Jetzt trage ich dir nichts mehr nach. Manfred Mohr
diesen 30 Tage dauernden Weg geht, den wir hier gemeinsam beschreiten wollen. Denn in ein Buch kann ich hineinschreiben, ich kann es überallhin mitnehmen, ich kann damit an diesem Thema arbeiten, vielleicht so ähnlich, wie es ein Bildhauer tut, der eine Büste tagelang hingebungsvoll bearbeitet. Von Michelangelo ist das Zitat überliefert, dass er die Skulptur des weltberühmten David sehr einfach behauen konnte, denn der David sei im Marmor schon immer vorhanden gewesen, er habe nur den überflüssigen Stein entfernen müssen.
In ähnlicher Weise bitte ich dich, das Thema Ho’oponopono als Marmorblock zu sehen, den wir hier über 30 Tage immer wieder neu bearbeiten, ergründen und verstehen werden. Es ist eher eine stille Tätigkeit, ähnlich dem, wie ein Bildhauer in seinem Atelier ganz für sich schaffend wirkt. In gewisser Weise kehren wir dabei in uns selbst ein, und der Marmorblock steht symbolisch für unsere alten Denkweisen und Glaubensmuster, dir wir hier Schritt für Schritt betrachten, neu ordnen und in zeitgemäßer Form wieder zusammensetzen. Ho’oponopono zu praktizieren bedeutet, bereit zu sein, an uns selbst zu arbeiten. Immer, wenn du in dieses Buch schaust, gehst du in dein inneres Atelier, um deine innere Gestalt, deine innere Skulptur, neu und anders kennenzulernen.
Diese innere Arbeit wird weitergehen, wenn du das Buch zur Seite legst. Das Thema Ho’oponopono wird dich weiter beschäftigen, auch in deinem normalen Alltag. Wenn du dann wieder in dieses Buch eintauchst, wirst du es sicherlich bald mit anderen Augen lesen als zuvor.
So, wie du nie zwei Mal in den gleichen Fluss steigen kannst, wirst du auch dieses Buch immer neu und anders verstehen können. In der Sichtweise der Hawaiianer ändert sich ein Buch, das bei dir jahrelang im Schrank steht, wenn der Autor sich verändert. Scheinbar ist es noch derselbe Einband, und es enthält dieselben Seiten, die denselben Text tragen. Und doch ändert sich das Buch, sozusagen »zwischen den Zeilen«. Genauso ändert sich der Leser natürlich ebenfalls. Auch wenn du und dein »Marmorblock« rein äußerlich betrachtet dieselben zu bleiben scheinen.
TAG 1
Dein Startschuss zu einer neuen Sicht der Welt
»Ho’o« heißt – aus dem Hawaiianischen übersetzt – so viel wie »tun« und »pono« in etwa »richtigstellen« oder »richtig«. Wende ich die Technik des Ho’oponopono an, dann mache ich etwas, um selbst wieder »richtig« zu werden oder um etwas in mir, in meinem Inneren, »richtig zu stellen«. Im Laufe dieses Kurses werden wir uns immer weiter zum Kern dieser hawaiianischen Technik vorarbeiten, so langsam, dass hoffentlich jeder Teilnehmer es für sich auf seine Weise verstehen kann.
Ganz grundsätzlich arbeiten wir beim Ho’oponopono deshalb nur mit uns selbst. Der andere Mensch da draußen, mit dem wohl jeder von uns hin und wieder seine Probleme hat, darf so bleiben, wie er nun einmal ist. In der Betrachtung der Hawaiianer ist er nur mein Sparringspartner, der eine Aufgabe mit sich bringt, an der ich wachsen und mich verbessern kann. Die Frage, die sich stellt, lautet: »Ist dieser andere Mensch wirklich so ein Volltrottel oder bin ich einfach noch nicht in der Lage, angemessen mit ihm umzugehen?«
Verraten sei hier schon einmal, dass ein handelsüblicher Trottel sich erfahrungsgemäß nicht um ein Jota verändert, wenn ich ihm ununterbrochen das Siegel »Idiot« anhefte. Er soll sich verändern? Dann beginnen wir doch am besten bei uns selbst – das ist der Schlüssel!
Einen ersten Ansatzpunkt zum näheren Verständnis des Ho’oponopono liefert uns in unserem Kulturkreis die Weisheit der Mystiker aus dem Mittelalter. Wir müssen nämlich eigentlich gar nicht so weit reisen, um auch vor unserer Haustür sehr ähnliche Gedankengänge zu entdecken. Deshalb ein kleiner Einblick in die Denkweise unserer Mystiker. Beginnen wir doch einfach mit:
Unsere Außenwelt ist nur ein Spiegelbild unserer Innenwelt.
