Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Mann ja darunter.«

      »Gebe es Gott.«

      Er schenkte seinem Bruder das Bier ein.

      »Wie geht es denn jetzt mit dem Thomas weiter?« kam er dann auf das leidige Thema zu­rück.

      Max zuckte die Schulter.

      »Ich werd’ ihn vorladen, und dann kann er zur Sache aussagen oder auch net. Jedenfalls muß ich den Fall dann an die Kriminalpolizei weiterleiten, die wiederum die Staatsanwaltschaft einschaltet.«

      Er trank einen Schluck.

      »Es ist schon ärgerlich, daß so etwas Dummes geschehen mußte«, meinte er dann.

      Sebastian konnte ihm nur zustimmen.

      *

      Der Saal vom ›Goldenen Lö­wen‹ war wie leergefegt. Nach dem Unfall mit Anton Bachmeier war den Leuten die Lust auf Musik und Tanz vergangen. Allerdings standen noch etliche im Gast­raum und erhoben ihre Stimmen. Es ging ziemlich laut her, und der einstimmige Tenor war, daß man mit diesem Pack aufräumen müsse.

      Namentlich Wolfgang Herbichler war es, der die Stimmung aufheizte.

      »Wir sollten ihn uns holen«, rief er. »Und dann zeigen wir ihm, wie wir mit seinesgleichen umgehen!«

      Beifall wurde laut, und Stimmen, die seiner Meinung waren.

      »Jawohl, wir dürfen uns net alles gefallen lassen!«

      Und dann wurde schwadroniert, wessen sich die Anderer schon alles schuldig gemacht hätten, Holzdiebstahl, Wilderei, Einbruch, Kirchenraub und jetzt sogar versuchter Mord – das Maß war voll!

      Schnell hatte sich eine Gruppe zusammengefunden, und Wolfgang Herbichler wurde ihr Anführer. Unter lautem Gejohle zogen sie los.

      Die Anderer bewohnten ein altes, baufälliges Tagelöhnerhaus, das am Rande von Sankt Johann stand.

      Niemand wußte so recht, wem es eigentlich gehörte, und so war es auch jedem egal, daß die Familie darin hauste. Die Männer hämmerten gegen die Tür, die bedrohlich lose in den Angeln hing und jeden Moment herauszufallen schien. Sie riefen Thomas’ Namen und schrien und pfiffen durcheinander.

      Nach einer kurzen Weile zeigte sich ein Gesicht in der Tür. Es war Walburga Anderer, Thomas’ Mutter. Abgearbeitet und verhärmt schaute sie aus. Ängstlich sah sie die aufgebrachten Männer an.

      »Was wollt ihr denn?« fragte sie. »Was soll der Lärm?«

      »Deinen Sohn wollen wir«, rief der Herbichler.

      »Der Thomas ist net daheim«, antwortete die Frau.

      Sie fürchtete sich vor den Männern, denn auch Jakob, ihr Mann, war nicht zu Hause. Burgl Anderer wußte nicht, was geschehen war, sie sah nur die Männer und fürchtete sich vor ihnen.

      »Geh’, wir schauen selber nach«, sagte der Anführer der Horde und stieß die Frau beiseite.

      Ohne um Erlaubnis zu fragen, drangen sie in die Tagelöhnerhütte ein und stellten dort alles auf den Kopf. Thomas fanden sie freilich nicht.

      »Wo kann er sein? Wo kann der Kerl sich versteckt haben?«

      Vermutungen wurden laut, hier oder dort, wer konnte es sagen?

      Schließlich fiel das Wort Höllenbruch, und irgend jemand wußte auch von der Hütte, die es dort oben gab.

      Zwei, drei Autos wurden organisiert, und dann fuhren sie los. Nur einer blieb zurück. Langsam wurde sein Kopf wieder klar, und Martin Burger wurde bewußt, daß die Männer im Begriff waren, einen großen Fehler zu machen. Er sah ihnen hinterher, als sie losfuhren, dann lief er, so schnell er konnte, zur Kirche.

      Wenn da noch einer helfen konnte, dann Pfarrer Trenker!

      Noch schneller, als Thomas es geglaubt hatte, fanden sie ihn und Kathie in ihrem Versteck.

