Im Königreich Mjelvik. Karl Friedrich Kurz

Im Königreich Mjelvik - Karl Friedrich Kurz


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sein, das brennen konnte. Nein, nein, der Fehler liegt selten nur auf der einen Seite.

      Man stelle sich doch nur dieses vor: Oline geht während der Heuernte am Felde des Bauern Sigurd vorbei. Und da Oline mitunter auch einfacheren Betrieben ihre Anteilnahme schenkt und überdies vom süßen Heuduft ein wenig berauscht und erregt wird, bleibt sie stehen, wechselt mit dem Bauern Sigurd ein paar Worte über Wind und Wolken und so. Schaut ihn dabei an, zeigt ihm ihr Wohlwollen und nickt fürstlich.

      Was nun?

      Steht denn jetzt der Bauer Sigurd vielleicht nicht jeden Tag am Wege, obschon alles Heu längst in der Scheune ist? Was will der Bauer Sigurd am Wege? Worauf wartet er?

      Er will nichts. Er sagt wohl zu sich selber: „Ja, hier stehe ich nun. Und es wäre gar nicht so übel, ein wenig übers Wetter und die Wolken zu reden.“

      Er weiß nichts anderes.

      Es ist nichts — nur sein Blut wurde entzündet. Dieses Blut ist sechzig Winter alt — was kann er dafür? Ist es denn seine Schuld, daß die Zeit so schnell an ihm vorbeiwehte und sein Haar darüber weiß wurde?

      Wer will mit dem Bauer Sigurd rechten? Wer will ihn schelten wegen des Weißhaares und der holden Torheit? ... Am Anfang und am Ende steht die Liebe. Und sie wird immer stehenbleiben.

      In diesem Falle kann daraus natürlich gar nichts werden, obschon der Bauer Sigurd Witwer und ohne Kinder ist. Er wäre, was dieses angeht, frei und ledig. Aber um des Himmels willen — warum muß er denn seine Blicke so hoch hinauf werfen?

      Ein paar Wochen lang geht nun dieser Bauersmann mit großem, flatterndem Herzen herum, stöhnt, wenn er allein ist, und macht sich in Gegenwart anderer übernatürlich groß und wichtig. Er ist doch auch nur ein männliches Wesen.

      Und zu seinem Unglück hat er eine junge Dienstmagd. Nikoline. Eine Magd mit guter Positur und durchaus nicht ohne Verführungsreize.

      Seht nun, was bei Oline, der Dame, für ewig nicht sein kann, das dürfte bei Nikoline, der Dienstmagd, doch nicht völlig unerreichbar bleiben. Allerdings will es aber die Tücke des Schicksals, daß Nikoline gerade zu dieser Zeit vom Emissär in besondere Behandlung genommen und erweckt wurde und daß sie infolgedessen für die irdischen Begehrlichkeiten eines alten, torichten Bauern in keiner Weise vorhanden ist.

      „Hüff!“ sagt Nikoline. Und: „Etsch!“ sagt Nikoline. Und sie wehrt sich mit ihren Fäusten, in der dunklen Scheune beim Heuabladen, da irgend etwas nicht stimmen will.

      „Schämen Sie sich denn gar nicht?“ fragt Nikoline.

      Schämen? — Hagel und Blitzwärme und Pokker! Der Bauer möchte nur wissen, worüber man sich in dieser Angelegenheit schämen sollte.

      „Pfui! Sie sind doch schon ein alter Mann“, erklärt die Dienstmagd Nikoline.

      Das! Nein — das hätte die Dienstmagd niemals erklären sollen. Denn damit preßt sie den Lebenstrieb des Bauern so mächtig zusammen, daß es unabwendbar zu einer Entladung kommen muß.

