Freier um Brigitte. Liane Sanden

Freier um Brigitte - Liane Sanden


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wie der Mund zu lächeln verstand. Blendend weisse Zähne hinter frischem Rot. Ihre Wangen hatten den zarten Hauch von Pfirsichen. Und die ganze Gestalt verriet einen Charme und eine Grazie, wie man sie selten sah.

      Immer mehr hatte sein Gesicht sich aufgehellt. Renate schien plötzlich vergessen zu sein. Das Seelenbarometer stieg von schlechtem Wetter urplötzlich auf Schön.

      Und mit dem Steigen dieses Barometers kam Eberhard von Wittinghausen der Gedanke, dass diese Frau in ihrer Jugendfrische und Reinheit begehrlicher war als all diese mondänen Frauen mit ihrer auffälligen Eleganz und ihren gezierten Manieren, und die nur den Zweck verfolgten, Männer zu betören und sich ihnen botmässig zu machen.

      Und was war Renate? In diesem Augenblick fiel ihm der letzte Schleier von seinen Augen. Renate hasste er in dieser Minute. Ihm kam die Erkenntnis, dass sie nichts anderes war als mondäne Dutzendware. Das Bild des Abends im Eden-Hotel erschien ihm und mit einem gewissen Unwillen warf er diese Erinnerung von sich.

      Brigitte, die Hausdame, hatte entschieden das Uebergewicht bekommen.

      Sie sah ihn fragend an:

      „Herr Konsul, Sie haben wohl etwas Schönes erlebt?“

      Und der Herr Konsul nickte wohlwollend.

      „Allerdings!“

      „Darf man wissen, um was es sich handelt?“

      Es war keine Neugier von ihr, es war ein gewisser Grad von menschlicher Teilnahme und von Interesse.

      Eberhard machte ein überkluges Gesicht. In seinen Zügen lag Frohheit, Wohlbehagen und auch Güte. Lag etwas, was sie noch nie bisher bemerkt hatte.

      „Herr Konsul, verzeihen Sie, Sie haben heute etwas ganz Rätselhaftes an sich.“

      „Finden Sie, Brigittchen?“

      Das „Brigittchen“ war ihr ganz neu. Nun war die Fröhlichkeit an ihr.

      „Aber Herr Konsul, was haben Sie denn nur?“

      Mit fast sachlichem Ernst erklärte er:

      „Mein Kind, ich habe soeben entdeckt, wie reizend und entzückend Sie sind.“

      Sie wollte abwehren, die Situation war ihr nicht ganz geheuer. Er aber fuhr fort:

      „Verneinen Sie nichts … Ich bin ein alter gediegener Menschenkenner, und Sie sind noch viel zu jung, verzeihen Sie, um vielleicht das Gegenteil davon zu behaupten.“

      Sie versuchte, ihn zu unterbrechen. Er aber liess sich nicht beirren.

      „Ich kenne Sie mehrere Jahre, wir haben sozusagen Freud und Leid zusammen getragen. Sie haben mir oft einen vernünftigen Ratschlag gegeben, Sie, die kleine, reizende Brigitte, mit dem klaren Menschenverstand.“

      „Herr Konsul, das ist zuviel des Guten … Aber ich weiss wirklich nicht … Um was handelt es sich eigentlich?“

      Der Herr Generalkonsul setzte sich wieder in seine bekannte Positur. Er räusperte sich einige Male und dann ging es los.

      „Brigitte, wie Sie wissen, hatte ich eine Freundin ...“

      „Hatte …?“ kam es von ihren Lippen.

      Er nickte. „Hatte … Ich glaube, die Sache gehört der halben Vergangenheit an. Diese Frau ist mir nicht treu … Ich glaube, es wenigstens vermuten zu können ...“

      Brigitte war etwas betroffen über diese Erklärung. Nun sagte sie:

      „Kann man einen Mann wie Sie betrügen?“

      Er lachte hellauf. „Man kann.“

      „Herr Konsul, ich darf Ihnen wohl sagen, dass ich mich nicht gerne in solche Dinge mische. Eine Frau, die einen Mann liebt, würde sich auch jeden Einspruch von anderer Seite recht sehr verbitten.“

      Eberhard war darauf nicht vorbereitet.

