Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
serr schön.«
»Ich dachte mir’s, daß der Monschür so sagen würde. Der letzte Sirup, den wir von Euch hatten, war ausgezeichnet gut. Es wird davon wohl noch mehr zu haben sein?«
»Ah! oui, ja, Sir«, entgegnete Monsieur Le Quoi mit einem leichten Achselzucken und einer nichtssagenden Gebärde, »es gibt noch mehr. Ich fühl mich serr glücklich, daß er is nach Ihr Geschmack. Ich hoffe, daß Madame Dolicht sich befind wohl?«
»Wenigstens rührig genug«, erwiderte Hiram. »Hat der Squire die Pläne für das Innere des Hauses noch nicht beendigt?«
»Nein – nein – nein«, versetzte Richard rasch, indem er jedoch zwischen jeder Verneinung eine bedeutungsvolle Pause machte. »Das fordert Nachdenken. Es gibt viel Raum auszufüllen, und ich fürchte, wir werden nicht wissen, wie er vorteilhaft verwendet wird. Wir haben einen großen freien Platz um die Kanzel herum, die ich übrigens nicht an der Wand anzubringen beabsichtige wie ein Schilderhaus an der Seite eines Forts.«
»In der Regel wird der Stuhl des Hilfsgeistlichen unter der Kanzel angebracht«, sagte Hiram. Dann aber fügte er, als hätte er sich bereits zuviel herausgenommen, bei: »Doch jedes Land hat seine besondere Sitte.«
»Da haben Sie recht«, rief Benjamin. »So kann man zum Beispiel an der Küste von Spanien und Portugal an jeder Ecke ein Nonnenkloster sehen, das mehr Türme und Wetterfahnen hat, als man an Bord eines dreimastigen Schoners Stengen findet. Wenn man einmal eine gutgebaute Kirche will, so ist es im Grunde doch am besten, in Altengland die Modelle zu holen, und sich nach der dortigen Sitte zu richten. Die Paulskirche habe ich freilich nie gesehen, weil sie von der Ratcliffestraße und von den Docks zu entfernt liegt; doch weiß jedermann, daß es das herrlichste Gebäude der Art in der ganzen Welt ist. Was übrigens unsere Kirche hier betrifft, so will ich nicht gerade sagen, daß sie der dortigen nachsteht: denn ich glaube nicht, daß sie ihr an einem Ende so ähnlich sieht wie der Schwertfisch einem grönländischen Walfisch, und doch liegt hier der ganze Unterschied nur in der Größe. Monschür Ler Quaw hier hat sich in fremden Ländern umgesehen, und obgleich dies etwas anderes ist, als wenn man immer zu Hause bleibt, muß er doch in Frankreich auch Kirchen gesehen haben und sich daher einen kleinen Begriff davon machen können, was eigentlich zu einer Kirche gehört. Ich frage daher den Monschür, ob sie nicht ein ganz hübsches kleines Ding ist.«
»Es is serr geeignet für die Umständ«, sagte der Franzose – »sehr viel Umsicht – aber es gibt in die katholische Land, daß sie bau die – wie heißt’s – a – a – a la grande Cathédrale – die groß Dom. Saint Paul à Londres is serr schön – très belle, tres grande– was sie nenn groß; aber Monsieur Ben, pardonnez-moi, sie is nich so viel wie Notre Dame.«
»Ah, Monschür, was sagen Sie da!« rief Benjamin – »die Sankt Paulskirche nicht soviel wie ein Damm? Vielleicht glauben Sie auch, der königliche Billy sei kein so gutes Schiff wie der Billy von Paris? Und doch schmiert er zwei solche aus, sei das Wetter, wie es wolle.«
Da Benjamin eine ziemlich drohende Stellung angenommen hatte und mit seiner Hand, an der er ein Überbein, halb so groß wie Monsieur Le Quois Kopf hatte, in der Luft umherfuchtelte, so hielt es Richard für notwendig, sein Ansehen geltend zu machen.
»Still, Benjamin, still!« sagte er, »Ihr habt Monsieur Le Quoi nicht recht verstanden und vergeßt Euch. – Doch da kommt Herr Grant. Gehen wir hinein, ehe der Gottesdienst anfängt!«
Der Franzose, welcher Benjamins Erwiderung in der humoristischen Weise des guten Tones hingenommen hatte, die kein anderes Gefühl als das des Mitleids mit der Unwissenheit in ihm aufkommen ließ, verbeugte sich zustimmend und folgte seinem Begleiter.