Meister Eckhart sagte es sehr treffend in seinen verschlüsselten Worten: »Wie außen, so innen; wie innen, so außen.«
Er bezieht sich dabei auf das zweite und damit eines der wichtigsten der sieben hermetischen Gesetze, die da lauten:
1.Das All ist Geist, das Universum ist geistig. (Prinzip der Geistigkeit)
2.Wie oben, so unten, und wie unten, so oben. Gesetze, die für die Materie gelten, gelten auch für Geist und Seele, und umgekehrt. (Prinzip der Entsprechung)
3.Nichts ruht, alles bewegt sich, alles schwingt. (Prinzip der Schwingung)
4.Alles ist zweifach, alles besteht aus einem Paar von Gegensätzen. Gleich und ungleich ist dasselbe. Gegensätze sind ihrer Natur nach identisch, nur im Grad verschieden. (Prinzip der Polarität)
5.Alles fließt. Alles hat seine Gezeiten. Rhythmus gleicht aus. (Prinzip des Rhythmus)
6.Jede Ursache hat ihre Wirkung. Jede Wirkung hat ihre Ursache. (Prinzip von Ursache und Wirkung)
7.Geschlecht ist in allem. Alles hat sein männliches und sein weibliches Geschlecht in sich. (Prinzip des Geschlechts)
Das Zweite Prinzip, das Prinzip der Entsprechung, wollen wir uns zu Beginn dieses Kurses näher anschauen: Immer sind wir in Beobachtung unserer Außenwelt. Wir sehen die Dinge, die im Laufe des Tages geschehen, wie sie im Fluss der Zeit an uns vorüberziehen. Ein wenig ähnelt dieses Bild dem Besuch eines Kinofilms: Wir schauen ins Leben wie auf eine Leinwand und verfolgen die Abenteuer des Hauptdarstellers mit Spannung und großer Anteilnahme. Das Prinzip »wie außen so innen« besagt nun, dass wir unseren eigenen Lebensfilm durch unsere inneren Zustände mitgestalten. Unser Inneres wird aber geprägt durch die dort ablaufenden geistigen und seelischen Vorgänge. Das sind unsere Gedanken und Gefühle.
Zu einem Großteil sind uns diese Abläufe im Inneren nicht bewusst, sie entspringen unserem Unterbewusstsein, aber sie haben – wie das Sechste Prinzip erläutert – eine Wirkung: Sie werden die Ursache für im Außen ablaufende Vorgänge.
Kleine humoristische Randbemerkung: Unser Kaiser, besser bekannt als Franz Beckenbauer, und seinerseits Lichtgestalt des deutschen Fußballs, hat uns in seiner unerschöpflichen Sprachvielfalt ebenfalls einen tiefenphilosophischen Merksatz zu diesem Thema überliefert: »Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser.« Wem jetzt der Kopf brummt, der vergegenwärtige sich die Sinngleichheit der drei verwendeten Wörter …
Aber zurück zum Spiel: Beim Ho’oponopono nutze ich die Aussage »wie innen so außen« wie eine mathematische Gleichung. Ich setze innen mit außen gleich: »innen = außen«. Durch das Gleichheitszeichen sind Innenwelt und Außenwelt nun fest verbunden. Um eine positive Veränderung in meinem Außen herbeizuführen, arbeite ich darauf hin, mein Inneres, meinen inneren Zustand, zu verbessern. Das Außen folgt dann auf dem Fuße, wie dir deine eigene Erfahrung zeigen wird. Dazu gibt es beim Ho’oponopono verschiedene Techniken, die ich dir während dieses Kurses noch näher vorstellen werde. Im Laufe der Zeit und der praktischen Anwendung werden es übrigens immer mehr.
Nun gleich zur ersten Übung!
Der Ansatz lautet, deine Gedanken und Gefühle spielen eine große Rolle dabei, was im Verlauf des nächsten Tages geschehen wird. Dies ist vorerst nur eine These, die du selbst mit Leben füllen darfst. Erst wenn du wirklich die Erfahrung eines Zusammenwirkens von innerer mit äußerer Wirklichkeit erlebt hast, wirst du es tatsächlich glauben.
Und das möchte ich gern erreichen.