TRIXIE. Dean Koontz

TRIXIE - Dean Koontz


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neue Bedeutung zu oder konnte sich nicht mehr daran erinnern, dass sie in der vorangegangenen Woche einen Job in einer Reinigung als Ausrede benutzt hatte.

      Nachdem ich zwei Wochen gebraucht hatte, um erneut Mut zu fassen, bat ich sie erneut um ein Treffen. Diesmal erfuhr ich, sie habe für den fraglichen Abend einen Job als Babysitterin angenommen. Sie wirkte dabei durchaus ehrlich, aber schließlich hatte sogar Hitler glaubwürdig gewirkt, als er behauptete, er werde nicht in Polen einfallen – und wir wissen ja, wie das ausging. Da ich jedoch nicht glaubte, dass Gerda eine Invasion in Polen beabsichtigte, machte ich mir vor, immer noch eine Chance bei ihr zu haben, und nahm ihre Absage mit Anstand hin. Ich fürchtete allerdings, Gerda könne sich von mir belästigt, wenn nicht sogar in die Ecke gedrängt fühlen, so dass sie meine vierte Einladung wütend ablehnen würde. Deshalb grübelte ich wochenlang vor mich hin, ehe ich sie bat, mich zu einer Veranstaltung zu begleiten, an der sie sowieso teilnehmen musste. Jahr für Jahr hatte man sie zur Jahrgangssprecherin gewählt, deshalb lud ich sie zum Ball der elften Klassen ein.

      Nun lehnte sie mit der Begründung ab, sie habe an diesem Abend zu tun. Soweit ich mich erinnere, erwiderte ich daraufhin in ernstem Ton (allerdings muss ich ehrlicherweise zugeben, dass es wohl eher wie ein wehleidiges Gejammer herauskam): »Aber du musst doch zu diesem Ball gehen. Es ist der Ball der elften Klassen, und du bist deren Jahrgangssprecherin!«

      »Oh, natürlich gehe ich hin«, erklärte sie. »Aber anfangs habe ich damit zu tun, Eintrittskarten zu verkaufen. Danach habe ich eine Schicht beim Auflegen der Schallplatten übernommen, später verkaufe ich Getränke und am Schluss helfe ich beim Aufräumen der Turnhalle.«

      Ich erklärte, diese vier Dinge zählten zu meinen Lieblingsbeschäftigungen bei einem Date. Nun blieb ihr kein Ausweg mehr, mich abzuwimmeln. Höchstens hätte sie mich mit ihrer Handtasche schlagen oder nach der Polizei rufen können. Doch sie lächelte und sagte nur: »In Ordnung.« Und wegen ihrer weichen Stimme klangen ihre Worte so, als hätte sie mir ewige Liebe geschworen. Da mir in diesem Augenblick auch nichts aus der Nase hing, kam ich mir so weltmännisch vor wie Cary Grant.

      Irgendwann erfuhr ich, dass Gerdas Vater Bedfords Schuster war. Er war aus Italien in die Vereinigten Staaten eingewandert und hatte viele Anschauungen der Alten Welt bewahrt, einschließlich der Auffassung, dass Kinder, sobald sie das Teenageralter erreichen, arbeiten sollten. Gerda hatte tatsächlich Teilzeit-Jobs in einer Reinigung und im örtlichen Kino und ergänzte diese Einnahmen durch Babysitten. Schon mit dreizehn Jahren kaufte sie ihre Kleidung von eigenem Geld oder sie besorgte sich Stoffe, um sie selbst zu nähen, da sie gut schneidern konnte.

      Bei unserer ersten Verabredung fanden wir zwischen dem Verkauf von Eintrittskarten, dem Auflegen von Schallplatten, dem Getränkeverkauf und dem Aufräumen der Turnhalle nur Zeit für einen einzigen Tanz, lachten aber viel miteinander. Doch nachdem ich sie bis zu ihrer Haustür begleitet und ihr Gute Nacht gewünscht hatte, fragte ich mich trotzdem voller Sorge, welchen Eindruck ich auf sie gemacht hatte. Ich dachte kurz daran, nach Hause zu eilen, um sie anzurufen und sie um eine regelrechte Bewertung unseres Treffens zu bitten, kam jedoch zu dem Schluss, dass ich sie damit, allzu sehr auf Selbstbestätigung aus, nur bedrängen würde.

      Der folgende Tag, ein Sonntag, zog sich so unendlich lange hin, als hätte sich die Erdrotation dramatisch verlangsamt. Am Montagmorgen lag ich bereits vor Gerdas Schulspind auf der Lauer, als sie auf dem Gang vor ihrem Klassenzimmer auftauchte. Fast erwartete ich von ihr nur ein höfliches Hallo und ein völliges Übergehen des Schulballs, als könnte sie sich an nichts erinnern. Doch stattdessen verkündete sie, sie habe während unserer fünf gemeinsamen Stunden so viel lachen müssen, dass am Sonntagmorgen ihre Bauchmuskeln geschmerzt hätten. Ich war ja stets davon ausgegangen, dass Mädchen die Treffen mit mir als qualvoll empfinden müssten, aber Gerdas Muskelkater war für sie eine offensichtlich nicht unangenehme Qual. Und so setzten wir unsere Treffen fort und lachten viel miteinander. Schließlich bat ich sie, mich zu heiraten, und sie nahm meinen Antrag an.

