Beim nächsten Mann bleib ich solo. Hella Heller

Beim nächsten Mann bleib ich solo - Hella Heller


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      Dann zog ich mich in meine Wohnung zurück, öffnete eine Flasche Champagner und begann mein neues Leben.

      Der lange Jammer hatte ein Ende!

       13. Fraueninsel

      »Ich werde jetzt lesbisch«, verkündete Mira am Sonntag drauf und lehnte sich in ihre Couchkissen zurück. Irgendetwas mit Henri musste schiefgegangen sein.

      »War was mit Henri?«, fragte ich.

      Sie sah mich an, als hätte ich nach dem Weihnachtsmann gefragt.

      »Mit Henri? Nichts war mit Henri. Was soll schon mit Henri gewesen sein?«

      Nun. Mir war eine Nacht in Erinnerung, die Mira kürzlich nicht im eigenen Bett verbracht hatte. Seither war sie kein einziges Mal ans Telefon gegangen, schickte mir aber alberne Filmchen von turtelnden Tierchen. Daraus ließ sich schließen, dass zwischen ihr und Sahneschnitte etwas lief.

      »Ich dachte, du hättest bei ihm geschlafen.«

      Ein Blick traf mich, der nicht anders als finster zu bezeichnen war. »Weder bei noch mit, Constanze.« Mira hob den Oberkörper vom Kissen. »Der Kerl hat voll was an der Mütze!«

      Ich wollte fragen, was, aber da klingelte es an der Tür, Mira sprang auf und lief los mit den Worten: »Das ist die Sina, meine neue Nachbarin!«

      Sina war hübsch und schlank, trug eine stippige schwarze Frisur und war ungefähr im gleichen Alter wie wir. Mira hatte mir schon von ihr erzählt. Sie wohnte seit drei Monaten in der Wohnung, wo vor kurzem die alte Frau Maier gestorben war. Eventuell wusste Sina das aber nicht. Ist auch egal, weil in fast jeder Altbauwohnung irgendwann schon mal jemand gestorben ist, man macht sich das nur nicht klar.

      Umstandslos steuerte Sina auf den Eiersessel zu, in dem sonst nur Mira saß, sank hinein und schlug anmutig die Beine unter. Es schien, als habe sie dort schon häufiger gesessen.

      »Hi! Du bist also die Conny!« Ihr Lächeln legte eine blitzweiße Zahnperlenkette frei. Sieglinde Mein-Gatte-ist-Zahnarzt-Schadler und ihr Traummann hätten eine wahre Freude daran gehabt.

      »Hi. Und du bist die Sina.« Hatten wir das auch geklärt. Falls dieser pfiffige Neuzugang sich Hoffnungen auf meinen Freundinnenkosmos machte, musste er schon noch eine Schippe drauflegen.

      »Und du bist frisch getrennt. Stimmt’s?«, freute sie sich. Ihre Stimme klang für meine Ohren leicht schrill.

      »Steht mir das auf der Stirn geschrieben?« Ich erwog, mich allmählich auf den Heimweg zu machen.

      »Ich hab’s ihr gesagt«, gestand Mira. »Ist ja wohl kein Staatsgeheimnis, oder?«

      »Nein. Sondern ein Akt der Befreiung!«, kicherte Sina kess. »Willkommen auf der Fraueninsel! Du wirst sehen, es lebt sich da super entspannt. Eine Freundin von mir war mit einem Frauenarzt zusammen, echt gruselig! Der wollte laufend Abstriche machen, um sicherzugehen, dass sie gesund ist.«

      »Völlig überbesorgt!«, konstatierte Mira.

      »Voll der Kontrollfreak!«, kommentierte ich.

      Sina schüttelte den Kopf. »Nein. Er meinte, es sei total rufschädigend für einen Gynäkologen, wenn seine Frau irgendeine Frauenkrankheit kriegt.«

      Wir stöhnten alle drei. Dann tranken wir Kaffee, aßen Miras selbstgemachten Apfelkuchen und klatschten ordentlich Sahne drauf.

      »Und was für ein Arzt ist deiner?«, wollte Sina wissen.

      »Krankenhaus«, brummte ich indifferent.

      Mira grinste wissend. Um von Albert abzulenken, erkundigte ich mich schnell noch, was Henri denn an der Mütze hatte.

      Während Mira sich augenrollend ins Sofakissen zurücksinken ließ, erklärte Sina es mir, offenbar stand sie jetzt im Rang der Alleswisserin. Der Henri habe Mira nach Hause begleiten wollen. Sie wollte aber lieber zu ihm. Da rückte er damit raus, dass dort schon seine Ehefrau lag.