      „Liebes Kind, Sie sind doch meine treue Beraterin. Sie sind meine Hausgenossin, Sie sind …“ Er suchte nach Worten, nach Worten, die etwas Liebes ihr sagen sollten. Aber er, der Weltmann, war plötzlich nicht fähig, auf dieser Linie, die er so schön beschritten hatte, weiterzugehen. Die profanen Worte, die er Renate gegenüber immer gebrauchte, erschienen für diese Frau hohl und abgeschmackt. Er zögerte, machte eine lange Pause, und während Brigitte etwas nervös mit den Fingern auf der Tischplatte trommelte, fand er plötzlich wieder zu sich selbst zurück.

      „Kurz und bündig … Ich bin kein Maun von Phrasen und Rankwerk, ich sage es Ihnen offen heraus: Brigitte, ich habe Zuneigung zu Ihnen gefasst.“ Und er, der Routinier Frauen gegenüber, war plötzlich befangen wie ein Primaner.

      „Also kurz und bündig,“ setzte er wieder an, „ich möchte, dass unser Verhältnis von heute an sich ändere.“

      Sie stand ihm erstaunt gegenüber.

      „Was wollen Sie damit sagen?“

      Er streckte beide Arme aus, und es hatte den Anschein, als wollte er diese reizende kleine Frau umfassen. Brigitte wich zurück. Eine jungfräuliche Scham trieb ihr die Röte in die Wangen.

      „Seien Sie ganz vernünftig, es ist mein vollster Ernst … Brigitte, ich möchte, dass Sie immer an meiner Seite bleiben.“

      „Herr Konsul,“ gab sie zurück, „Herr Konsul,“ wiederholte sie, „ich bin kein Mädchen, das sich zur Freundin eignet.“

      „Das weiss ich, dafür kenne ich Sie zu genau, und darum … möchte ich Sie — heiraten.“

      Brigitte stand verwirrt da. Wenn sie an alles dachte, auf diesen Gedanken wäre sie nie gekommen.

      Ihr Atem flog, ihre Augen irrten unruhig im Zimmer umher, sie wusste nicht, war es Ernst, war es Scherz.

      Eberhard schritt auf sie zu, erfasste ihre Hände und küsste sie. Sie suchte abzuwehren. Er aber lächelte und sagte:

      „Nicht doch, Brigitte.“

      „Herr Konsul …“

      „Nein, nicht Konsul, Eberhard heisse ich.“

      „Es ist nicht recht von Ihnen, Herr Eberhard ...“ sie verbesserte sich, „Herr von Wittinghausen.“

      „Hier gibt es kein Wittinghausen mehr, hier gibt es nur noch Brigitte und Eberhard oder Eberhard und Brigitte.“

      Mit diesen Worten fasste er schnell nach ihrem Köpfchen und küsste ihre Stirn.

      Sie wusste nicht, wie ihr geschah und stammelte:

      „Aber Herr Eberhard, das kommt ja einem Ueberfall gleich, ich weiss gar nicht, was ich dazu sagen soll.“

      „Die Antwort muss einfach lauten: Ja.“

      Brigitte war skeptisch.

      „Aber ich weiss ja gar nicht, wie Frau Renate sich dazu stellen wird.“

      „Nichts hat sie mehr zu sagen,“ lautete die Antwort. „Gar nichts. Ich weiss genau, sie hatte keinen anderen Wunsch, als mich in den Ehebann zu zwingen … Ich aber bin nicht der Mann, der dazu da ist, einer Frau Wünsche zu erfüllen, die nur dazu angetan sind, sie zu versorgen und dann ...“

      Er besann sich: „Und dann ... ihn laufen zu lassen.“

      „Ja, aber sind Sie davon überzeugt?“

      „Bitte: bist du davon überzeugt.“

      „Ich, wieso ich?“

      „Jawohl, ich bin davon überzeugt.“

      Eberhard setzte sich und zog sie neben sich.

      „Also, liebes Brigittchen, damit wir uns recht verstehen: Du wirst meine Frau und ich werde dein Mann.“

      Brigitte versuchte immer noch abzuwehren.

      „Aber Herr Eberhard, haben Sie sich das auch richtig überlegt? Ich bin doch ein so armes Mädel, und so etwas erregt doch in


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