Erfolg ist ein Mannschaftssport. Stephanie Borgert

Erfolg ist ein Mannschaftssport - Stephanie Borgert


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      Mein Tag als Kinofilm

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      Nehmen Sie sich zehn Minuten Zeit, um den Tag zu reflektieren. Holen Sie eine Situation, in der Sie sich geärgert haben, vor Ihr geistiges Auge. Empfinden Sie den Ärger noch einmal nach und schreiben Sie Ihre Gedanken, Empfindungen und Gefühle auf. Wechseln Sie nun gedanklich in die Position des Beobachters und dissoziieren Sie sich von der Situation. Dazu stellen Sie sich vor, Sie säßen im Kino und schauten die konkrete Situation als einen Kinofilm, der gerade vor Ihnen über die Leinwand flimmert. Was sehen Sie aus der Perspektive des Kinobesuchers? Was ist zu hören? Wie sehen Sie sich agieren? Schreiben Sie auch diese Betrachtung auf. Lesen Sie beide Versionen. Welche Unterschiede gibt es? Was fällt Ihnen auf?

      Noch herausfordernder wird Beobachtung im und mit dem Team, denn die Struktur ist etabliert, und »die Menschen ticken so, wie sie eben ticken«. Dazu kommen die blinden Flecken (das, was sie nicht sehen) und die Tabus (das, was sie nicht aussprechen). Meiner Beobachtung nach bleiben deshalb viele Retrospektiven auf der Ebene des Was stecken. Für die Reflexion des Wie finden Sie in Kapitel 2 einige Impulse. Als »Grundlagenkurs« bietet es sich an, immer mal wieder auf die gemeinsame Kommunikation zu schauen.

      Beobachtung, Interpretation, Bewertung

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      Während einer Ihrer üblichen Besprechungen, in der eine Situation oder ein Problem erörtert wird, richten Sie Ihr Augenmerk auf die drei Aspekte Beobachtung, Interpretation und Bewertung. Notieren Sie, wenn nötig, was in Ihrer Diskussion in welche Rubrik fällt. Sprechen Sie häufig direkt in Bewertungen? Liefern Sie zu Ihrer Interpretation die jeweiligen Beobachtungen mit? Wofür ist das gut? Was wäre, wenn Sie anders miteinander sprächen?

      Beobachtung 2. Ordnung ist das Argument für externe Beratung, denn andere Beobachtende bringen neue Sichtweisen und Blickwinkel mit und wissen durchaus die blinden Flecken zu benennen. Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis: So nützlich es für eine Organisation sein kann, die andere Perspektive des Beratenden zu hören, ist oft die Diskrepanz zwischen eigener Realität und fremder Perspektive so groß, dass spontane Abwehrreaktionen von Verstummen über Schulterzucken bis zu spontanem »Das geht bei uns eh nicht« zu erwarten sind. Es kann auch gut sein, dass die Beobachtung gesehen, aber noch nicht besprochen werden kann. Eine gute, mitunter vorsichtige Dosierung hilft hier mehr als das Brecheisen.

      Wenn wir beobachten, dann bewerten wir auch, und zwar immer. Beobachtung ohne Bewertung gibt es nicht. Dieser Aspekt ist zentral. Zum einen ist Bewerten häufig negativ konnotiert, weil sofort die Bewertung von Menschen assoziiert ist. Zum anderen braucht es intelligente Bewertungsmuster, um gerade in Selbstorganisation absichtsvoll erfolgreich zu sein. In tradierten Unternehmen ist es eine wesentliche Aufgabe der Führungskräfte, Bewertung vorzuleben und vorzugeben. »Wir machen das jetzt so und so« ist nichts anderes als eine Bewertung. Auch das berühmte »Ich habe das mal vorgedacht« ist aktives Vorschlagen eines Bewertungsmusters, auch wenn der Nachsatz »entscheiden sollt ihr aber selbst« lautet. Fallen diese Vorgaben weg, muss ein Team selbstständig gute Bewertungsmuster finden. Ein Aspekt, der bei dem Ruf nach »mehr Selbstorganisation« gerne übersehen wird. Gleichzeitig ist der Punkt, an dem bewertet wird, die Quelle für Konflikte (siehe Kapitel 5).

