Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ihrem Vater und mir dunkel.«

      »Und meine theuerste Cora, Duncan; gewiß ist Cora nicht vergessen worden?«

      »Nicht vergessen! nein, sie ist bemitleidet, betrauert worden, wie selten ein Mädchen zuvor. Ihr ehrwürdiger Vater kannte keinen Unterschied zwischen seinen Kindern; aber ich – Alice, Sie werden mir vergeben, wenn ich sage, daß für mich ihr Werth in etwas verdunkelt – « »Dann haben Sie den Werth meiner Schwester nicht kennen gelernt,« sprach Alice, ihre Hand zurückziehend, »sie spricht immer von Ihnen, als von ihrem theuersten Freunde,«

      »Mit Freude darf ich sie dafür halten,« versetzte Duncan hastig, »ich wünschte, sie wäre es mir in noch höherem Grade; aber mit Ihnen, Alice, darf ich nach Ihres Vaters Erlaubniß noch auf ein näheres, theureres Band hoffen.«

      Alice zitterte heftig und wandte ihr Gesicht einen Augenblick bei Seite, einer ihrem Geschlechte so natürlichen Empfindung nachgebend: doch bald schwand dieser Eindruck und sie war wieder Herrin ihrer Fassung, wenn nicht ihrer Gefühle.

      »Heyward,« sprach sie, ihn mit einem rührenden Ausdruck von Unschuld und Vertrauen anblickend, »geben Sie mir die heilige Gegenwart und die Einwilligung meines ehrwürdigen Vaters, bevor Sie weiter in mich dringen,«

      »Mehr durfte und weniger konnte ich nicht sagen,« war der Jüngling im Begriff zu antworten, als ihn ein leichter Schlag auf seine Schulter unterbrach. Er sprang auf, wandte sich gegen den Eindringling, und seine Blicke fielen auf die dunkle Gestalt und das boshafte Gesicht Magua’s. Das gedämpfte Lachen aus der Kehle des Wilden tönte in einem solchen Augenblick für Duncan wie der höllische Hohn eines Dämons. Wäre er dem ungestümen, heftigen Drange des Augenblicks gefolgt, so hätte er sich auf den Huronen geworfen, und sein Schicksal dem Ausgang eines Kampfes um Leben und Tod anvertraut. Da er aber keine Waffen hatte und nicht wußte, welche Hülfe dem listigen Feind noch zu Gebote stehe – da er zudem für die Sicherheit eines Wesens zu wachen hatte, das eben jetzt seinem Herzen theurer als je geworden war, gab er diesen verzweifelten Entschluß eben so schnell auf, als er ihn gefaßt hatte,

      »Was hast Du vor?« fragte Alice, ihre Hände sanft auf ihrer Brust kreuzend, während sie damit kämpfte, die tödtliche Angst für Heyward in dem fernehaltenden und kalten Benehmen zu verbergen, womit sie ihren Sieger bei jedem Besuche zu empfangen pflegte.

      Der triumphirende Indianer hatte seine strenge Haltung wieder angenommen, zog sich aber vor den drohenden Blicken aus dem feurigen Auge des jungen Mannes vorsichtig zurück. Er betrachtete beide Gefangene eine Weile mit festem Blicke, trat dann bei Seite und wälzte ein Stück Holz vor eine andere Thüre, als die, durch welche Duncan eingetreten war. Dieser begriff jetzt die Art des Ueberfalls, und da er sich unrettbar verloren glaubte, zog er Alice an seine Brust, und stand bereit, sich einem Schicksal zu unterwerfen, das ihm sehr nahe ging, da er es in solcher Gesellschaft erleiden sollte. Magua sann aber nicht auf augenblickliche Gewaltthat: seine ersten Maaßregeln gingen nur dahin, sich seines neuen Gefangenen zu versichern, ja er warf nicht einmal einen Blick weiter auf die regungslosen Gestalten in der Mitte der Höhle, bis jede Möglichkeit, durch die geheime Pforte, zu entfliehen, die er benützt hatte, abgeschnitten war. Heyward blieb ein aufmerksamer Beobachter aller seiner Bewegungen, ruhig da stehend, indem er die zarte Gestalt Alicens an sein Herz gedrückt hielt, zu stolz und zu hoffnungslos, einen so oft überwundenen Feind um Schonung anzustehen. Als Magua seine Vorkehrungen getroffen, näherte er sich den Gefangenen und sagte in englischer Sprache:

      »Die Blaßgesichter fangen die schlauen Biber; die Rothhäute aber wissen, wie man die Yengeese fängt.«

      »Hurone, thue, was Du kannst!« rief der aufgereizte Heyward, vergessend, daß er jetzt zwei Leben auf’s Spiel setzte. »Ich verachte Dich, wie Deine Rache!«

      »Wird der weiße Mann auch am Pfahle so sprechen?« fragte Magua, seine Worte mit einem Hohnlächeln begleitend, das zeigte, wie wenig Glauben er in diesen Entschluß des Andern habe. »Hier, Dir dem Einzelnen in’s Gesicht und in Gegenwart Deines Stammes!«

