DÄMONENJÄGER (Southern Watch). Robert J. Crane
ihm den Vortritt. Und warum sollten sie das auch nicht tun? Schließlich war er derjenige, der die Rechnungen bezahlte.
»Ich liebe das«, flüsterte Hollywood. Er warf seinen Pferdeschwanz über die Schulter zurück und spürte dabei den glatten Stoff seines teuren Anzugs. Der Regen hatte glücklicherweise aufgehört und die nächtliche Stille wurde nur durch ein gelegentliches Tröpfeln unterbrochen, Wasser, das sich seinen Weg durch die Regenrinnen der Wellblechscheune suchte, die keine fünf Meter von ihm entfernt stand.
Sie waren innerhalb eines Zauns, den die vier für ihn geöffnet hatten, wobei sie sich aufführten, als wäre er ein Adliger oder etwas in der Art. Tatsächlich war er der Mann mit dem Geld, was ihn hier in der Gegend schon irgendwie adelte. Hollywood vermutete, dass Calhoun County nicht besonders viele Verdienstmöglichkeiten für Leute seiner Art bot. Da kam ihnen ein Gönner bestimmt gelegen. Einer, der Wasser anzog, so wie er … wobei das wohl ein Bonus war. »Echt«, Hollywood holte tief Luft, »ich liebe das.«
Einer von ihnen hatte die Eier, es laut auszusprechen. »Ähm, das hier ist doch nur eine verfickte Kuhweide, Mann.« Allerdings war er danach auch sofort wieder still.
Es war tatsächlich eine Kuhweide. Ein paar Morgen Land, das von einem Zaun abgesperrt wurde und bei Tageslicht grün schimmerte, bei Dunkelheit aber fast unsichtbar war. Der Geruch von Kuhmist wehte schwach vorbei, zwar vom Regen etwas ausgewaschen, aber immer noch vorhanden und leicht stechend. Die Nachtluft war stickig. Der Regen hatte die Luftfeuchtigkeit nicht im Geringsten reduziert, er hatte sie stattdessen eingesperrt, so wie einen Gefangenen, dessen Befreiung nicht so bald erfolgen würde. Das war die Sorte Scheißwetter, die selbst Hollywood zum Schwitzen brachte, und er war nicht gerade der Typ, der schnell ins Schwitzen geriet.
»Wisst ihr, was euer Problem ist?«, fragte Hollywood in die entstandene Stille hinein. Seine Gucci-Slipper waren von dem nassen Gras aufgeweicht. Innerlich zog er eine Grimasse, aber als Schauspieler, der er nun mal war, ließ er natürlich nichts davon nach außen dringen. »Euch fehlen einfach Visionen«, erklärte er seinem enthusiastisch lauschenden Publikum. Diese Hinterlanddeppen hingen ihm an den Lippen. Und warum sollten sie das auch nicht machen?
»Außen. Nacht«, fuhr Hollywood fort, während er langsam, fast stolzierend, vorwärtsging und dabei seine Hände so vor sich hielt, dass er mit seinen Fingern und Daumen ein Quadrat bildete, so, als ob er gerade etwas filmen würde. »Eine Gruppe Dämonen bereitet sich darauf vor, eine uralte böse Wesenheit zu erwecken, eine Kreatur, die die ganze Welt verzehren und sie von der Plage der verfickten Menschheit befreien wird …«, es klang bei ihm wie ein Fluch, was er auch so meinte. So, als würde er über die widerwärtigste Sache der Welt sprechen, was er auch tat, »… und die rechtmäßigen Zustände wieder herstellt, das Zünglein an der Waage sein wird und …« Er unterbrach sich und blickte auf seine vier Zuschauer, diese trotteligen Eingeborenen, diese methrauchenden Hillbillys, die in ihrem ganzen bisherigen Leben wahrscheinlich nicht mal genug verdient hatten, um sich einen seiner Gucci-Treter leisten zu können, geschweige denn ein Paar davon.
»Ihr könnt euch das einfach nicht vorstellen, oder?«
Es gab eine kleine Pause, bevor der gleiche dummdreiste Kerl antwortete. »Das hier ist eine Kuhwiese, Mann. Und du bist gerade in einen Kuhfladen getreten.«
»Einen … Fladen?«, Hollywood zögerte kurz, als ihn plötzlich der Gestank traf und er spürte, wie etwas in seinen Schuh sickerte. Er rang sich ein Lächeln ab. In der Rolle bleiben. Immerhin war er ein Schauspieler und er war genial in seiner Rolle. »Lokalkolorit. Genau das ist es.« Er atmete tief durch die Nase ein, was er sofort bedauerte. »Wie auch immer …« Er zuckte mit den Schultern, öffnete die Augen wieder und blickte den Typen an, der ein Flanellhemd trug, bei dem er die Ärmel abgeschnitten hatte. »Du. Bring mir mein Buch.«
Der Einheimische brauchte nur eine Sekunde zum Reagieren, dann kam er bereits mit dem Buch angerannt, einem schweren, ledergebundenen Wälzer, der absolut anders war als die Bücher, die man heutzutage herstellte. Er wirkte weder billig noch minderwertig. Es war … es war verdammt noch mal wie etwas Organisches, nicht so wie diese Fabrikscheiße, die man bei den großen Buchhandlungen angedreht bekam. Hollywood nahm es entgegen, spürte das Gewicht in seinen Händen und öffnete es. »Es ist wahrscheinlich zu viel des Guten, wenn ich hoffe, dass einer von euch Jungs Latein spricht, oder?« Er blickte auf die Männer, die immer noch im Halbkreis hinter ihm standen und dann auf denjenigen, der ihm am nächsten war. »Macht nichts.« Er setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. »Nun gut … wo ist der Farmer?« Schweigen schlug ihm aus dem kleinen Kreis entgegen, während er auf eine Antwort wartete. Die nicht kam. »Wo steckt der verfickte Farmer?«, fragte Hollywood erneut, dieses Mal schon leicht angepisst. Dämliche Hinterwäldler.