      Ein Modell sagt mehr als 1000 Worte

      Nach dem Beobachten kommt das Beschreiben und erst danach die Veränderung. Um ein System verändern zu können, müssen wir zunächst herausfinden, wie das System es schafft, so zu bleiben, wie es ist. Selbstverständlich können wir einfach über »mehr Selbstorganisation« sprechen und uns die Geschichte des eigentlichen Problems und unserer Lösungsidee erzählen. Dabei entsteht jedoch nur selten ein Systemverständnis, weil die Gedanken auf die vermeintliche Lösung gerichtet sind. Vorher sollten wir das System erkannt haben, zu verstehen versucht haben, wie es tickt.

      Seit langer Zeit versuche ich, Menschen für die Arbeit mit Wirkungs- und Flussdiagrammen zu begeistern, weil sich damit vernetzte Systeme in ihrer Dynamik darstellen lassen. Und das Beste an ihnen: Man braucht meist nur einen Ausschnitt des Gesamtsystems zu modellieren, um die wichtigsten Einsichten zu gewinnen. An dieser Stelle werde ich mit Ihnen nun einen Superschnellkurs in der Erstellung von Wirkungsdiagrammen machen, damit Sie die Grammatik kennen.

      Literaturtipps zur intensiven Auseinandersetzung mit Wirkungsdiagrammen:

      Borgert, Stephanie: Unkompliziert!

      Meadows, Donella: Die Grenzen des Denkens

      Senge, Peter: Die fünfte Disziplin

      Sherwood, Dennis: Einfacher managen

      Es geht bei dieser Modellbildung immer darum, die Feedbackschleifen in einem System und seine Dynamiken zu begreifen. Unser Alltag ist voll von diesen Rückkopplungen, wir achten nur meist nicht darauf. Ob wir uns die Schuhe binden, joggen, die Zähne putzen oder ein Butterbrot schmieren, wir bewerkstelligen all das, weil es permanente Feedbackschleifen zwischen unserem Gehirn und den Körperteilen gibt. Feedback ist überall und es sorgt für Regelung. Wir erstellen hier ein simples Modell zum Thema »Kaffeeverbrauch im Büro«. Menschen trinken mitunter enorme Mengen Kaffee im Laufe ihres Arbeitstages. Weil er schmeckt, aber auch, weil er wach macht und die Leistungsfähigkeit steigert. An dieser Stelle widersprechen Sie eventuell und das ist in Ordnung. Es ist ein Modell, nicht die Wahrheit. Nehmen wir für den Moment an, dass es einen (zumindest empfundenen) Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Leistungsfähigkeit gibt. Die Lesart des entsprechenden Wirkungsdiagramms lautet wie folgt:

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      Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Leistungsfähigkeit. Der Ursache-Wirkungs-Pfeil zeigt vom Kaffee zur Leistungsfähigkeit. Das Pluszeichen steht für »Je mehr von x, desto mehr y«. Nun stellt sich nach einer Zeit ein Gewöhnungseffekt ein, dem viele Menschen mit »mehr Kaffee« begegnen.

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      Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Gewöhnung. Je mehr Gewöhnung, desto mehr Kaffeekonsum. Der Doppelstrich auf dem Wirkungspfeil Gewöhnung – Kaffeekonsum steht für eine zeitliche Verzögerung, denn der Körper gewöhnt sich über die Zeit und nicht sofort. Nun ist eine Rückkopplungsschleife oder Feedbackschleife entstanden. Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Gewöhnung. Je mehr Gewöhnung, desto mehr Kaffeekonsum. Sie wirkt eskalierend und das ist eine Dynamik, die Sie alle bestens kennen: Wachstum. Nach diesem kleinen Modell würde es jetzt immer so weitergehen. Das geschieht in der Realität natürlich nicht, es gibt kein unendliches Wachstum.

      Betrachten wir also weitere Elemente dieses Systems. Nervosität ist ein Effekt, der bei reichlich Kaffeekonsum häufig auftritt und dafür sorgt, dass der Mensch weniger Kaffee zu sich nimmt.

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      Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Nervosität (verzögert). Je mehr Nervosität, desto weniger Kaffeekonsum. Das Minuszeichen steht für »Je mehr von x, desto weniger y«. Diese zusätzliche Feedbackschleife wirkt balancierend. Generell gesprochen wirkt sie auf ein Ziel oder einen bestimmten Wert hin. Damit haben wir ein Beispiel für die Arbeit mit Wirkungsdiagrammen konstruiert, das die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst:

      • Unser Alltag ist voll von Feedbackschleifen, wir müssen sie nur erkennen.

      • Feedbackschleifen wirken eskalierend oder balancierend, es gibt nur diese zwei Dynamiken.

      • Wirkungsdiagramme sind Modelle und nicht die Wahrheit.

      Gleichzeitig


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