      Kurz nach Studienabschluss und nach unserer Heirat nahm ich die Arbeit in einem staatlichen Projekt zur Bekämpfung von Armut auf und war dort sieben Monate tätig – lange genug, um festzustellen, dass solche Programme nur diejenigen bereichern, die sie verwalten, doch ansonsten eher noch größere Armut bewirken. Außerdem führte die geringe Bezahlung dazu, dass sich meine Armut mehr als ein halbes Jahr fortsetzte.

      Gerda hatte zwar Buchhaltung gelernt, kannte sich im Rechnungswesen aus und hatte ein paar Jahre in einer Bank gejobbt, konnte aber keine ihrer Ausbildung entsprechende Stelle in unserem winzigen Wohnort Saxton finden, der in den Appalachen lag. Ich unterrichtete dort sozial benachteiligte Kinder. Notgedrungen nahm Gerda einen Job als Akkordarbeiterin in einer Schuhfabrik an. An jedem Werktag bestieg sie um 4 Uhr früh einen Firmenbus, der sie mit einer Fahrtzeit von fünfundvierzig Minuten über die Berge zur Produktionsstätte brachte.

      Als wir heirateten, besaßen wir nur ein paar hundert Dollar, einen Gebrauchtwagen und unsere Kleidung. Von den wenigen Häusern, die man in Saxton mieten konnte, war nur ein einziges vollständig mit Sanitäranlagen ausgestattet. Da ich die Lebensweise, in der Plumpsklo und Kellerdusche das Badezimmer ersetzt hatten, vor zehn Jahren zum Glück hinter mir gelassen hatte, wollte ich auf keinen Fall zu einem solchen Leben zurückkehren. Die Monatsmiete für unser Haus betrug fünfundsechzig Dollar – eigentlich mehr, als Gerda und ich uns leisten konnten. Aber wir knauserten bei anderen Ausgaben, um das Geld aufzubringen.

      Das Haus war weder mit einem Kühlschrank noch mit einem Herd ausgestattet. Deshalb kauften wir einen gebrauchten Kühlschrank und eine einzige elektrische Kochplatte. Wir hatten kein Kochfeld und auch keinen Backofen, doch Gerda bereitete trotzdem wunderbare Mahlzeiten zu. Sie konnte auf der Platte sogar rösten, braten und backen, nur nicht Pasteten, da deren Füllung dann unten anbrannte, während die Oberseite lauwarm blieb. In finanzieller Hinsicht war das für uns ein prekäres Jahr, in dem wir beide viele Überstunden machten. Dennoch waren wir glücklich, weil wir zusammen waren.

      Wir zogen schließlich von Saxton weg und in den Umkreis von Harrisburg. Dort unterrichtete ich achtzehn Monate lang Englisch in einer Highschool, bis Gerda mir ein Angebot machte, das unser beider Leben veränderte. In meiner Freizeit hatte ich mich als Schriftsteller versucht und ein paar Kurzgeschichten und zwei Romane in Taschenbuchformat an Verlage verkauft. »Du wärst doch gern ein Vollzeit-Autor«, sagte Gerda. »Also kündige deine Stelle als Lehrer. Ich werde uns fünf Jahre lang über Wasser halten. Wenn du es in fünf Jahren nicht schaffst, wirst du es niemals schaffen.« Manchmal behaupte ich, ich hätte versucht, meine Bewährungsfrist auf sieben Jahre auszudehnen, Gerda sei jedoch eine knallharte Verhandlungsführerin gewesen.

      Nach all diesen Jahren empfinde ich Demut angesichts ihres Glaubens an mich und der Liebe, die ihr Angebot beflügelte. Wenn man unsere damalige Situation berücksichtigt – eine wackelige finanzielle Situation, begrenzte Zukunftsaussichten, mehr Ablehnungen als Annahmen von Manuskripten bei Verlagen –, wirkt Gerdas Vertrauen wirklich außergewöhnlich. Zwar hoffe ich, dass ich im Laufe der Jahre zu einem Mann geworden bin, der ihr dasselbe Angebot machen würde, wäre ich mathematisch begabt und Gerda sprachbegabt, doch Demut empfinde ich, weil ich in jener Zeit kein so guter Mann war. Da ich in Armut, gepaart mit psychischer und physischer Gewalttätigkeit, aufgewachsen war, stets beschämt durch die Eskapaden meines Vaters, wurde ich in meinen Zwanzigerjahren zu einem Mann, der fast so viel Selbstbestätigung brauchte wie ein Kind. Verzweifelt musste ich mich ständig selbst beweisen, und eine Folge davon war, dass ich in geschäftlicher Hinsicht viele falsche Entscheidungen traf. Ich war allzu sehr darauf aus, Menschen zu vertrauen, die mein Vertrauen nicht verdienten, glaubte offenkundig falschen Versprechungen und nahm schlechte Ratschläge an, wenn sie von Leuten kamen, die sich in der jeweiligen Angelegenheit auszukennen schienen – und zwar besonders dann, wenn diese Menschen mich durch Lob manipulierten. Gerda, die von jeher ausgezeichnete Menschenkenntnis besaß, merkte bei jedem Vorfall, an welchem Punkt ich auf Glatteis geriet, und versuchte vorsichtig, mich auf sicheres Gelände zu führen. Doch ich brauchte viel zu viele Jahre dafür zu erkennen, dass die einzige Akzeptanz, die (abgesehen von der Gottes) zählte, die meiner Frau war. Mein ganzes Erwachsenenleben hindurch ist Gerda für mich ein Leitstern geblieben.

      Als einige von Gerdas und meinen Familienangehörigen sowie Bekannte von uns erfuhren,


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