schönste bist du garantiert nicht, Großvater.“

      „Was willst du damit sagen?“ fragte Mac Pellew aus der Richtung der Kombüse.

      Jetzt mußte auch Will grinsen, der sich auf dem Weg zurück zu seiner Arbeit befand. Er ahnte, was folgen würde.

      „Daß ich das Kommando habe – oder etwa nicht?“ ließ sich der Alte vernehmen. Noch hatte er gute Laune.

      „Wollen Sie ankerauf gehen, Sir?“ fragte der Moses frech.

      Old Shane stimmte ein dröhnendes Gelächter an.

      „Nein. Mit euch segle ich nicht, aber ich werde hiermit dem Koch den Befehl erteilen, für jeden eine anständige Muck Rum oder von mir aus Portu-Wein auszugeben. Und für dich, du naseweiser Schweinsfisch, natürlich nur ein paar Tropfen.“

      Will Thornes Stimme löste den Vortrag des Alten ab.

      „Er meint dich, Clint.“

      „Weiß ich, Will“, sagte der Moses. „Ich mag auch keinen Rum. Ich trinke viel lieber eine Muck voll Reiswein.“

      „In Ordnung“, antwortete schließlich der Koch. „Ausnahmsweise. Aber nicht zuviel, sonst liegen wir heute hoffnungslos besoffen an Deck, und die Inder plündern auch noch uns selbst aus, klar?“

      „Nein“, sagte Old Donegal völlig ernsthaft. „Wirklich nur ein paar Tropfen. Was wird Hasard sagen, wenn er durstig zurückkehrt, und der Eisenbieger da hat wieder alles ausgenuckelt?“

      Diesmal war das Lachen des Exschmiedes entschieden kürzer. Er sagte: „Sir Hasard wird sagen: mein nobler Mister Schwiegervater war ein paar Tage allein auf der Schebecke.“

      Will klarte seinen Arbeitsplatz auf, sicherte die Handvoll Funzeln und wischte zwei Öltropfen von den Planken. Dort, wo Sonnenlicht durch die Luken fiel, hockten die Seewölfe und luden langsam und mit gewohnter Gründlichkeit eine Muskete nach der anderen, hantierten mit Bleigeschossen und Ladestöcken und stellten die Feuerrohre so auf, daß sie blitzschnell zu erreichen waren. Auch eine Reihe von einläufigen und zweiläufigen Pistolen lagen auf einem Stück Segeltuch, um noch versorgt zu werden.

      Will Thorne hob den Kopf.

      „Sicher ist sicher“, sagte er nach einer Weile. „Ich hole später einen Brandsatz, einen ganz besonderen, von dem ich weiß, daß er auch eine Menge Rauch erzeugt. Es ist besser, die Kerle husten sich tot, als daß wir sie totschießen müßten.“

      „Recht so, Mister Thorne!“ rief Mac Pellew. „Der Wein ist schon unterwegs!“

      Als Clint, der einen Arm voller Handspaken und beinlanger Rundhölzer schleppte, an Deck auftauchte und sich umschaute, sah er Plymmie, die ihre Vorderläufe auf die Oberkante der Schanzkleides gelegt hatte und aufmerksam drei Frauen betrachtete, die, in farbenprächtige Saris gehüllt, dicht am Schiff vorbeigingen.

      Der Moses verteilte die Knüppel an verschiedenen Stellen, von denen er wußte, daß sie wichtig werden konnten. Dann winkte er dem Fischer ab, der hinter dem Heck seine Riemen losließ, in einen Korb faßte und einen unterarmlangen Fisch in die Höhe hielt und schüttelte. Er rief etwas zum Schiff hinauf. Es konnte nur eine Frage ein, und Clint schüttelte energisch den Kopf.

      „Hau ab mit dem stinkenden Ding voller Gräten“, knurrte er.

      Old Donegal und Big Old Shane erschienen an Deck. Der Exschmied trug eine Drehbasse in seinen muskulösen Armen, stieg aufs Achterdeck und setzte das kleine Geschütz ein. Es gab ein dumpfes, entschiedenes Klirren. Einer der Inder, die inzwischen vor einer Gruppe grüner Mangobäume standen, drehte den Kopf und schaute lange zum Schiff.

      „Reiß deine Klüsen nur auf, mein Junge“, brummte Old Shane in jovialem Tonfall. „Da kannst du sehen, wie wir euch begrüßen, wenn ihr euch auf das Schiff wagt.“

      Wolkenschatten huschten über die weißen Türme eines Minaretts. Die Palmwedel raschelten, und ein Lastkahn, voll mit Körben und Schaffellen, trieb langsam, mit killendem Dhausegel, auf die Hafenausfahrt zu.

      Big Old Shane hockte sich neben Clint auf die Stufe des Niederganges, und Mac reichte ihnen je eine Muck. Die von Clint war tatsächlich nur halb gefüllt.

      Der Koch fragte: „Rotten sie sich schon zusammen?“

      „Unsinn.“ Old Shane setzte die Muck an die Lippen. „Weit und breit keine indische Hafenratte zu sehen.“


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