»In seinem Haus?«, kam einen Moment später der Vorschlag.
»VERDAMMT NOCH MAL!«, fluchte Hollywood und ließ endlich ein wenig von der Wut heraus, die er bisher zurückgehalten hatte. Es war gut, das zu tun, damit diese Verlierer etwas hinter die Fassade blicken konnten. Vielleicht war das ja die Art von Führungsstil, der ihnen eher lag, ein mehr emotional basierter Stil.
»Hatte ich nicht gesagt, dass wir den Farmer brauchen?«
Kurz dachte er daran, dem ärmellosen Idioten, der ihm das Buch gebracht hatte, eine zu verpassen, weil, nun, weil der ihm gerade am nächsten stand, doch er entschied sich dagegen. Das hob er sich für später auf. Wahrscheinlich würde es ohnehin irgendwann passieren, um die Typen wissen zu lassen, dass sie ihn lieber nicht verarschen sollten, aber nicht jetzt. Vielleicht waren sie eher wie Hunde und man erreichte mit Schreien bessere Resultate. »Holt mir jetzt den Farmer.« Er unterbrach sich, als sich drei von ihnen umdrehten. »Du«, sagte er zu dem Typen mit dem ärmellosen Flanellhemd, »du bleibst hier bei mir.« Er senkte seine Stimme und redete mit sich selbst, dem einzigen intelligenten Lebewesen vor Ort. »Ich hatte doch gesagt, dass wir den Farmer brauchen, oder? Hatte ich das nicht gesagt? Verfickte Scheiße.«
»Ähm, ja«, antwortete der Ärmellose, »das hast du.«
»Ich habe doch nicht mit dir geredet.«
Nach einer kurzen Pause, in der die Schritte der anderen drei immer leiser geworden waren, wandte sich der Ärmellose erneut an ihn. »Und … drehen wir hier einen Film?«
Hollywood starrte ihn an, als wäre er das dümmste Arschloch auf dem gesamten Planeten. »Zur Hölle, nein! Ich würde euch nie für einen Film anheuern.« Er machte eine kurze Pause. »Ihr seid doch nicht mal in der Gewerkschaft.«
Die anderen Kerle tauchten ein paar Minuten später wieder aus der Dunkelheit auf. Er sah sie kommen und drehte sich von ihnen weg. Es war besser, sie nicht direkt anzusehen, ihnen nicht das Gefühl zu geben, dass er auf sie angewiesen war oder dass er ihre Handlungen in irgendeiner Form billigen würde. Das hob er sich für später auf, falls sie den nächsten Schritt schaffen sollten, ohne es zu vermasseln. Schließlich ging es bei dem, was jetzt auf sie zukam, für alle um die Wurst.
»Hollywood«, fing einer von ihnen an, als sie näherkamen, und als sich Hollywood umdrehte, bemerkte er, dass es jetzt fünf Leute waren, seine drei Männer und zwei Menschen, die sie vor sich her stießen. »Seine Frau war auch da …« Er wollte eigentlich seufzen, ließ es dann aber sein, weil es ja doch ganz okay war. Schließlich waren zwei besser als einer, oder?
»Fein, fein«, sagte Hollywood. Er wollte sie lieber nicht mit zu viel Zuspruch verwöhnen, andererseits wollte er aber auch nicht, dass sie diese wichtige Lektion verpassten.
»Gute Initiative. Besser, wir haben sie auch hier bei uns.« Die einsame Lampe an der Scheune schälte die beiden neuen Leute aus der Dunkelheit, als sie sich näherten. Er studierte sie nur einen winzigen Moment lang und registrierte alte, runzlige Gesichter. Eigentlich war alles, was er sah, alt. »Das wird reichen.« Er wandte sich von ihnen ab und sah wieder zur Weide hinüber, wo ein … ein Etwas seit seinem letzten Kontrollblick in die Mitte des Feldes spaziert war. »Ist das …«, er blinzelte, »… steht da eine verfickte Kuh mitten auf meinem verdammten Ritualplatz?«
»Nein«, antwortete der Farmer mit einem ausgeprägten Südstaaten-Akzent, »aber da steht eine in der Mitte meiner gottverdammten Kuhweide, du Yankee-Arsch!«