Gespräche jenseits der Zeit. Markus Jost
n>
Markus Jost
Gespräche jenseits der Zeit
Aufklärung mit Mose, Spinoza und Kant
Markus Jost
Gespräche
jenseits der Zeit
Aufklärung mit Mose, Spinoza und Kant
Dieses Buch in gedruckter Form: 978-3-943362-51-0
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.de abrufbar.
Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf Johannson Umschlagbilder: Andrey_Kuzmin, Suzanne Tucker/Shutterstock.com Satz und Herstellung: Edition Wortschatz, Cuxhaven
© 2019 Markus Jost
Edition Wortschatz, Sauerbruchstraße 16, 27478 Cuxhaven ISBN 978-3-943362-52-7
Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Autors
Der Weisheit gewidmet.
Inhalt
Ein einleitendes Gespräch mit dem Autor 8
Mose, Spinoza und Kant: Gespräch jenseits der Zeit 180
Ein einleitendes Gespräch mit dem Autor
Was war Ihre Motivation, dieses ungewöhnliche Buch zu schreiben?
Nach Abschluss meines ersten Buches über die Rolle der Bibel bei Ignatius von Loyola und Menno Simons wollte ich über etwas schreiben, das mich schon lange interessierte: den Pentateuch, die fünf Bücher Mose oder die Tora, wie die Juden sagen. Natürlich kannte ich die verschiedenen Theorien und Hypothesen zur Entstehung des Pentateuchs von meinem Theologiestudium her. Aber keine dieser Theorien konnte mich wirklich überzeugen. Zudem stellte ich erstaunt fest, wie wenig wir heute trotz aller Forschung über die Entstehung des Pentateuchs wirklich wissen und wie viel reine Spekulation bleibt. So wurde beispielsweise bis heute keine eigenständige Priesterschrift gefunden, welche aber vielen Theorien als Grundlage dient. Die sogenannte Krise der Pentateuch-Forschung bestärkte mich darin, einen anderen Weg zu suchen, um den Pentateuch begreifen zu können.
Als ich am Schreiben dieses Buches war, hatte ich unerwartet die Möglichkeit, an einer Reise ins Heilige Land teilzunehmen. Bei den Diskussionen mit unserem fachkundigen Reiseleiter konnte ich immer wieder feststellen, wie komplex und kompliziert die heutige Situation, aber auch die Geschichte des Landes und der darin lebenden Menschen war und ist. Mir wurde klar, dass die Vorstellung von Geschichte und Religion, wie sie bei uns verbreitet ist, in Israel, Palästina und vermutlich auch in vielen anderen Regionen der Welt mehrheitlich nicht geteilt wird. Diese Erfahrung bestärkte mich in meiner Idee, einen anderen Weg zum Verständnis des Pentateuchs zu suchen.
Wie sieht dieser andere Weg aus?
Beim Analysieren der an Universitäten gelehrten Erklärungsversuche stellte ich fest, dass diese sehr oft vom Heute in die Vergangenheit funktionieren. Das heisst, es wird häufig davon ausgegangen, dass der uns überlieferte Text das Resultat eines geschichtlichen Prozesses ist und nicht umgekehrt, dass der Text auch selber Geschichte schreiben kann. Es stellten sich mir zwei Fragen: Warum wird der biblische Text heute bei uns vor allem historisch verstanden? Und zweitens: Was würde geschehen, wenn die Autoren und Protagonisten der Bibel sich äussern könnten, also das Umgekehrte dessen, was wir heute machen: Nicht wir erklären die Texte, die Autoren und die Protagonisten, sondern die Autoren und Protagonisten erklären sich selber und klären uns über ihre Motive und Ideen auf. Es ging mir darum, eine Art kritische Würdigung der Personen hinter dem Text zu machen. Denn hinter jedem Text stehen Menschen. Diesen Menschen wollte ich die Möglichkeit geben, sich selber und ihre Texte zu erklären. Als Autoren des Pentateuchs wollte ich aber bewusst nicht – wie es oft gemacht wird – irgendwelche anonymen Priester- oder königlichen Beamtengruppen annehmen, die irgendwann irgendwo möglicherweise gelebt haben könnten, sondern ich sagte mir, ein solch starker Text wie der Pentateuch braucht starke Persönlichkeiten als Autoren oder wenigstens als erste Autorengeneration. So startete ich mein Experiment: Ich ging ganz einfach von der simplen Annahme aus, dass der Prophet Mose wirklich gelebt hat und dass er etwas mit den Mose-Büchern in der Bibel zu tun hatte. Es ging mir nicht darum, dies historisch zu beweisen, sondern ich wollte einfach mal schauen, was Mose uns heute sagen könnte. Damit das Gespräch nicht zu abgehoben werden würde, stellt eine kritische und theologisch ausgebildete Journalistin aus dem 21. Jahrhundert die Fragen. Ich möchte mit meinem Buch darauf hinweisen, dass durch zeitlose Gespräche spannende Erkenntnisse gewonnen werden können. Es ist manchmal besser, direkt mit den Leuten zu sprechen, statt nur mit anderen Menschen über sie.
Warum wählten Sie als zusätzliche Gesprächspartner zum Propheten Mose aus der Bibel noch die beiden Philosophen Immanuel Kant und Baruch de Spinoza aus?
Den niederländischen Philosophen Baruch oder Benedikt de Spinoza aus dem 17. Jahrhundert habe ich ausgewählt, weil sein „Theologisch-politischer Traktat“ aus dem Jahr 1670 als eigentliches Gründungsdokument der heute weit verbreiteten sogenannten „historisch-kritischen Methode“ gilt.1 Viele Ansichten, die Spinoza damals formulierte, werden auch heute noch von den Gelehrten vertreten. Spinoza selber hat nie an der Existenz des Propheten Mose gezweifelt. Auch ging er davon aus, dass Mose der Nachwelt Schriften hinterlassen hatte. Spinoza bezweifelte aber, dass der uns überlieferte Pentateuch so von Mose verfasst wurde. Heute wird dem Propheten Mose von historisch-kritischen Forschern oft jegliche Mitwirkung am Pentateuch abgesprochen und er wird nicht selten sogar seiner Existenz beraubt. Im Gespräch mit der Journalistin wehrt er sich aber erfolgreich dagegen.
Den deutschen Philosophen Immanuel Kant habe ich ausgewählt, weil er unbestritten als der grosse Aufklärer im deutschen Sprachraum gilt. Ich denke, Kant kann am besten erklären, was Aufklärung eigentlich ist. Das Gespräch mit ihm zeigt, dass Aufklärung bedeutet, dass man und frau den Mut hat, selber zu denken – unabhängig von Autoritäten jeglicher Art. In diesem Sinne habe ich auch gewagt mit diesem Buch eigene Wege zu gehen.
Ihr Buch spielt in einer jenseitigen Welt. Ist es nicht anachronistisch in einer Welt, wo nur das Diesseitige zählt, über das Jenseitige zu schreiben? Wen könnte das schon interessieren?
Ja, mein Buch ist von Anfang bis Ende anachronistisch. Es passt absolut nicht in unsere Vorstellung von Zeit. Wir sind gewohnt, die Geschichte zu schreiben und zu definieren, was dazumal passiert ist. Der berühmte „garstige“ Graben zwischen uns und der Vergangenheit hält uns die Toten vom Leib, die uns eines Besseren belehren könnten. In meinem Buch versuche ich, diesen „garstigen“ Graben zu überwinden und den toten Protagonisten der Vergangenheit eine Bühne zu geben, um sich selber erklären zu können. Dadurch entsteht