Perry Rhodan 152: Die Raum-Zeit-Ingenieure (Silberband). Detlev G. Winter

Perry Rhodan 152: Die Raum-Zeit-Ingenieure (Silberband) - Detlev G. Winter


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Distanz folgen ließen.

      Als die ersten Maschinen von Explosionen zerrissen, unter in sich zusammenstürzenden Bauwerken begraben und von den Energiestößen der Elektronetze geschmolzen wurden, geschah das, womit niemand von uns gerechnet hatte. In den Geisterstädten wimmelte es mit einem Mal von Robotern aller Couleur. Viele von ihnen fielen schon in den ersten Minuten nach ihrem Erscheinen unseren Installationen zum Opfer. Doch Hunderttausende dieser kleinen Maschinen blieben unversehrt und stürzten sich mit solcher Vehemenz auf uns, dass unsere Gegenwehr schnell überrannt wurde.

      Wären diese Roboter auf Töten programmiert gewesen, es hätte für uns alle wohl das Ende bedeutet. Allerdings trafen sie keine Anstalten, uns Schaden zuzufügen – vorerst jedenfalls.

      Ich selbst wurde innerhalb weniger Augenblicke von mindestens einem Dutzend Robotern umringt – zwergenhafte, etwa einen Meter große Gestalten aus rostrotem Metallplastik. Zweifellos gehörten sie zum Vagenda. Sie hatten jeder zwei kurze Beine und vier bis zum Boden reichende Arme. Die Köpfe waren silbrig schimmernde Spitzkegel ohne sichtbare Öffnungen oder Sensoren.

      Die Roboter redeten! Sie gebrauchten den Tiefenslang, den wir alle beherrschten.

      »Ich bin dein Diener!«, schallte es mir vielstimmig in den Ohren, während Dutzende von Greifhänden an meinem TIRUN zupften und zerrten. »Du brauchst nur zu befehlen; ich gehorche.«

      Ich schielte zu den Gefährten. Die Exterminatoren waren so gut wie vom Boden verschluckt, denn sie hatten sich in bestens getarnten Verteidigungsstellungen eingenistet. Nur die beiden Jaschemen, Jen Salik, Tengri und unsere drei Orbiter befanden sich in meiner Nähe auf einem halb unter Sanddünen begrabenen Platz. Sie alle reagierten relativ hilflos oder zumindest irritiert. Die Jaschemen hatten ihre Schutzschirme aktiviert, etwas anderes war von ihnen auch nicht zu erwarten gewesen. Dass sogar Domo Sokrat darauf verzichtete, seine Kräfte einzusetzen, um die zierlich wirkenden Roboter zu zerquetschen, ließ mich schmunzeln.

      Dieser Anflug von Ironie verging mir allerdings, als ich sah, dass eine Horde Roboter drei Exterminatoren aus einem Bunker zerrte und die Tiefenpolizisten förmlich in Stücke riss. Anschließend eilte jeder Roboter mit seinem Stück davon. Sie schienen in ihrem irren Drang, jeder einen Herrn zu finden, auch mit dem Stück eines Herrn vorliebzunehmen, wenn nicht für jeden ein Herr da war.

      »Schaltet die Schutzschirme ein!«, befahl ich über Funk. »Notfalls zerstört die Roboter! Sie sind nur Maschinen. Lasst sie keinesfalls zu nahe an euch heran!«

      Gegen unsere Energieschirme waren die Roboter in der Tat machtlos. Sie wurden bei der Berührung teils schwer beschädigt oder auch nur zurückgeschleudert. Dennoch drängten sie sich immer wieder an uns heran und schränkten allein dadurch unsere Bewegungsfähigkeit enorm ein. Zwar blieben die meisten Kriegsmaschinen der Grauen Heere von den Explosionen aufgerissen oder ausglühend in den Minenfeldern liegen, und die Sturmtruppen verhielten sich abwartend, doch unaufhörlich quollen in breiter Front weitere Maschinen über den Rand des Plateaus. Irgendwann, und das wohl sehr bald, würden unsere Vorrichtungen erschöpft sein.

      »Zurück!«, ordnete ich an. »Zieht euch durch die tote Zone an die Grenze des Glaslabyrinths zurück!«

      Aber nicht weiter!, warnte das Tabernakel von Holt telepathisch. Wenn jemand ohne Erlaubnis der Lla Ssann ins Glaslabyrinth eindringt, ruft das unweigerlich die Armee der Schatten auf den Plan.

      »Weiter kämen wir vorerst sowieso nicht«, gab ich zurück. »Das Glaslabyrinth ist immer noch von der freien Vitalenergie verhüllt. Sobald sie sich verflüchtigt, sehen wir weiter. Vorher müssen wir uns aus der Umklammerung der Roboter lösen und größeren Abstand zu den Grauen Heeren gewinnen.«

      Wir setzten uns in Bewegung. Zu dicht aufschließende Roboter wurden zerstört – und für einige Minuten gewannen wir tatsächlich wieder Abstand. Dann setzten die Roboter Projektoren ein, die unsere Schutzschirme destabilisierten. Bei den Exterminatoren brachen sie sogar teilweise zusammen. Aus unserem anfangs geordneten Rückzug wurde eine unkontrollierte Flucht. Es war Glück im Unglück, dass die Grauen nicht zügig nachstießen, sondern sich vorsichtig durch die tote Zone tasteten.