Hiram und der Majordomo bildeten den Nachtrab. Letzterer brummte übrigens noch, als er das Bethaus betrat:
»Wenn der König von Frankreich eine Residenz hat, die sich mit Sankt Paul messen kann, so will ich sie fressen. Nein, es ist mehr, als Fleisch und Blut ertragen kann, wenn ein Franzose so abfällig über eine englische Kirche spricht. Squire Doolittle, ich habe einmal zwei von ihnen an einem Tage auspeitschen helfen – hübsch gebaute, nette Fregatten mit stehenden Bramsegeln und neumodischem Geschütz vor ihren Pforten – mein Seel, wenn sie nur Engländer an Bord gehabt hätten, sie hätten’s mit dem Teufel aufnehmen können.«
Mit diesen ominösen Schlußworten im Munde trat Benjamin in die Kirche.
XI
Und Toren, nur der Spottlust wegen hier
Ergriff der Andacht heilige Gewalt.
Goldsmit)
Ungeachtet Richards und Benjamins vereinter Bemühungen war der Raum immer noch ein äußerst schmuckloser Tempel. Roh gezimmerte und äußerst unbequeme Bänke standen in Reihen da, um die christliche Versammlung aufzunehmen, während in der Mitte der Seitenwand ein schlechter, unbemalter Kasten stand, der die Kanzel vorstellen sollte. Eine Art Lesepult befand sich an der vordern Seite dieser Rednerbühne, und ein kleiner, mit schneeweißer Damastleinwand bedeckter Mahagonitisch aus dem Hause des Richters stand ein wenig seitlich, um die Stelle eines Altars zu vertreten. Fichten-und Tannenzweige staken in den Ritzen ringsum, die sich allenthalben in dem zur Unzeit gefällten und hastig zusammengesetzten Holzwerk des Gebäudes und der Kirchenstühle zeigten, während Girlanden und hieroglyphische Bilder in üppiger Verschwendung die rauh beworfenen braunen Wände bedeckten. Da der Raum nur durch zehn oder fünfzehn armselige Talglichter erleuchtet war und die Fenster noch der Scheiben entbehrten, so wäre es allerdings nur ein trauriger Ort für die Feier des Christabends gewesen, hätten ihm nicht die großen Feuer, die an allen Enden flackerten, durch ihr Licht, welches sie auf das Buschwerk und die Gesichter warfen, ein behagliches Aussehen gegeben.
Beide Geschlechter waren durch einen Quergang unmittelbar vor der Kanzel getrennt, an dessen Seiten die Hauptpersonen des Dorfs und der Umgegend ihre Sitze hatten. Diese Auszeichnung war jedoch eher die Folge eines freiwilligen Zurücktretens der ärmeren und anspruchsloseren Bevölkerungsklasse als ein Recht, welches die vom Glück Begünstigteren beanspruchen konnten. Die eine Bank wurde von Richter Temples Gesellschaft, einschließlich seiner Tochter, besetzt, und mit Ausnahme des Doktor Todd schien niemand geneigt zu sein, sich dem Vorwurf des Stolzes auszusetzen, indem er nach einem der Sitze getrachtet hätte, die buchstäblich die höchsten des Gotteshauses waren.
Richard nahm in der Eigenschaft eines Küsters den Platz hinter einem anderen Tisch ein, während Benjamin, nachdem er den Feuern einige Holzblöcke zugelegt hatte, sich in seiner Nähe aufpflanzte, um jeden Augenblick bereit zu sein, falls seine Beihilfe für nötig erachtet werde.
Wir kämen zu weit von unserem Thema ab, wenn wir es versuchen wollten, eine Beschreibung der ganzen Gemeinde zu geben, da die Anzüge ebenso verschieden wie die Individuen waren. Nur einzelne Artikel von mehr als gewöhnlicher Schönheit – vielleicht Überbleibsel aus früheren Tagen – ließen sich neben dem groben Anzug der Wälder an den meisten Frauen erblicken. Die eine trug ein verschossenes seidenes Kleid, das wenigstens schon drei Generationen durchgemacht hatte, über schwarzen grobwollenen Strümpfen, die andere einen Schal, dessen Farben so zahlreich waren wie die des Regenbogens, über einem schlecht zugeschnittenen Kleid von rohem, braunem selbstgewirktem Stoff. Mit einem Wort, jede trug einen Lieblingsschmuck zur Schau, und sowohl Männer als Frauen erschienen in ihrem besten Anzug, wozu übrigens bei beiden Geschlechtern vorzugsweise die eigene Hausindustrie den Stoff geliefert hatte. Ein einziger Mann kam in der Uniform eines Artilleristenfreikorps, bei welchem er früher in den Küstengegenden gedient hatte, – wahrscheinlich aus keinem andern Grunde, als weil sie seine beste Kleidung war. Mehrere, zumal die jüngeren Männer, trugen blaue Beinkleider mit roten Seitenstreifen aus Tuch, sie gehörten zu Templetons leichter Infanterie und wollten wohl zeigen, daß sie nicht bloß Hausleinwand, sondern auch gekaufte Kleider hätten. Auch war ein Mann in einem schneeweißen und mit Falten versehenen sogenannten Überhemd zugegen, bei dessen Anblick einen schon ein Frostschauder überlief, obgleich