Bomba im Wirbelsturm gestrandet. Roy Rockwood
konnte sehen, dass sie den Mann nicht rechtzeitig erreichen würden.
Peng! Wieder erklang der peitschenartige Knall von Bombas Gewehr, und eine Kugel schlug in das lange, schlanke Seeungeheuer. Ein zweiter Schuss folgte so schnell, dass sich das Krachen der Schüsse fast zu einem vermischte. Wild wirbelte das gerötete Wasser auf, als sich nun der getroffene Hai in Todeszuckungen herumwarf.
Als der Schrecken der Meere langsam in den Tiefen versank, jubelten die Zuschauer vor Freude auf. Sie drängten sich um Bomba, schlugen ihm begeistert auf die Schulter und schüttelten ihm die Hand. Bomba waren die Lobesbezeugungen peinlich. Daher suchte er nach einer Möglichkeit, wieder in die Kabine zu entkommen. Aber seine Begleiter wollten das nicht zulassen. Eine Weile war er geradezu ihr Gefangener. Seine getreuen Diener waren vor Begeisterung fast verrückt geworden; besonders Gibo brach immer wieder in einen Jubelgesang aus.
„Groß ist Bomba“, rief er, „gewaltig ist er im Dschungel, gewaltig ist er auf dem Meere. Der mächtige Elefant bricht vor ihm in die Knie, der Haifisch schließt im Tod seine Augen, niemand zu Lande oder zu Wasser kommt Bomba gleich.“
„Bist du wohl ruhig, Gibo“, befahl Bomba, der vor Unbehagen errötete.
„Beim Jupiter, der Indianer hat aber kein Wort zu viel gesagt“, erklärte Peabody, der ebenfalls ein begeisterter Zuschauer gewesen war. „Dieser Mut, diese eiskalten Nerven und die Schnelligkeit, mit der er so sicher geschossen hat! Wenn ich je das Pech habe, in einen Kampf zu geraten — so habe ich nur den einen Wunsch, dass Bomba an meiner Seite steht.“
In der Zwischenzeit hatten die Matrosen in ihrem Boot den gefährdeten Schwimmer erreicht und zurückgebracht. Eben wurde er an Deck gehoben. Jetzt wandten sich alle Augen ihm zu, und das ermöglichte es Bomba, eilig davonzuhuschen. Er lief sofort in die Kabine, die er mit seinem Vater teilte. Dort fand er Wafi, Gibo und Tobo, der sehr verlegen war, weil durch seine Achtlosigkeit der Elefant aus dem Käfig entkommen war.
„Wie ich höre, bist du wieder bei deinen alten Streichen“, sagte Mr. Bartow, liebevoll und stolz lächelnd.
„Ach“, murmelte Bomba und nahm an der Seite seines Vaters Platz, „einer musste schnell handeln. Und so blieb mir nichts anderes übrig, wenn es nicht zu spät sein sollte. Das ist alles.“
„Ja das ist alles“, bemerkte sein Vater sarkastisch; „wenn du es so schnell sagst, dann scheint es nichts von Bedeutung zu sein. Ein Menschenleben hast du durch die Erlegung des Haies bestimmt gerettet — wahrscheinlich noch viele andere vor dem Tod durch die wilden Tiere. Das hat schon Mut und Geschick erfordert.“
„Und wie fühlst du dich, Vater?“, fragte Bomba.
„Ganz in Ordnung, bis auf ein kleines Schwindelgefühl“, lautete die Antwort. „Ich bin mit dem Kopf beim Sturz aufgeschlagen und habe eine Beule. Wie steht es denn mit dem Schiff? Können sie es von der Untiefe wieder flottmachen?"
„Das geht nicht so schnell“, antwortete Bomba, „aber jedenfalls arbeitet die Mannschaft mit allen Kräften.“
Andrew Bartow runzelte die Stirn.
„Ich glaube doch, dass wir einen Fehler gemacht haben, als wir in Mombasa nicht auf den regulären Dampfer gewartet haben und uns stattdessen auf diesem Tramp-Dampfer einschiffen. (Tramp-Dampfer sind Dampfer, die keine feste Linie mit bestimmten Fahrplänen befahren, sondern Fracht nehmen, wo und mit welchem Ziel sie diese bekommen.) Ich muss ehrlich sagen, mir gefällt weder die ‚Pamela‘ noch ihr Kapitän, noch ein Teil der Mannschaft. Die Fracht von wilden Tieren ist auch nicht gerade das, was ich wünsche. Doch was hat es für einen Sinn, dass ich jetzt damit anfange? Wir sind mitten im Indischen Ozean und müssen eben das Beste aus der Sache herausholen.“
Die farbigen Diener zogen sich aufs Oberdeck zurück, wo sie sich sofort wieder in dem Ruhm ihres Herrn und Meisters sonnten. Stolz aufgerichtet stolzierten sie herum. Gibo neigte dazu, einen Teil der Ehre für sich selbst zu beanspruchen.