      Was bedeuteten unter diesen Umständen schon die höchstens 30 Kilometer, die uns vom Glaslabyrinth trennten. Ohnehin wusste ich so gut wie nichts über jene Region, denn das Tabernakel hatte bisher nur bruchstückhafte Informationen preisgegeben. Höchste Zeit, dass das schwarze Kästchen uns mehr verriet – vor allem, wie wir die Erlaubnis der Lla Ssann gewinnen sollten, in ihr Gebiet einzudringen ...

      Die goldfarbenem Nebel ähnelnde freie Vitalenergie brodelte über der Grenze zwischen dem Bereich mit den Geisterstädten und dem Glaslabyrinth. Das Tabernakel von Holt hatte sich nach der Flucht aus der toten Zone unmittelbar an der Grenze in den Innenhof eines vierstöckigen Bauwerks hinabgesenkt, das ebenso verlassen zu sein schien wie alle anderen Gebäude. Ich war ihm mit Jen und Tengri gefolgt. Unsere Orbiter hatten sich uns ebenso angeschlossen wie die beiden Jaschemen und einige Exterminatoren.

      Auch wenn die Grauen Heere momentan Distanz hielten, die Luft war erfüllt vom fernen Donnern unaufhörlicher Explosionen, vom Dröhnen, Röhren und Heulen der uns folgenden Kriegsmaschinerie. Die Grauen belegten die von uns und den Exterminatoren wieder verlassenen Gebiete der toten Zone seit Stunden mit einem nicht enden wollenden Trommelfeuer. Eine wahre Feuerwalze tobte durch die letzten Sperrgürtel.

      Ich fragte mich, wie viele der kleinen Roboter der toten Zone in diesem Inferno vernichtet wurden. Immerhin schienen genug von ihnen zu entkommen, dass sie uns die Hölle heiß machen konnten, wie Terraner zu sagen pflegten. Seltsamerweise wurden wir, das heißt, die kleine Gruppe um Tengri, Jen und mich, längst nicht so schlimm attackiert wie das Gros der Exterminatoren. Vielleicht, weil sich das Tabernakel bei uns befand? Ich war mir dessen sogar ziemlich sicher, denn das Kästchen war bislang in keiner Weise von den Robotern bedrängt worden.

      Ich eilte den Torweg entlang, der aus dem Innenhof zur Grenze des Glaslabyrinths führte. Angespannt spähte ich in das farbenprächtige Funkeln und Flackern eines wahren Ozeans großer Kristallgebilde. Es erstreckte sich mindestens über den Bereich, auf den die Vitalenergie den Blick freigegeben hatte.

      Jen Salik kam an meine Seite. »Wir werden bald eindringen müssen.« Er nickte in Richtung Glaslabyrinth. »Bonsin und Tengri versuchen bereits, telepathisch Kontakt mit den Hütern des Vagendas aufzunehmen.«

      »Ich versuche es zusätzlich über Funk«, sagte ich. Immerhin wussten wir nicht, ob eine telepathische Verbindung mit den Lla Ssann überhaupt möglich war.

      Jen lehnte sich mit schussbereiter Waffe an eine Mauer und beobachtete die Umgebung des vierstöckigen Bauwerks. Ich konnte damit ungestört alle Möglichkeiten einer Kontaktaufnahme mit den Lla Ssann testen. Nach zehn Minuten musste ich eingestehen, dass meine Versuche, Funkkontakt mit den Hütern des Vagendas aufzunehmen, gescheitert waren.

      Wieder musste ich an Lordrichter Krart denken. Ich zweifelte nicht daran, dass er ernsthaft interessiert war, Jen, Tengri und mich für die Sache des Graulebens zu gewinnen. Er hatte nach dem Abschuss unserer Gondel geradezu mit Engelszungen argumentiert, um uns von der Graukraft zu überzeugen.

      Trotzdem war es schlicht undenkbar, dass wir Ritter der Tiefe uns den Grauen Lords anschlossen. Auch wenn es wahr sein sollte, dass die Raum-Zeit-Ingenieure fehlerhaft oder sogar teilweise verbrecherisch handelten, würden wir niemals zum Gegner überlaufen. Etwas anderes war es, die Haltung des Lordrichters zu unseren Gunsten zu nutzen. Solange er hoffte, uns »bekehren« zu können, würde er wenigstens zögern, uns mit allen Mitteln vernichten zu wollen. Wie ich die Situation einschätzte, hatte Krart starke Widersacher und dementsprechende Schwierigkeiten im eigenen Lager. Das, und nicht reine Selbstlosigkeit, konnte der Grund dafür sein, dass er Jen, Tengri und mich in die Graue Kammer, das Führungsgremium der Grauen Lords, holen wollte. Vielleicht sollten wir seine Hoffnung, uns für sich zu gewinnen, ein wenig anfachen.

      Das stoßweise Schrillen der von den Exterminatoren eingesetzten Intervallwaffen schwoll binnen Sekunden zum Crescendo an. Ich ließ den TIRUN die letzten Kontaktversuche mit den Lla Ssann abbrechen und auf Helmfunk schalten.

      »Was geht da vor sich?«, erkundigte ich mich bei Jen,


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