Friedrich Schiller: Philosophische Werke. Friedrich Schiller

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einen Antheil, als ihre Darstellung, d. i. ihr Ausdruck in der Erscheinung, zugleich mit den Bedingungen zusammentrifft, unter welchen das Schöne sich in der Sinnenwelt erzeugt. Die Schönheit selbst nämlich muß jederzeit ein freier Natureffekt bleiben, und die Vernunftidee, welche die Technik des menschlichen Baues bestimmte, kann ihm nie Schönheit ertheilen, sondern bloß gestatten.

      Man könnte mir zwar einwenden, daß überhaupt alles, was in der Erscheinung sich darstellt, durch Naturkräfte ausgeführt werde, und daß dieses also kein ausschließendes Merkmal des Schönen sein könne. Es ist wahr, alle technischen Bildungen sind hervorgebracht durch Natur, aber durch Natur sind sie nicht technisch, wenigstens werden sie nicht so beurtheilt. Technisch sind sie nur durch den Verstand, und ihre technische Vollkommenheit hat also schon Existenz im Verstande, ehe sie in die Sinnenwelt hinübertritt und zur Erscheinung wird. Schönheit hingegen hat das ganz Eigentümliche, daß sie in der Sinnenwelt nicht bloß dargestellt wird, sondern auch in derselben zuerst entspringt; daß die Natur sie nicht bloß ausdrückt, sondern auch erschafft. Sie ist durchaus nur eine Eigenschaft des Sinnlichen, und auch der Künstler, der sie beabsichtet, kann sie nur in so weit erreichen, als er den Schein unterhält, daß die Natur gebildet habe.

      Die Technik des menschlichen Baues zu beurtheilen, muß man die Vorstellung der Zwecke, denen sie gemäß ist, zu Hilfe nehmen; dies hat man gar nicht nöthig, um die Schönheit dieses Baues zu beurtheilen. Der Sinn allein ist hier ein völlig kompetenter Richter, und dies könnte er nicht sein, wenn nicht die Sinnenwelt (die sein einziges Objekt ist) alle Bedingungen der Schönheit enthielte und also zu Erzeugung derselben vollkommen hinreichend wäre. Mittelbar freilich ist die Schönheit des Menschen in dem Begriff seiner Menschheit gegründet, weil seine ganze sinnliche Natur in diesem Begriffe gegründet ist; aber der Sinn, weiß man, hält sich nur an das Unmittelbare, und für ihn ist es also gerade so viel, als wenn sie ein ganz unabhängiger Natureffekt wäre.

      Nach dem Bisherigen sollte es nun scheinen, als wenn die Schönheit für die Vernunft durchaus kein Interesse haben könnte, da sie bloß in der Sinnenwelt entspringt und sich auch nur an das sinnliche Erkenntnißvermögen wendet. Denn nachdem wir von dem Begriff derselben, als fremdartig, abgesondert haben, was die Vorstellung der Vollkommenheit in unser Urtheil über die Schönheit zu mischen kaum unterlassen kann, so scheint dieser nichts mehr übrig zu bleiben, wodurch sie der Gegenstand eines vernünftigen Wohlgefallens sein könnte. Nichtsdestoweniger ist es eben so ausgemacht, daß das Schöne der Vernunft gefällt, als es entschieden ist, daß es auf keiner solchen Eigenschaft des Objektes beruht, die nur durch Vernunft zu entdecken wäre.

      Um diesen anscheinenden Widerspruch aufzulösen, muß man sich erinnern, daß es zweierlei Arten gibt, wodurch Erscheinungen Objekte der Vernunft werden und Ideen ausdrücken können. Es ist nicht immer nöthig, daß die Vernunft diese Ideen aus den Erscheinungen herauszieht; sie kann sie auch in dieselben hineinlegen. In beiden Fällen wird die Erscheinung einem Vernunftbegriff adäquat sein, nur mit dem Unterschied, daß in dem ersten Fall die Vernunft ihn schon objektiv darin findet und ihn gleichsam von dem Gegenstand nur empfängt, weil der Begriff gesetzt werden muß, um die Beschaffenheit und oft selbst um die Möglichkeit des Objekts zu erklären; daß sie hingegen in dem zweiten Fall das, was unabhängig von ihrem Begriff in der Erscheinung gegeben ist, selbstthätig zu Deinem Ausdruck desselben macht und also etwas bloß Sinnliches übersinnlich behandelt. Dort ist also die Idee mit dem Gegenstand objektiv nothwendig, hier hingegen höchstens subjektiv nothwendig verknüpft. Ich brauche nicht zu sagen, daß ich jenes von der Vollkommenheit, dieses von der Schönheit verstehe.