      »Schämst du dich net, Madel«, fuhr einer der Männer Kathie an, »dein Verlobter ringt mit dem Tode, und du tust dich mit seinem Mörder zusammen!«

      Katharina rang hilflos die Hände. Ohne eingreifen zu können, mußte sie zusehen, wie die Männer Thomas in Stricke legten und ihn dabei mit Tritten und Hieben traktierten.

      So zerrten sie ihn den Weg hinunter, zu der Stelle, wo sie die Autos abgestellt hatten.

      Sie wollten den Gefesselten eben in einen der Wagen stoßen, als zwei Autoscheinwerfer aufflammten. In ihrer Aufruhr hatten die Männer gar nicht bemerkt, daß noch ein Auto mehr dastand.«

      »Was, in aller Welt, ist bloß in euch gefahren?« vernahmen sie die Stimme ihres Pfarrers.

      Sebastian Trenker stieg aus dem Fahrzeug und ging auf die Gruppe zu. Er zog den Strick von Thomas’ Handgelenken.

      »Ihr seid ja dümmer, als die Polizei erlaubt«, sagte Max kopfschüttelnd, der ebenfalls ausgestiegen war.

      Pfarrer Trenker sah von einem zum anderen, und ihre Köpfe senkten sich unter diesem Blick.

      »Wir wollten bloß, daß der Dieb und Mörder seiner gerechten Strafe zugeführt wird«, sagte Wolfgang Herbichler kleinlaut.

      »Das ist die Sache der Polizei«, fuhr Max ihn an. »Was ihr da macht, ist Freiheitsberaubung, und das ist strafbar. Ich werd’ euch alle anzeigen.«

      Sebastian Trenker hob beinahe hilflos die Hände.

      »Was soll ich bloß mit euch anfangen«, sagte er dann

      »Selbstjustiz ist das Schlimmste, was man sich denken kann. Sie ist der Anfang von Anarchie und der Untergang von Recht und Gesetz. Wir alle können uns glücklich schätzen, daß wir in einer Demokratie leben, in der auch der Grundsatz gilt, daß niemand für etwas bestraft werden darf, bevor nicht seine Schuld einwandfrei bewiesen ist.«

      Er dachte an Martin Burger und war dem Burschen dankbar, daß er ihn und Max rechtzeitig alarmiert hatte.

      Rechtzeitig, bevor Schlimmeres geschehen war.

      »Ihr könnt euch bei einem eurer Spezie bedanken, daß wir euch von etwas abhalten konnten, das ihr morgen vielleicht schon bereut hättet«, sagte er dann. »Und jetzt seht zu, daß ihr nach Hause kommt.«

      Betroffen setzten sich die Männer in die Wagen und fuhren ab. Sebastian und Max Trenker sahen ihnen hinterher. Dann wandten sie sich an Thomas und Katharina, die, eng umschlungen, beiseite standen.

      »Also, Thomas, erst mal laß dir gesagt sein, daß der Anton lebt. Er ist zwar verletzt, aber du bist kein Mörder, wie du vielleicht geglaubt hast«, teilte Sebastian ihnen mit.

      Thomas atmete erleichtert auf, und das Madel drückte sich an ihn.

      »Trotzdem kannst du dich in dieser Sache noch auf etwas gefaßt machen«, warf Max ein. »Der alte Bachmeier hat Anzeige gegen dich erstattet, und du kommst zumindest wegen Körperverletzung dran.«

      Er hob die Hände, als Thomas protestieren wollte.

      »Wer weiß, vielleicht erkennt der Richter auf Notwehr, und es wird halb so schlimm«, fuhr er fort. »Jedenfalls kommst’ am Montag in mein Büro, dann nehmen wir ein Protokoll auf.«

      Thomas nickte und schaute dann Sebastian an.

      »Danke, Hochwürden«, sagte er leise.

      »Schon gut«, antwortete Sebastian Trenker. »Allerdings würd’ ich mir wünschen, dich öfter mal und unter anderen Umständen zu treffen. In der Kirche nämlich.«

      Thomas nickte.

      »Ich weiß, ich bin gewiß kein eifriger Kirchgänger.«

      Er schaute auf Kathie, die er immer noch in den Armen hielt.

      »Aber, das wird sich ändern«, meinte er dann. »So wie sich vieles ändern wird.«

      »Ihr mögt euch wohl sehr, was, ihr beiden?«

      Beide strahlten den Pfarrer


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