TRIXIE. Dean Koontz

TRIXIE - Dean Koontz


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      Der unheimliche Augenblick, um den sich die ganze Geschichte dreht

      Der für diese Geschichte wesentliche unheimliche Moment tritt an einem Abend vor mehr als zehn Jahren ein.

      Trixie, einen drei Jahre alten Golden Retriever, außergewöhnlich schön und wunderbar gebaut, haben wir im vergangenen September zu uns genommen. Sie ist jetzt seit mehr als drei Monaten bei meiner Frau Gerda und mir. Sie ist fröhlich, liebevoll, intelligent und hat bemerkenswert gute Manieren. Außerdem verfügt sie über mehr Selbstbeherrschung, als ich bei einem Hund jemals für möglich gehalten hätte. Schon jetzt – und unerwartet – hat sie mich in menschlicher Hinsicht und in meiner Eigenschaft als Schriftsteller verändert. Erst nach und nach werde ich begreifen, worin diese Veränderungen bestehen und wohin sie mich führen werden.

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      Januar 1999.

      Unser erstes Haus in Newport Beach, in der Nachbarschaft Harbor Ridge genannt, hat im ersten Stock einen ungewöhnlich langen Gang, eigentlich eine offene Empore, von der man auf die Diele im Erdgeschoss hinunterblicken kann. Da dieser Gang mit Teppichboden ausgekleidet ist und den Hundepfoten daher gute Bodenhaftung bietet, außerdem nichts Zerbrechliches an den Wänden steht, spiele ich dort oft mit Trixie, wenn das Wetter sich verschlechtert hat, und an kühlen Winterabenden, wenn die Sonne früh untergeht.

      Anfangs warf ich einen Ball und manchmal ein Kong-Spielzeug den Gang entlang. Das Spielzeug war etwa fünfzehn Zentimeter lang, bestand aus Hartgummi und hatte in der Mitte eine knapp zweieinhalb Zentimeter breite Öffnung. Dort konnte man eine Mischung aus Erdnussbutter und Trockenfutter hineinstopfen und den Hund damit angeblich mindestens eine Stunde lang beschäftigen. Ich probierte es zweimal aus, doch Trixie schaffte es, die leckere Mischung innerhalb von fünf Minuten aus dem Kong herauszuklauben – weniger Zeit, als ich zur Zubereitung und zum Einfüllen der Mischung gebraucht hatte.

      Eines Abends hüpfte das Gummispielzeug wild durch den Gang und krachte mit solcher Wucht in ein kleines Ölgemälde hinein, dass die Leinwand einen Riss bekam. Es war ein sehr altes Gemälde, das Gerda besonders gut gefiel.

      Als sie den Schaden wenige Tage später bemerkte, legte ich sofort eine Beichte ab: »Das war der Hund!«

      »Selbst wenn sich Trixie auf die Hinterbeine stellt und aufrichtet, ist sie nicht groß genug, um so etwas zu schaffen«, erwiderte Gerda.

      Im Vertrauen auf meine unwiderlegbare Logik entgegnete ich: »Der Hund war auf dem Gang, als es passierte. Auch das Kong-Spielzeug war dort. Das Spielzeug gehört dem Hund. Der Hund wollte spielen. Wenn der Hund nicht so goldig wäre, hätte ich gar nicht mit ihm spielen wollen. Gang, Kong-Spielzeug, goldiger Hund, Spiel: Da musste das Gemälde zwangsläufig Schaden nehmen.«

      »Du behauptest also, der Hund sei schuld, weil er so goldig ist.«

      Ich konnte nicht zulassen, dass Gerda meine wohlüberlegte Stellungnahme so kleinlich auseinandernahm, und griff deshalb auf meine zusätzlich vorbereitete Erklärung zurück. »Außerdem mag es zwar sein, dass Trixie für so was nicht groß genug ist, aber sie weiß, wo wir den Tritthocker aufbewahren.«

      Und da der Hund nun mal das Gemälde beschädigt hatte, konnten wir den Gummi-Kong bei späteren Spielen im Gang nicht mehr benutzen. Und ich durfte nun auch den Tennisball nicht mehr werfen, sondern nur noch den Gang entlang rollen.

      Ich erklärte Trixie die neuen Regeln, wobei sie eine traurige Miene zog. »Ich erteile dir gerade eine wertvolle Lektion«, schloss ich meinen kleinen Vortrag. »Weißt du, sicher hättest du deinen guten Ruf nicht befleckt, wärst du sofort nach der Beschädigung des Bildes zu deinem Frauchen gelaufen und hättest die Verantwortung dafür übernommen.«

      Den neuen Regeln entsprechend ließ ich den Tennisball jetzt stets mit einer schnellen Drehung meines Handgelenks losflitzen, damit er den Schwung bekam, durch den ganzen Gang zu rollen. Trixie hechtete hinterher und fing ihn entweder gegen Ende seiner Reise ein oder schnappte sich den Ball aus der Luft, wenn er vom Bein eines Wandtischchens abprallte und zu entkommen drohte. Prompt apportierte sie ihn, und ich schleuderte ihn unverzüglich wieder weg.