      »Le Renard Subtil ist ein großer Häuptling!« erwiederte der Indianer, »er wird seine jungen Leute herbeiholen, damit sie sehen, wie standhaft ein Blaßgesicht Martern verlachen kann.«

      Mit diesen Worten wandte er sich ab und war im Begriff, durch den Gang, durch welchen Duncan gekommen war, sich zu entfernen, als ein Brummen sein Ohr traf und ihn etwas zögern ließ. Die Gestalt des Bären erschien jetzt unter der Thüre, setzte sich nieder und wiegte sich wieder mit gewohnter Beweglichkeit. Magua betrachtete ihn, wie der Vater der kranken Frau, einen Augenblick scharf, als wollte er sich über seine wahre Natur in’s Klare setzen. Ueber den gewöhnlichen Aberglauben seines Stammes weit erhaben, unterschied er bald die wohlbekannte Maske des Beschwörers und wollte in kalter Verachtung an ihm vorübergehen. Doch ein lauteres und drohenderes Brummen desselben veranlaßte ihn noch einmal stille zu stehen; endlich aber schien er entschlossen, sich durch die Posse nicht länger aufhalten zu lassen und ging festen Schrittes weiter. Der kunstfertige Bär, welcher vorgetreten war, zog sich langsam vor ihm zurück, bis an den Eingang, wo er sich auf seine Hinterbeine stellte und nach der Weise seines Vorbildes in der Thierwelt mit den Tatzen in der Luft herum schlug,

      »Narr!« rief der Häuptling auf Huronisch, »geh’, spiele mit Kindern und Weibern, und mache Dich nicht an weise Männer!«

      Noch einmal versuchte er, an dem vermeintlichen Charlatan vorbeizukommen, indem er selbst eine Scheindrohung mit dem Messer oder dem Tomahawk verschmähte, der an seinem Gürtel hing. Plötzlich aber streckte das Thier seine Arme oder vielmehr Füße aus und umschloß ihn mit einer Gewalt, die sich selbst mit der des weitberühmten Riesenbären hätte messen dürfen. Duncan war allen Bewegungen Hawk-eye’s mit athemloser Erwartung gefolgt. Er ließ zuerst Alice los, haschte dann nach einem Riemen von Bocksleder, der um einen Bündel geschnürt gewesen war, und stürzte, als er seinen Feind beide Arme an die Seite gepreßt von den eisenfesten Muskeln des Kundschafters umschlungen sah, auf Magua zu, ihn festzubinden. Schneller, als wir es erzählen, hatte er ihm Arme, Beine und Füße zwanzigfach mit den Riemen umzogen. Als der furchtbare Hurone so ganz und gar gefesselt war, ließ der Kundschafter seine Beute los und Duncan legte seinen Feind, völlig hülflos, auf den Rücken.

      Während dieser plötzlichen und unerwarteten Operation hatte Magua nicht den leisesten Ruf von sich gegeben, obwohl er sich mit Leibeskraft sträubte, bis er überzeugt war, daß er sich in den Händen eines Mannes von weit stärkeren Muskeln befinde. Als aber Hawk-eye, um sein Verfahren in Kürze zu erklären, die zottigen Bärenkinnbacken bei Seite schob, und sein eigenes, finsteres und rauhes Antlitz den Blicken des Gegners wies, war die Philosophie des Huronen so weit aus dem Feld geschlagen, daß er das nie fehlende »Hugh!« ausstieß.

      »Ja, nun bist Du wieder Deiner Zunge mächtig!« sprach der unerschütterte Sieger, »damit Du sie aber nicht zu unserem Verderben gebrauchst, muß ich mir erlauben, Dir den Mund zu stopfen.«

      Da keine Zeit zu verlieren war, so machte sich der Kundschafter sogleich herbei, diese nöthige Vorsichtsmaßregel in’s Werk zusetzen; und nachdem er den Indianer geknebelt hatte, schien dieser mit allem Fug als kampfunfähig betrachtet werden zu dürfen.

      »Wo kam der Schurke herein?« fragte der emsige Kundschafter, als er sein Werk vollendet hatte. »Seit Ihr mich verlassen habt, ist nicht eine Seele an mir vorbei gekommen,«

      Duncan wies auf die Thür, durch welche Magua seinen Eingang genommen hatte: der Rückzug durch sie bot aber jetzt zu viele Hindernisse dar.

      »So kommt mit dem Mädchen,« fuhr sein Freund fort, »wir müssen versuchen, durch den andern Ausgang in den Wald zu gelangen!«

      »Es ist unmöglich!« entgegnete Duncan, »die Furcht hat sie bewältigt. Sie kann sich keine Hülfe geben. Alice, meine süße, meine einzige Alice, raffe Dich auf! jetzt ist der Augenblick zur Flucht! – Es ist umsonst. Sie hört uns, ist aber unvermögend zu folgen. Geht, edler, würdiger Freund! Rettet Euch und überlasset mich meinem Schicksal!«

      »Jede Fährte hat ihr Ende und jedes Unglück gibt eine Lehre!« entgegnete der Kundschafter. »Da, wickelt sie in diese Indianerkleidung, doch so, daß ihre kleine Gestalt ganz unsichtbar


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