Döner für zwei. Susann Teoman

Döner für zwei - Susann Teoman


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dass ich wüsste.« Ich werde sehr zu meinem Ärger rot.

      »Doch, doch, du gehst doch aufs Albert-Schweitzer-Gymnasium, oder?«

      »Ja.«

      »Du bist in meiner Jahrgangsstufe, glaube ich. Haben wir nicht Bio und Englisch zusammen?«, stellt er sachlich fest.

      »Hm, kann sein.«

      Lukas betrachtet mich aufmerksam. Ich kann seinem Gesicht nicht anmerken, was er denkt, aber schließlich sagt er: »Also, ich bin der Lukas.«

      »Aleyna.«

      »Aleyna. Ein schöner Name. Aber nicht deutsch?«

      »Nein, türkisch.«

      »Ah. Also, Aleyna, wenn du das nicht falsch verstehst, dann würde ich dich gerne auf ein Bier oder einen Kaffee oder so einladen, was auch immer du bevorzugst.«

      Während ich noch selbst über meine Antwort nachdenke, fügt er hinzu: »Ich meine ja nur, weil du ja vielleicht keinen Alkohol trinkst.«

      Jetzt hat er es echt vergeigt. »Nein, danke«, sage ich eisig und schwinge mich wieder auf mein Fahrrad.

      »Warte doch, ich will mich bloß vergewissern, dass wirklich alles okay mit dir ist.« Er schneidet mir den Weg ab und um ein Haar wäre ich wieder hingefallen.

      »Alles bestens und danke für die Einladung, aber für so etwas habe ich gerade wirklich keine Zeit. Machʼs gut!« Ich radele davon und als ich der Versuchung nicht widerstehen kann und zurückblicke, sehe ich, wie Lukas verständnislos seinen Kopf schüttelt.

      »Blödmann!«, denke ich. Wie kommt dieser Trottel darauf, dass ich keinen Alkohol trinke? Als ob alle Türken Kopftücher tragen und den Koran in der Tasche mit sich herumschleppen würden! Pah! Baba hat mich in Sachen Alkohol gut erzogen. Ich kann einen Merlot von einem Cabernet Sauvignon oder einem Shiraz ohne Probleme unterscheiden. Ich kenne mich mit Weinen aus, jawoll! Was Bier angeht, weiß ich zumindest genug, dass nichts über ein frisch gezapftes Kölsch an einem heißen Sommertag geht. Und dieser bescheuerte Typ fragt mich doch tatsächlich, ob ich überhaupt Alkohol trinke! So ʼn Beckenrandschwimmer!

      Heute ist Freitag und ich habe den Nachmittag damit verbracht, Tanja ein wenig Nachhilfeunterricht zu geben. Als ich zu Hause ankomme, fühle ich mich so unternehmungslustig wie selten. Dieser tolle Abend lockt einen förmlich auszugehen und Spaß zu haben! Natürlich würde Baba mir so etwas Anrüchiges wie Tanzen nie erlauben. Ich beschließe, spontan zu sein, und zücke mein Handy.

      »Tanja? Bist du müde? Weißt du, ich habe unheimliche Lust auf ein schönes kaltes Kölsch. Wollen wir noch ins Früh

      Tanja ist begeistert. »Klaro! Ich deichsle das mit deinen Eltern, okay?«

      »Super!«

      »Wir treffen uns in einer halben Stunde vor dem Früh.«

      So machen wir das übrigens oft. Tanja ruft bei meinen Eltern an und bekniet sie, dass ich bei ihr übernachten darf, und dann gehen wir aus. Man muss sich eben zu helfen wissen!

      Wenig später stehe ich vor dem Brauhaus und schlendere gemütlich ein paar Schritte hin und her, als Tanja auch schon ankommt. Lachend suchen wir uns draußen einen Tisch und bestellen Fritten und Bier. Ich lieeebe diese Kombination! Ein toller Sommerabend, meine beste Freundin, ein Kölsch und Pommes. Das Leben kann wirklich toll sein.

      Wenn sich nur der blöde Ketchup endlich bequemen würde, aus der Flasche auf die Fritten zu fließen! Ich haue der Glasflasche zaghaft auf den Po, aber noch immer regt sich nichts.

      Tanja wird ungeduldig. »Lass mich mal, du schwaches Mäuschen, du!« Sie will mir die Flasche aus der Hand reißen, doch ich halte sie davon ab.