      Nach zwanzig Minuten bebten ihren Flanken und sie ließ die Zunge heraushängen. Obwohl sie den Tennisball nach wie vor als unvergleichlich kostbaren Schatz betrachtete, war sie nun bereit, ihn mir für kurze Zeit anzuvertrauen.

      Während wir, die Köpfe einander zugewandt, auf dem Fußboden lagen, hechelte Trixie und ich streichelte ihr üppiges goldenes Fell, damit sie verschnaufen konnte.

      Von der ersten Woche an, in der Trixie in unser Leben trat, verbrachten wir fast jeden Tag eine Weile damit, uns zusammen auf den Boden zu legen. Ich fand das entspannend, und der Grund dafür liegt auf der Hand: Wenn man mit einem liebevollen Hund kuschelt, wirkt das stets beruhigend. Darüber hinaus empfand ich es aber auch als etwas sonderbar, denn sie sah mir so lange in die Augen, wie ich ihrem Blick begegnen wollte – zehn, zwanzig oder sogar dreißig Minuten lang. Und nur selten war sie es, die den Blick als Erste abwandte.

      Dieses gemeinsame Kuscheln war sowohl Meditation als auch Kommunikation, auch wenn ich nicht erklären kann, was Trixie mir außer ihrer Liebe übermittelte. Aber ich kann sagen, dass ich in ihren Augen häufig die Sehnsucht erkannte, sich mir auf so komplexe Weise verständlich zu machen, wie es nur durch Sprache möglich ist.

      Wenn ich Trixie in die Augen sah, schwieg ich manchmal, doch gelegentlich erzählte ich ihr auch von meinem Tag, von meinen Problemen, meinen Hoffnungen – was immer mir gerade einfiel. Hundeliebhaber kennen diese Art von Geplapper gut. Der Hund reagiert nicht darauf – und man erwartet es auch gar nicht von ihm –, hört jedoch neugierig zu. Hunde schwimmen durch das Meer der menschlichen Sprache, lauschen aufmerksam auf Wörter, die sie erkennen können, und bemühen sich geduldig, das zu deuten, was wir sagen, obwohl sie das meiste davon nicht begreifen und niemals begreifen werden. Kein Mensch würde eine solche Geduld aufbringen. Wenn man die vielen Kommandos berücksichtigt, denen zu gehorchen sie bei der Ausbildung zum Führungshund für Behinderte gelernt hatte, und darüber hinaus alles, was sie sich allein angeeignet hatte – beispielsweise erkannte sie Wörter wie Leckerli, Hühnchen, Gassi gehen, Ente, Hocker, Öl, Bild, kaputt und sogar Elektromagnetik – umfasste ihr Wortschatz mindestens hundert Wörter. Und im Laufe der Jahre verdoppelte er sich. Das machte mich nachdenklich …

      Die Wahrnehmung, dass Wörter eine bestimmte Bedeutung haben, das Bestreben, sich diese Wörter zu merken, die Absicht, auf die Wörter, die man verstanden hat, mit entsprechendem Verhalten zu reagieren: Muss man aus all dem vielleicht schließen, dass der Hund sich auch gern durch Sprache mitteilen würde?

      Da uns Trixie in den vorangegangenen vier Monaten große, durch nichts getrübte Freude bereitet und bei mir bereits positive Veränderungen bewirkt hatte, teilte ich ihr an jenem Januarabend mit: »Du bist nicht nur irgendein Hund. Mir kannst du nichts vormachen. Ich weiß, was du in Wirklichkeit bist.«

      Als wollte sie etwas erwidern, hob sie den Kopf, zog sich ein wenig zurück und musterte mich, als wäre sie leicht besorgt. Golden Retriever haben bewegliche Stirnmuskeln, so dass ihr Gesicht über vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten verfügt. Nie zuvor hatte Trixie mir gegenüber auf diese Weise reagiert. Belustigt deutete ich ihre Miene als Oh, oh, jetzt ist meine Tarnung aufgeflogen. »In Wirklichkeit bist du ein Engel«, fuhr ich fort.

      Zu meiner Verblüffung rappelte sie sich hoch, als hätte irgendetwas sie alarmiert, lief den Gang entlang, drehte sich um und starrte mich an. Sie spannte die Muskeln an, spreizte die Beine, um sich völlig im Gleichgewicht zu halten, hob den Kopf und stellte die Ohren so weit auf, wie es ein Golden Retriever überhaupt vermag. Sie schien abzuwarten, was ich als Nächstes sagen würde.

      Nur


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