„Ich habe zu meinen Göttern gebetet, als Bomba in den Bauch des Schiffes hinabstieg“, sagte er, „und sie haben ihn vor der Wut des Elefanten bewahrt.“
„Gibo hat gebetet“, erwiderte Wafi spöttisch, „aber Wafi hat dem Herrn seinen Speer angeboten.“
Das erschien als eine praktische Handlung, und Gibo war für den Augenblick verblüfft. Er fasste sich aber schnell wieder.
„Das war ein billiges Angebot. Wafis Speer hätte gegen den Elefanten nichts ausrichten können.“
„Vielleicht nicht“, antwortete der Zulu hoheitsvoll, „aber Wafi hätte es riskiert, zusammen mit seinem Herrn zu sterben.“
„Und hat Gibo das nicht öfter getan, als Wafi Finger an beiden Händen hat?“, lautete die hitzige Antwort. „Gibo war im Dschungel des Amazonas bei dem Herrn und in Afrika auch. Wafi war nur in Afrika bei ihm.“
Tobo schaltete sich als Friedensstifter bei den beiden ein, die sich trotz häufiger Streitereien doch als Kameraden aufrichtig gernhatten.
„Wafi und Gibo sollen nicht wie die Mädchen des Stammes streiten, die an der Quelle plappern“, sagte er. „Wafi und Gibo würden beide jederzeit für Bomba sterben. Lasst es gut damit sein.“
Eine halbe Stunde später unterhielten sich Bomba und sein Vater ruhig in der Kabine, als an die Tür geklopft wurde. Der Junge sprang auf, um zu öffnen. An der Schwelle stand Lester Groop, der Mann, den Bomba vor dem sicheren Tode des Ertrinkens gerettet hatte. Er war etwa dreißig und unter Mittelgröße, sein Äußeres war gepflegt; doch schien er etwas furchtsam zu sein. Er schaute durch seine Brille mit Hornrand ein wenig verlegen auf Bomba und seine Gefährten.
„Vielleicht störe ich“, sagte er, als er Mr. Bartows Einladung annahm, einzutreten und Platz zu nehmen, „aber ich konnte einfach nicht ruhen, ehe ich dem Mann gedankt hatte, der mich vor dem Hai rettete.“
Bomba winkte bescheiden ab.
„Das ist doch selbstverständlich“, sagte er.
„Selbstverständlich!“, rief Groop. „Aber für mich war es alles. Er hat mich vor dem Tod errettet — und vor so einem Tod“, setzte er hinzu und erschauerte bei dem Gedanken.
„Wie sind sie denn eigentlich ins Wasser geraten?“, fragte Mr. Bartow.
Lester Groop errötete tief.
„Das war meine eigene Feigheit“, gestand er. „Ich kann nichts dafür, ich habe immer schreckliche Angst vor wilden Tieren. Als nun der Elefant trompetete, hörte ich, wie jemand sagte, er habe die Käfige der Löwen und Leoparden zerschmettert. Ich bekam große Angst und sprang einfach über Bord. Ich schäme mich, das einzugestehen, aber es ist die Wahrheit.“
„Sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen“, antwortete Andrew Bartow freundlich; „ich glaube kaum, dass wir nicht alle einmal in Panik geraten, wenn wir einer plötzlichen Gefahr gegenüberstehen.“
„Aber doch nicht so schlimm“, widersprach Groop; „ich schäme mich aus tiefem Herzensgrund. Am liebsten möchte ich allen anderen Passagieren ausweichen. Wenn ich an meine eigene Feigheit denke, erkenne ich um so mehr Ihre Tapferkeit. Ich bin gekommen, um Ihnen meinen tiefsten Dank auszusprechen, dass Sie den Hai erlegten. Ich werde das nie vergessen, solange ich lebe.“
Bomba bewegte sich unbehaglich.
„Sie machen zu viel aus dem Vorfall“, protestierte er.
„Das könnte ich gar nicht“, erklärte Groop. „Ich habe in der Zwischenzeit gehört, dass Sie den tollen Elefanten auch erlegt haben, ehe Sie sich dem Hai stellten. Ich bin sicher, es gibt nur wenig Menschen, die so viel riskiert hätten. Oh, was würde ich darum geben, wenn ich so tapfer wäre wie Sie.“
„Bitte sagen Sie doch nichts mehr darüber“, bat Bomba. Er sagte es so bittend, dass der Besucher abbrach und von anderen Dingen sprach. Trotzdem konnte er seine Dankbarkeit für Bomba nicht verbergen.
Auch die anderen Passagiere teilten Groops Gefühle. Sie alle waren sich bewusst, dass Bomba ihr Leben gerettet