Die Kolonie Sammelband 1 - Interstellare Bräute Programm. Grace Goodwin
Gefährten waren noch größer als meine. Der Primus war furchterregend mit seinem seltsamen Silberauge. Aber der andere sah einfach nur grobschlächtig aus. Die Narbe, die sich über sein Gesicht zog, ließ mich erzittern, und ich fragte mich, wie es wohl war, von ihm im Bett herumkommandiert zu werden.
Scharf. So war es wohl. Wirklich verdammt scharf. Nicht, dass ich mich beschweren konnte. Meine Gefährten hielten mich auf Trab, und sie hatten mich noch nicht einmal gemeinsam genommen. Ich hatte gehört, dass Jessica sich von ihren Gefährten in einer Live-Übertragung vor Milliarden Leuten in Besitz nehmen hatte lassen, nach einer Art Gladiatoren-Kampf, inmitten einer verdammten Arena. Während tausende echte Zuschauer persönlich anwesend gewesen waren und sie angefeuert hatten.
Sex als Zuschauersport. Die Frau hatte Eier aus Stahl. Ernsthaft.
Du liebe Scheiße. Jessica war wunderbar, jetzt schon wie eine Schwester, und die Königin eines ganzen verdammten Planeten. Captain Brooks war ein Fan der Chicago Cubs, liebte Krimis und Superhelden-Filme und schwor, dass er den besten Apfelkuchen der Kolonie machen konnte, nach dem geheimen Familienrezept seiner liebsten Großmutter.
Und hier war ich nun, saß zwischen zwei Alien-Kriegern, aß an einem Tisch voller Aliens von zumindest fünf verschiedenen Welten, und es fühlte sich nach Heimat an.
Gott, das Leben war seltsam. Und unberechenbar. Und manchmal einfach wundervoll. Ich war drei Tage hier und wusste jetzt schon, dass ich nicht zu dem Leben zurückkehren konnte, das ich zuvor gehabt hatte.
Ich war ja ein richtig hartnäckiger Rebellentyp. Fick mir das Hirn raus mit ein paar aggressiven Liebhabern mit riesigen Schwänzen, bring mich mit ein paar Orgasmen zum Schreien, sorge dafür, dass ich mich wunderschön und angebetet und begehrt fühle...kurz gesagt—ich war hin und weg. Ganz plötzlich war die ganze politische Kacke auf der Erde nicht mehr so wichtig.
Aber trotzdem. Menschen waren gestorben. Und sie hatten es vertuscht, damit sie die gleiche Kacke wieder abziehen konnten.
Wenn ich sie nicht aufhielt. Irgendwie. Von der anderen Seite des Universums aus. Ich wusste, dass ich auf einem anderen Planeten war, aber mir fiel plötzlich auf, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich in Relation zu allem anderen war. Zur Erde. Zur Sonne. Zu allem und jedem, den ich mein ganzes Leben lang gekannt hatte.
Alles, was mich in den letzten drei Tagen bekümmert hatte, war leg-mich-übers-Knie-und-nimm-mich-Sex gewesen. Mit Maxim und Ryston zusammen zu sein war so gut, so vereinnahmend, dass ich mich völlig darin verloren hatte, in ihren Emotionen und ihrer körperlichen Dominanz. In der Lust, die ich zwischen ihnen gefunden hatte. Ich war immer stolz darauf gewesen, eine kluge, gebildete, eigenständige Frau zu sein. Aber bei ihnen fühlte ich mich nach—mehr. Und weniger. Und mein Gehirn hatte ernsthafte Auseinandersetzungen mit meinem Herzen über das ganze Schlamassel.
Schuldgefühle plagten mich, und ich nahm noch einen Schluck von dem Wein, den sie von einem Planeten namens Atlan hertransportiert hatten. Er war ganz gut, aber nicht stark genug, um meinen Wunsch danach wegzuwischen, dafür zu sorgen, dass der CEO von GloboPharma nicht noch mehr Menschen zu Hause schaden konnte.
Ich würde einen Weg finden müssen, meinen Anwalt John zu kontaktieren und mich darum zu kümmern, dass etwas geschah. Ich war vielleicht auf einem anderen Planeten, aber das hieß noch lange nicht, dass ich es bleiben lassen musste.
Ich hob meinen Blick und stellte fest, dass Jessicas riesiger sekundärer Gefährte, ein Krieger namens Ander, mich aufmerksam beobachtete. „Wie meine Gefährtin haben Sie das Verbrechen gar nicht begangen?“
Ich war ziemlich stolz auf mich dafür, dass ich unter seiner Aufmerksamkeit nicht zappelte. „Ja.“
„So wie auch unsere Jessica unschuldig war. Es scheint, dass Ihr Justizsystem auf der Erde ein wenig schadhaft ist.“
Jessica beugte sich zur Seite und schmiegte ihren Kopf an seine Schulter, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Ander reagierte sofort, legte seinen Arm um sie und rieb in einer sanften Geste über ihren Rücken, die überhaupt nicht zu seiner riesigen Körpergröße und seinem furchterregenden Gesicht passte.
