Seewölfe - Piraten der Weltmeere 691. Sean Beaufort

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 691 - Sean Beaufort


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      Will Thorne murmelte unschlüssig: „Mir wäre lieber, wenn wir den ganzen Zauber nicht brauchen würden. Na, warten wir es ab.“

      Schließlich hockten sie alle zwischen Kuhl und Achterdeck und tranken schweigend und, damit sie mehr Genuß davon hatten, in kleinen Schlucken den dunkelroten Wein der Portugiesen. Hier, ein wenig abseits von den Teilen des Hafens, in denen Schiffe entladen und beladen wurden, blieb es ruhig.

      Nur auf der schmalen Straße, die hinter einer lückenhaften Mauer, von Paradiesfeigen überwuchert, zwanzig Schritte vom Schanzkleid entfernt war, gingen Menschen hin und her. Schon dreimal in der letzten Stunde war ein zweirädriger Wagen, von zwei schwarzen Wasserbüffeln gezogen, vorbeigeknarrt.

      „Also“, sagte Clint nach einer Weile, wischte den Schweiß von der Stirn und leckte einen Tropfen Wein vom Rand der Muck, „wenn es wirklich ein paar Halsabschneider geben sollte, dann können wir uns vielleicht eine Prügelei sparen. Oder etwas Schlimmeres.“

      Old Donegal schielte nach den Blankwaffen, die griffbereit festgebändselt waren und sagte: „Wir werden ihnen eine Ladung gehackte Pfefferkörner in die Hintern feuern. Das vertreibt sie für ein paar Monate.“

      Clint schüttelte den Kopf und zeigte zu Old Shane.

      „Stell dir vor, du bist ein armer, aber kräftiger Hafenarbeiter. Und jetzt komme ich, gebe dir eine silberne Münze und sage, du sollst mir helfen. Was würdest du an der Stelle dieses armen Inders, der sich heute noch nichts zu kauen leisten konnte, anstellen?“

      Big Old Shane verzog sein Gesicht und kämmte seinen wildwuchernden grauen Bart mit den Fingern. „Ich würde dein blödes Geld nehmen und verschwinden, so schnell und so weit es geht.“

      „Du bist aber kein hungriger Inder“, erklärte Old Donegal. „Wenn ich dir eine kleine Münze gebe und dir sage, nachher gibt’s noch mal eine, was dann?“

      „Keine Ahnung“, erwiderte der Riese. „Was ich tun würde, weiß ich. Aber ich bin kein Inder. Was hast du vor, Moses?“

      Clint zuckte mit den Schultern. Seine grauen Augen blitzten. Er sagte: „Ich weiß auch nicht, wie wir das anfangen können. Aber wenn es wirklich schlimm werden sollte, dann helfen uns vielleicht ein paar Inder. Allerdings müssen wir sie erst mal finden.“

      „Hm.“

      Fast gleichzeitig stießen die vier einen Brummlaut aus. Sie dachten über den Vorschlag nach. Vor ein paar Stunden, als die Galeere noch in Sichtweite dümpelte, hatten sie schon darüber gesprochen, den Sultan zu bitten, eine Wache auf dem Schiff oder an Land zurückzulassen. Aber daran war unter den gegebenen Umständen nicht zu denken.

      Vielleicht griffen ein paar Stadtwachen ein, wenn sie sich zufällig in der Nähe befanden. Bei dem Pech, das die Arwenacks zur Zeit hatten, befanden sich alle, die helfen konnten, mit Sicherheit am anderen Ende der Stadt. Das Mißtrauen gegenüber bestimmten Männern, ob im Dhoti oder in einer Uniform, war leider nur zu berechtigt.

      „So ganz blöd finde ich den Vorschlag nicht“, sagte Will Thorne ruhig. „Wer will eigentlich mit den Indern verhandeln? Und wo?“

      Clint beugte sich vor und erklärte: „Ich habe, zusammen mit Jung Hasard und seinem Bruder, eine Menge indischer Brocken aufgeschnappt. Außerdem spreche ich passabel Portugiesisch. Ein paar Inder können diese Sprache auch. Und du, Mister Pellew, kannst in der Hindusprache ganz gut einkaufen, wie ich gehört habe. Oder etwa nicht?“

      „Nun ja“, sagte der Koch gedehnt und fühlte sich durch die Worte des Moses ein wenig geschmeichelt. „Es geht. Einigermaßen. Aber längere Reden kann ich nicht halten.“

      Old Donegal hatte den nächsten Einwand, der zumindest ebenso berechtigt war.

      „Andererseits können wir mit solchen Angeboten und unserem Geld die Kerle erst richtig auf unseren Kurs bringen. Dann wissen sie, daß wir reich sind und überfallen uns in wilden Scharen.“

      Mac Pellew widersprach laut. „Wir werden doch in ganz Madras ein Dutzend oder ein paar mehr finden. Die Stadt kann doch nicht voller Schurken sein! Gibt’s doch gar nicht.“

      „Gibt’s schon“, entgegnete Big Old Shane. „Und wie soll das vor sich gehen, deiner Meinung nach, Clint?“

      „Ganz einfach“, antwortete der Moses und führte entsprechende Gesten aus. „Mister Pellew und ich verkleiden uns als Inder. Dann gehen wir an Land, oder meinetwegen schwimmen wir auch, und dann werden wir in irgendeiner Kneipe oder sonstwo ein paar Helfer finden. Erinnert ihr euch an die Zwillinge? Die haben auch in der Bevölkerung Hilfe gefunden, als sie hinter dem Gold her waren.“

      Will Thorne stand auf, nickte jedem zu und deutete mit dem Zeigefinger auf die Planken.

      „Ich übernehme gern die erste Wache. Die Funzeln sind fertig, Glut ist noch unter deinem rußigen Kessel, Mac. Sprecht ruhig alles ein paarmal durch, vielleicht fällt euch noch was Besseres ein. Ich haue mich jetzt ein paar Stunden in die Koje. Ein Schrei genügt. Schon springe ich auf und kämpfe mit meiner Segeltuchnadel für drei.“

      „Geht in Ordnung“, sagte Old Donegal großzügig. „Angenehme Träume.“

      „Von Koriander und Muskatnüssen.“

      Der Segelmacher enterte ab und verschwand unter den heißen Decksplanken. Mac Pellews Augen schweiften durch den Hafen. Die Umgebung wirkte genauso unverdächtig wie jeder Hafen um diese Zeit. Auf einen geplanten oder bevorstehenden Überfall deutete nichts hin.

      Noch nicht, dachte er und fragte sich, ob er sich und den anderen noch einen Schluck Wein zumuten durfte. Er entschied sich dafür, sammelte die leeren Gefäße ein und folgte Will Thorne.

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