Freier um Brigitte. Liane Sanden

Freier um Brigitte - Liane Sanden


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er schelmisch hinzu: „Die Armut können wir ja beheben, und meinen sogenannten Reichtum auch. Ich gebe dir die Hälfte von meinem Reichtum, und du gibst mir die Hälfte von deiner Armut, und schon ist ein Ausgleich geschaffen.“

      „Herr Eberhard, das wollte ich wahrlich nicht damit sagen.“

      „Wohl aber ich.“

      Nach diesen Worten nahm er sie in seine Arme, und jetzt widerstrebte Brigitte nicht mehr.

      Einen Tag später erhielt Generalkonsul von Wittinghausen einen Brief. In diesem Schreiben, das keine Unterschrift trug, war zu lesen, dass Renate ihn täglich und stündlich betrüge. Er sei nur das Spielzeug einer arroganten, selbstsüchtigen Frau. Man warne ihn vor weiterer Fortsetzung der Liaison, denn er bilde das Stadtgespräch und er sei schon überall eine komische Figur.

      Das Anonyme an dem Brief gefiel ihm nicht. Aber da er erst mit eigenen Augen sehen musste, wie vielseitig seine Freundin war, bekam die plötzlich eingetretene Aversion neue Nahrung und nun war er sich klar, dass er ohne viel Gefühl und Empfinden diese Frau abmelden konnte. Die letzte Sentimentalität schwand; und nun verstärkte sich noch mehr die Freundschaft und die Liebe zu Brigitte.

      Renate aber versuchte, aus dem reichen Manne noch Kapital zu schlagen.

      Wiederholt kam sie im Tempo einer hysterischen Akteurin angerast, um unter Tränen ihre Liebe zu beteuern.

      Dem feinen Manne ward es nicht leicht, ihren Wutausbrüchen zu begegnen. Immer wieder suchte er in aller Ruhe ihr verständig zu machen, dass sie nicht die richtige Frau für ihn sei.

      Sie kam mit triftigen Argumenten.

      „Warum hast du mich erst vor wenigen Tagen beschenkt?“

      Sie ward bitter und erklärte: „Das war wohl eine komplette Abfindungssumme, ähnlich so wie man ein Ladenmädel laufen lässt, bevor man sie noch mit einem Notpfennig ausgestattet hat?“

      Er wies darauf hin, dass er das Glück hatte, sie in flagranti zu erwischen.

      Sie lachte darüber: „Wenn ich in aller Oeffentlichkeit mich mit deinem Freunde sehen lasse, so hat das gar nichts zu bedeuten. Nur ein Spiesser nimmt daran Anstoss, oder ein Mann, der eine Frau über Bord werfen will.“

      Das Wort Spiesser bezog er geschickt auf seine Handlungsweise, indem er meinte: „Ich bin und bleibe halt ein Spiesser, und wir passen nicht mehr zusammen.“

      Plötzlich aber beseitigte sie allen Idealismus und sie warf sich auf die Wirklichkeit der Dinge.

      „Eberhard,“ sagte sie energisch, „du heiratest mich also nicht?“

      „Nein ich denke nicht daran.“

      „Und wie willst du mich abfinden?“

      Er wurde mokant: „Obwohl du kein Ladenmädel bist, willst du also doch ...“ er brach ab.

      „Ich habe meine Zeit nicht umsonst mit dir verbracht. Und wenn du mir so den Laufpass gibst, mein Lieber, dann sehe ich gar keinen Grund, dir noch freundlich entgegenzukommen.“

      „Hast du die Quittung mitgebracht?“ fragte er ernst.

      „Ich denke, zwanzigtausend wären angemessen.“

      Eberhard verzog den Mund: „Mehr nicht? Aber selbstverständlich …“ verbesserte er sich. „Renate, wir werden das ordnen. Und morgen bist du im Besitze deines Guthabens.“

      Plötzlich schien es so, als ob das Gefühl sie übermanne. Sie wollte Eberhard umarmen, er aber sagte:

      „Mein Kind, du hast in mir heute einen schlechten Partner. Du weisst, ich kann gar nicht schauspielern.“

      Da warf sie sich weinend auf den Sessel und jammerte: „Was hab’ ich dir denn getan …? Was hast du aus mir gemacht …? Dahinter steckt nur ein Weib, eine, die jünger ist als ich, eine, die dich umgarnt ...“

      Und sie stand auf, hob die Hände hoch und schrie:

      „Stoss mich nicht von dir. Sei wieder gut. Ich verachte das Geld, ich will kein Geld, nur dich will ich, dich Eberhard, dich.“

      Er aber kannte seine Pappenheimer, schüttelte das ergraute Haupt und blieb sachlich.