      „Nikoline!“ ruft der Bauer Sigurd, „du bist ein Stockfisch ... Und mehr sag’ ich nicht.“

      Natürlich ist der Bauer von da an über das Leben verbittert und bäumt sich in wildem Trotz auf gegen das stumpfsinnige Walten der Naturkräfte, die sein Haar bleichten und ohne Gnade Tag um Tag in den Abgrund der Vergangenheit schaufeln. Dieses alles trägt der Bauer Sigurd mit sich herum bis zum Herbst.

      Auf dem Acker, als der Hafer, in Bündel gebunden, zusammenliegt, um auf lange Stangen zum Trocknen aufgeschichtet zu werden, bricht es aus: der Bauer Sigurd stößt unvermutet einen gellen Jauchzer in die Luft und springt über einen Haferhaufen, der nicht wenig hoch ist. Wahrhaftig, es gelingt ihm fast ebensogut wie in jungen Tagen.

      Der Bauer Sigurd wurde sicherlich von seiner eigenen Leistung überrascht und zu Höherem ermuntert. Und er stößt wiederum einen wilden Jauchzer aus und springf über den Haufen zurück.

      „Nein — in aller Welt!“ ruft Nikoline. „Wie sind Sie doch komisch! Das hätte ich nicht von Ihnen erwartet.“

      O, diese siebenmal geölte Dienstmagd verdreht jetzt die Augen und sperrt die Nasenlöcher weit auf. Und ringsum das ganze enge Tal ist glühend heiß und voll von Sonnenschein und aufstachelnder Natürlichkeit.

      Da wird der Bauer vollends toll. Er ruft: „Wie? Nicht jeder Zwanzigjährige macht mir das nach!“

      Aber er muß doch auch ein wenig schnaufen. Nikoline schweigt nur und lächelt.

      Und jetzt geschieht es, daß der Bauer seine Mütze vom Kopfe nimmt und sie auf eine der Stangen hängt.

      „Früher“, sagt er, und seine Augen blitzen, „früher sprangen wir auf, wenn wir Halling tanzten, und traten mit den Zehen an die Stubendecke. — Wie viele vermögen das heute noch?“

      Und so redet der alte Mann eine Zeitlang weiter und bläht sich selber auf und schmäht die Jugend. Und hierauf nimmt er einen mächtigen Anlauf. Und sein Fuß saust durch die Luft. Und sein Fuß trifft wahrhaftig die Mütze in über Manneshöhe. Soviel Wille und Kraft hat die Liebe in ihm entfacht.

      Aber bei diesem Sprunge verliert er das Gleichgewicht und fällt auf den Rücken. Mächtig schlägt er auf die Erde nieder. Da liegt er und bleibt liegen mit verzerrtem Gesicht und angstvoll fragenden Augen.

      Warum hat denn der Himmel die Knospen aus diesem alten Baume hervorgelockt? Vielleicht nur deswegen, um den Baum zu fällen? In des Bauern Rücken, in seinem Halse ist etwas kaputtgegangen. Sie tragen ihn auf den Hof. Erst in seinem Bett kommt er wieder zur alltäglichen Wirklichkeit zurück.

      Seit dem Herbst liegt er nun in seinem Bette, mit dem finsteren, fragenden Blick. Er wird nicht mehr aufstehen. Der große Sprung mit dem verwegenen Jauchzer — das war das Letzte. Das Allerletzte aber sei nur noch eine Frage von Wochen, von Monaten höchstens, sagt Doktor Kringlen.

      Ja, das Leben bleibt in jedem Falle merkwürdig verworren und die Ereignisse verfilzt, voller unglaublicher Verwicklungen und dunkler Zusammenhänge.

      Kein Mensch weiß wohl, wie das mit dem Bauer Sigurd seinen Anfang genommen. Die Leute sind kurzsichtig. Sie wackeln mit den Köpfen und behaupten, der Bauer Sigurd sei ein kompletter Narr. Und sie verstehen es nicht.

      Aber das Leben ist hart und doch nicht so ganz einfach, wie die Leute in ihrer Einfalt glauben.

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