      Da es also in dem zweiten Fall in Ansehung des sinnlichen Objektes ganz und gar zufällig ist, ob es eine Vernunft gibt, die mit der Vorstellung desselben eine ihrer Ideen verbindet, folglich die objektive Beschaffenheit des Gegenstandes von dieser Idee als völlig unabhängig muß betrachtet werden, so thut man ganz recht, das Schöne, objektiv, auf lauter Naturbedingungen einzuschränken und es für einen bloßen Effekt der Sinnenwelt zu erklären. Weil aber doch – auf der andern Seite – die Vernunft von diesem Effekt der bloßen Sinnenwelt einen transscendenten Gebrauch macht und ihm dadurch, daß sie ihm eine höhere Bedeutung leiht, gleichsam ihren Stempel aufdrückt, so hat man ebenfalls recht, das Schöne, subjektiv, in die intelligible Welt zu versetzen. Die Schönheit ist daher als die Bürgerin zweier Welten anzusehen, deren einer sie durch Geburt, der andern durch Adoption angehört; sie empfängt ihre Existenz in der sinnlichen Natur und erlangt in der Vernunftwelt das Bürgerrecht. Hieraus erklärt sich auch, wie es zugeht, daß der Geschmack, als ein Beurtheilungsvermögen des Schönen, zwischen Geist und Sinnlichkeit in die Mitte tritt und diese beiden einander verschmähenden Naturen zu einer glücklichen Eintracht verbindet – wie er dem Materiellen die Achtung der Vernunft, wie er dem Rationalen die Zuneigung der Sinne erwirbt – wie er Anschauungen zu Ideen adelt und selbst die Sinnenwelt gewissermaßen in ein Reich der Freiheit verwandelt.

      Wiewohl es aber – in Ansehung des Gegenstandes selbst – zufällig ist, ob die Vernunft mit der Vorstellung desselben eine ihrer Ideen verbindet, so ist es doch – für das vorstellende Subjekt – nothwendig, mit einer solchen Vorstellung eine solche Idee zu verknüpfen. Diese Idee und das ihr korrespondierende sinnliche Merkmal an dem Objekte müssen mit einander in einem solchen Verhältniß stehen, daß die Vernunft durch ihre eignen unveränderlichen Gesetze zu dieser Handlung genöthigt wird. In der Vernunft selbst muß also der Grund liegen, warum sie ausschließend nur mit einer gewissen Erscheinungsart der Dinge eine bestimmte Idee verknüpft, und in dem Objekte muß wieder der Grund liegen, warum es ausschließend nur diese Idee und keine andre hervorruft. Was für eine Idee das nun sei, die die Vernunft in das Schöne hineinträgt, und durch welche objektive Eigenschaft der schöne Gegenstand fähig sei, dieser Idee zum Symbol zu dienen – dies ist eine viel zu wichtige Frage, um hier bloß im Vorübergehen beantwortet zu werden, und deren Erörterung ich also auf eine Analytik des Schönen verspare.

      Die architektonische Schönheit des Menschen ist also, auf die Art, wie ich eben erwähnte, der sinnliche Ausdruck eines Vernunftbegriffs; aber sie ist es in keinem andern Sinne und mit keinem größern Rechte, als überhaupt jede schöne Bildung der Natur. Dem Grade nach übertrifft sie zwar alle andern Schönheiten, aber der Art nach steht sie in der nämlichen Reihe mit denselben, da auch sie von ihrem Subjekte nichts, als was sinnlich ist, offenbart und erst in der Vorstellung eine übersinnliche Bedeutung empfängt. Daß die Darstellung der Zwecke am Menschen schöner ausgefallen ist, als bei andern organischen Bildungen, ist als eine Gunst anzusehen, welche die Vernunft, als Gesetzgeberin des menschlichen Baues, der Natur als Ausrichterin ihrer Gesetze erzeigte. Die Vernunft verfolgt zwar bei der Technik des Menschen ihre Zwecke mit strenger Nothwendigkeit, aber glücklicher Weise treffen ihre Forderungen mit der Nothwendigkeit der Natur zusammen, so daß die letztere den Auftrag der erstern vollzieht, indem sie bloß nach ihrer eigenen Neigung handelt.

      Dieses kann aber nur von der architektonischen Schönheit des Menschen gelten, wo die Naturnothwendigkeit durch die Nothwendigkeit des sie bestimmenden teleologischen Grundes unterstützt wird. Hier allein konnte die Schönheit gegen die Technik des Baues berechnet werden, welches aber nicht mehr statt findet, sobald die Nothwendigkeit nur einseitig ist und die übersinnliche Ursache, welche die Erscheinung bestimmt, sich zufällig verändert. Für die architektonische Schönheit des Menschen sorgt also die Natur allein, weil ihr hier, gleich in der ersten Anlage, die Vollziehung alles Dessen, was der Mensch zu Erfüllung seiner Zwecke bedarf, einmal für immer von dem schaffenden Verstand übergeben wurde und sie also in diesem ihrem organischen Geschäft keine Neuerung zu befürchten hat.

      Der Mensch aber ist zugleich eine Person, ein Wesen also, welches selbst Ursache, und zwar absolut letzte Ursache seiner Zustände sein, welches sich nach Gründen, die es auf sich selbst nimmt, verändern kann. Die Art seines Erscheinens ist abhängig von der Art seines Empfindens und Wollens, also von Zuständen, die er selbst in seiner Freiheit, und nicht die Natur nach ihrer Nothwendigkeit bestimmt.

      Wäre der Mensch bloß ein Sinnenwesen, so würde die Natur zugleich die Gesetze geben und die Fälle der Anwendung bestimmen; jetzt theilt sie das Regiment mit der Freiheit, und obgleich ihre Gesetze Bestand haben, so ist es nunmehr doch der Geist, der über die Fälle entscheidet.

      Das Gebiet des Geistes erstreckt sich so weit, als die Natur lebendig ist, und endigt nicht eher,


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