      »Ich bin hier der Profi, was solche Sachen angeht«, erkläre ich großspurig und schüttle die Flasche ein wenig.

      Tanja prustet los.

      Verärgert schlage ich abwechselnd auf die Unterseite der Ketchup-Flasche und schüttle sie heftig.

      Leider ein wenig ZU heftig. Mit einem »Glups!« löst sich der der gesamte Inhalt und fliegt durch die Luft. Aber nur einen Tisch weiter. Auf das himmelblaue Adidas-T-Shirt eines Typen mit Haaren wie Nutella und Honig.

      Seine Kumpels lachen laut auf, während er sich halb verblüfft und halb verärgert herumdreht.

      »Oh Mist!« Ich werfe Tanja hastig die Flasche zu und rutsche so schnell ich kann unter den Tisch.

      Lukas schaut sich nach dem Verursacher der Katastrophe um. Er hat eine kleine Schramme auf seiner braungebrannten Stirn, die wahrscheinlich von unserem Unfall stammt. Verdammt, sogar die steht ihm gut!

      »Aleyna?« Tanja streckt ihren Kopf unter den Tisch. »Was um alles in der Welt tust du da bitte?«

      »Ich habe ihn vorgestern schon mit meinem Fahrrad angefahren, bitte tu so, als wäre ich nicht da!«, flehe ich sie an.

      »Tanja?«

      Doppelmist. Lukas hat seine Nachbarin bemerkt und kommt mit hochrotem Kopf auf unseren Tisch zu.

      »Warst du das eben mit dem Ketchup?«

      »Ich? Quatsch, weiß gar nicht, wovon du da redest.«

      »Wirklich nicht?«

      »Nö.«

      »Da sind aber überall rote Flecken auf dem Tisch. Und du hast auch welche im Gesicht. Und auf den Armen.«

      »Das stammt wahrscheinlich von den Leuten, die vor mir an diesem Tisch gesessen haben. Bin da vielleicht mit den Ellbogen reingerutscht oder so.«

      »Ach, tatsächlich? Du hast da ja eine ziemlich große Portion Pommes Frites vor dir.«

      Tanjas Selbstsicherheit nimmt ab. »Oh, die? Äh ... Die gehören mir eigentlich gar nicht, die stehen da nur so ... äh ...«

      »Du hast das Ketchup noch in der Hand.«

      »Ach, so, tja, stimmt. Äh ...«

      Tanja weiß nicht mehr weiter und verpasst mir einen wütenden Tritt. Ich stöhne leise.

      »Was war das?«, fragt Lukas überrascht. »Ist da etwa jemand unter dem Tisch?«

      »Unsinn! Warum sollte ich mich an einen Tisch setzen, unter dem sich jemand versteckt hat? Ein feiger, mieser Jemand womöglich. Ich bin doch kein Depp!«

      Ich unterdrücke nur mühsam ein Kichern. Es wird ein paar Sekunden lang sehr still zwischen den beiden. Dann höre ich, wie Schritte sich nähern. Seine Hosenbeine befinden sich unmittelbar vor meinem Gesicht.

      »Da versteckt sich hundertprozentig jemand! Würde nur zu gerne wissen, wer das ist!«

      »Quatsch, Lukas!« Tanja verhaspelt sich und ich bekomme noch einen Tritt verpasst.

      »Hallo?«

      Sein dunkelblonder Schopf taucht gleich neben meinem Gesicht auf. Seine Augen funkeln belustigt. »Aleyna, richtig?«

      Gooooottttt! Ist das peinlich!

      Ich fühle, wie mir all mein Blut in den Kopf schießt. Sicher gibt es kein einziges rotes Blutkörperchen mehr, das sich nicht in meinem Gesicht breitgemacht hat.

      »Hallo«, sage ich verlegen.

      »Ist es gemütlich da unten?«

      Was für eine blöde Frage.

      »Nein«, antworte ich kleinlaut.

      »Warum sitzt du dann da?«

      »Ähh ...«

      »Das mit dem Ketchup ist nicht so schlimm. Ich habe noch andere T-Shirts, weißt du.«

      »Äh ...«

      »Na dann, vielleicht sehen wir uns ja später irgendwann.«

      »Äh ... ja.«

      Er winkt mir zu und schlendert


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