      Das überraschte mich nicht wirklich.

      Henri hatte ihr daraufhin als Kompromiss seinen SUV angetragen, mit Standheizung. Das fand Mira Banane. Daraufhin hatte Henri ein Treffen andermal vorgeschlagen und ihr versichert, für ihn zähle ohnehin mehr die zwischenmenschliche Ebene, denn es sei ein Irrtum, dass Männer und Frauen nicht befreundet sein könnten.

      »Wegen mir hättest du ihn ruhig mitbringen können, ich lag doch drüben im Gästezimmer«, wandte ich mich an Mira.

      Sie riss die Augen auf. »Kommt gar nicht in die Tüte! Ich nehme nie einen Mann mit nach Hause!«

      »Das hast du aber auch schon mal anders gesehen«, erinnerte ich sie.

      »Eben drum! Nein danke! Immer diese Flecken auf der Matratze!« Sie rappelte sich aus den Kissen hoch und stellte die Beine auf den Boden. »Der letzte hat mir mit seinem Massageöl das ganze Bett versaut! Hab ich nie wieder rausbekommen. Und gestunken hat es, monatelang! Nach einer Kreuzung von Räucherstäbchen und Gummibärchen!«

      »Wie wäre es mit einem Hotelzimmer gewesen?«

      »Das war dem Henri zu billig!«

      Darauf tranken wir einen Prosecco.

      Während ich an meinem Glas nippte, kam mir noch eine Frage in den Sinn.

      »Wo hast du dann eigentlich die Nacht verbracht?«

      »Na, bei mir! Sie ist mir im Treppenhaus zugelaufen«, lachte Sina und die beiden kicherten wie verrückt.

       14. Wind um die Wohnung

      Anderntags saß ich in meiner Küche, trank Nerventee und zog Bilanz. Seit elf Tagen war ich nun schon getrennt und eine allein lebende Frau. Ein Riesenfortschritt! Der Buchladen hatte sich noch nicht gemeldet, aber dafür nahm meine Zukunft als Bestsellerautorin Gestalt an: Mein Buch wuchs Seite um Seite.

      Meine Einsamkeit leider auch.

      Letzte Nacht war ich im Traum durch den langen Jammer gerannt, immer auf und ab, während ununterbrochen die Uhren schlugen. Aus jedem Häuschen sprang ein riesiger Vogel heraus und jeder hatte den Kopf von Albert …

      Ich kochte mir noch einen Nerventee.

      Dabei dachte ich an Björn. Was er wohl mit sich und seiner Zeit anfing? Er segelte, schön und gut, aber glücklich hatte er nicht gewirkt. Bestimmt lebte er allein. Welche Frau wollte schon auf einem Boot festsitzen! Gut, ich vielleicht, für eine gewisse Zeit. Ich war nicht so konventionell wie andere, für die ohne den wöchentlichen Termin bei immer derselben Kosmetikerin und immer demselben Frisör die Welt unterging. Wie er wohl das Geld seiner Eltern anlegen wollte? Ob er inzwischen bindungswilliger war als damals in Berlin? Wieso hatte ich ihn nicht nach seinem Beziehungsstatus gefragt?

      Während ich beim Nerventee über Björn meditierte, fand ich zu mir zurück: Es ging nicht um den nächsten Mann, es ging um gar keinen! Es ging um niemand anderen als mich selbst!

      Wie viele Jahre meines Lebens hatte es mich gekostet, zu dieser Einsicht zu kommen! Endlich war ich frei davon, mich über Männer zu definieren! Das durfte ich nicht durch einen Rückfall vermasseln. Björn war mein Lover gewesen – vor dreißig Jahren. Heute war Björn ein alter Mann!

      Schlechtgelaunt hockte ich mich vor den Computer, rief das Romanmanuskript auf und tippte Buchstabensalat. Ich googelte, dass die Hauspreise in Kronstein bei zirka dreitausend Euro pro Quadratmeter liegen. Da sank meine Laune in den Keller.

      In der Küche begann Pink zu singen. Erfreut sprang ich auf und rannte zum Handy. Mein Töchterlein rief mich an!

      »Hallo Mama, wie geht’s?«, hörte ich Rosas Stimme. Noch ehe mir einfiel, womit ich Zuversicht ausstrahlen konnte, redete sie weiter. »Wollen wir uns in der Stadt treffen?«

      Mein treues Kind dachte an seine arme, einsame Mutter! Ich


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