      „Renate, was ich versprochen, werde ich halten. Du wirst endlich zu deinem Auto kommen, und du wirst endlich deine Reise nach Aegypten machen.“

      Da horchte sie auf. Ein wenig geistesabwesend wiederholte sie:

      „Ich werde zu meinem Auto kommen, ja, ja … und ich werde nach Kairo zu den Pyramiden fahren, ja, ja …“

      Eberhard reichte ihr die Hand und sagte ihr Lebewohl.

      „Werde recht glücklich, liebe Renate, und hege keine Feindschaft mir gegenüber.“

      Sie antwortete: „Lieber Freund, du wirst doch aber öfter ins Theater kommen, wenn ich spiele, und du wirst auch nie versäumen, mir bei einer Premiere die zartesten Orchideen zu senden ... du weisst ja, ich liebe Blumen und … und … nimm es mir nicht übel ... ich finde alle Männer über 45 Jahre komisch.“

      Dann war sie verschwunden.

      Eberhard ging zum Schreibtisch, trommelte heftig auf das Holz und dachte:

      „Solche Frauen können im Schluss-Akt doch riesig liebenswürdig werden.“

      Dann lachte er hellauf. „Also mich hat sie fürs komische Fach bestimmt.“

      Eberhard legte immer Wert auf das Dekorum. Seine Braut durfte nicht zu gleicher Zeit seine Hausdame sein. „Das wäre nicht im Sinne der guten Sitte,“ dachte er.

      Erst sollte sie zu ihren Eltern, um dann eines Tages, wenn alles public war, von ihm eingeholt zu werden.

      Nun hatte er alle Musse, über die Zukunft nachzudenken. Der alternde Mann überlegte sich nun alles ganz genau. Jedenfalls war er der Ansicht, dass der Zeiger der Uhr etwas zurückgestellt werde. Er erklärte allen, dass er gerade fünfzig geworden sei, und manchesmal fragte er seine Mitmenschen, ob sie es glaubten, dass er die vierzig schon überschritten habe.

      Zwei Tage später. Brigitte befand sich auf dem Gut ihrer Eltern. Der Vater machte zwar ein bedenkliches Gesicht, als sie ihm erklärte, dass ihr Bräutigam der Herr Generalkonsul wäre, aber ihre Mutter meinte, wenn nur das Herz jung sei. Und Brigitte bestätigte diese Tatsache.

      Das Herz ist nicht nur jung, der Bräutigam sei auch mehr als liebenswert, und vor allem, er sei ein Prachtkerl.

      „Nun,“ sagte der Vater, „dann mag mein Schwiegersohn kommen und sich meinen Segen holen.“

      Plötzlich hatte aber auch er seine Wünsche und Pläne.

      „Siehst du, Brigitte, unser Nachbar möchte sein Gut billig verkaufen, denn er will in die Stadt zurück. Wie wäre es, Brigittchen, wenn der Konsul, dein Bräutigam, mir ein Darlehen darauf gäbe?“

      Brigitte sah ihren Vater entsetzt an. „Papa!“ sagte sie, „wir wollen keine Geschäfte abwickeln, Eberhard wäre grausam enttäuscht über den Schwiegervater, wenn er sofort aus dem Verlöbnis ein business machen wollte. Ich heirate den Mann aus reinem Idealismus.“

      Da bekam der Vater den Husten.

      „Aber Brigitte, Idealismus? Einen Mann heiratest du aus reiner Liebe, der fast sechzig ist? Und du bist doch vierundzwanzig? Mach mir doch keinen Scherz.“ Dann wurde er sehr ernst und entwickelte:

      „Wir leben in einer harten Zeit, und mit unserem Träumen kommen wir nicht weiter. Um uns herum brennt geradezu der Realismus, also mein Kind, nimm Vernunft an, und nutze einmal die Konjunktur, die beste vielleicht in deinem Leben, aus.“

      Da mischte sich die Mutter in das Gespräch, und sie gab ihrer Tochter recht.

      „Nein, Kurt,“ sagte sie, „ich muss meiner Tochter recht geben. Du zerstörst dem Kind alles. Wir wollen auf eigenen Füssen stehen, und sie soll glücklich werden und sich allein ihr Glück ausbauen.“


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