„Ja, das ist es. Ich habe mich Strich für Strich an das Gesetz gehalten. Als ich die Wahrheit über die Verbrechen erfuhr, über all die Leute, denen geschadet worden war oder die gestorben waren, habe ich das weitergeleitet.“
„Die Leute wollen keine Wahrheit, Rachel. Wir sind die Wahrheit, die Wahrheit über den neuen Feind der Erde, und doch verstecken sie uns hier.“ Captain Brooks’ Stimme war resigniert und voller Verbitterung. „Ich kann nicht nach Hause, genauso wenig wie Sie.“
Alle Augen richteten sich auf ihn.
„Nicht mehr lange.“ Primus Nial erhob seine Stimme, um sicherzustellen, dass sie auch die entfernten Winkel des Raumes erreichen würde. Doch das war nicht notwendig. Die Worte des Captains schufen ein Geräuschvakuum, als würde es niemand wagen, die Worte selbst auszusprechen, sondern stattdessen auf die Antwort des Primus warten. „Meine Gefährtin war ziemlich hartnäckig und hat jedem, der es hören wollte, von Ihrer Tapferkeit erzählt, Veteran. Prillon-Gesetze sind nicht Erden-Gesetze. Sie können von hier weg, auf Ihren Heimatplaneten zurückkehren, wo Sie für Ihren Dienst anerkannt werden.“
Der Captain blickte zu Lady Jessica. „Sie sind von der Erde. Von den Vereinigten Staaten. Denken Sie, dass ich für meine Tapferkeit anerkannte werde, wenn ich so aussehe?“
Der Captain erhob sich von seinem Platz und zog sich die Panzerung über den Kopf. Niemand hielt ihn davon ab, und ich starrte ihn an, schockiert über den Anblick seiner nackten Brust. Mehr als die Hälfte seines Oberkörpers war mit den seltsamen silbrigen Schaltkreisen überzogen, die identisch waren mit dem, was Rystons Schläfe bedeckte. Die untere Hälfte seines linken Arms war zur Gänze silbern, so sehr, dass ich mich fragte, wie mir der dunkle Handschuh vorhin nicht aufgefallen war, als er mir die Hand geschüttelt hatte. Ich war so froh darüber gewesen, mit jemandem von zu Hause sprechen zu können, dass ich überhaupt nicht darauf geachtet hatte. Sein rechter Arm sah vom Ellbogen abwärts wie ein Roboter-Gerät aus, ohne ein Stück menschlicher Haut in Sicht. Seltsame schwarze Markierungen durchzogen wie Adern in bizarren Mustern seine verbleibenden menschliche Haut, angefangen am Rand der Implantate, wo Mensch auf Maschine traf. Es war eine Mischung aus Inspektor Gadget und dem Terminator.
„Und da ist noch mehr. Auf meinem Rücken, mein linkes Bein entlang.“ Er verbeugte sich, erst vor Jessica, dann vor mir. „Wäre ich anerkannt, meine Damen? Oder gefürchtet? Danke für die schönen Fantasien, Primus Nial, aber die Erde ist nicht so fortschrittlich, wie Sie vielleicht denken.“ Er hielt Jessicas Blick stand, forderte eine Antwort. „Nun? Dies ist nun unsere Realität, meine Dame. Es gibt kein Zurück nach Hause. Für keinen von uns.“
Jessica erhob sich, und alle Augen im Raum folgten ihrer Bewegung. „Ich war Soldatin auf der Erde. Ich habe acht Jahre im Einsatz verbracht, in der Armee. Mein Gefährte, der Primus eurer Welt, trägt die Markierungen aus seiner Zeit beim Hive. Ich liebe ihn. Das Silber in seinem Auge, die Markierungen auf seiner Haut bedeuten mir nichts. Er gehört mir. Die Lady Rone ist die erste Braut, die auf die Kolonie zugewiesen wurde, und an der Art, wie sie ihre Gefährten ansieht, erkenne ich ohne Zweifel, dass sie ebenso für ihre Krieger empfindet. Unterzieht euch den Tests, meine Herren. Habt ein wenig Vertrauen. Wenn Sie nicht daran glauben, dass Sie nach Hause zurückkehren können, zu einem normalen Leben, dann bauen Sie sich hier ein neues Leben auf mit einer zugewiesenen Gefährtin. Eine neue Normalität. Lebt. Lasst nicht zu, dass Angst euch aufhält. Das Bräute-Programm wird euch keine Gefährtin schicken, die euch nicht dafür lieben kann, wer und was ihr seid. Rachel? Liege ich da falsch?“
Ein Schweigen hing in der Luft, und Jessica wandte sich an mich. Meine beiden Gefährten blickten mich gespannt an, und ich wusste, dass auch sie auf meine Antwort warteten.
9
Rachel
Diese Krieger auf dem