Der Ruul-Konflikt 15: Operation Himmelswolf. Stefan Burban
waren, bevor er sich ihnen anschloss. Hoffer saß an seinem Schreibtisch und erhob sich, als seine Gäste auf der Bildfläche erschienen. Die Tür schloss sich hinter Frank nahezu geräuschlos.
»Meine Herren, meine Dame. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee? Tee? Vielleicht etwas Stärkeres?«
Alle Anwesenden verneinten das Angebot mit kurzem Kopfschütteln. Frank schloss sich dem an, obwohl er jetzt wirklich zu gern eine Tasse Tee genossen hätte. Er wollte aber nicht der Einzige sein, der ein Getränk orderte. Gruppenzwang war etwas Furchtbares.
Hoffer nahm die Ablehnung seiner Gastfreundschaft gelassen hin und deutete auf eine bequem wirkende Sitzecke an der Stirnseite seines Quartiers. Die Offiziere begaben sich dorthin und jeder suchte sich einen Platz. Aber alle blieben noch so lange stehen, bis Hoffer sich zu ihnen gesellt und gesetzt hatte.
»Nun«, begann der Admiral. »Sie werden sich alle fragen, warum ich Sie hergebeten habe.« Hoffer sah auf. Frank war verblüfft von der Intensität des Blickes in den Augen des alten Admirals. Viele neigten dazu, den Mann aufgrund seines Alters zu unterschätzen. Aber um ihn charakterlich richtig einordnen zu können, musste man sich lediglich ins Gedächtnis rufen, dass diesen hochdekorierten Offizier selbst die Besten der Ruul nicht hatten schlagen können.
»Am besten«, fuhr Hoffer fort, »ich fange erst einmal an, Sie alle einander vorzustellen.« Hoffer deutete auf den Admiral. »Vizeadmiral Laszlo Dushku sollte eigentlich für niemanden hier ein Fremder sein. Der Admiral ist seit Beginn der Operationen im Serena-System Teil meines Stabes.« Hoffers Blick glitt zu der MAD-Offizierin. »Lieutenant Lory Roberts vom Analysten-Stab des MAD.« Hoffer deutete auf den asiatisch wirkenden Mann neben ihr. »Und Lieutenant Haruto Ihara, ihr Assistent.« Hoffer wandte sich dem zweiten männlichen MAD-Offizier zu. »Captain Harriman Bates, Feldagent des MAD.« Endlich wandte sich Hoffer Frank zu. »Und Commodore Frank Taylor vom 12. Schnellen Angriffsgeschwader.« Der Admiral seufzte. »Da nun alle vorgestellt wurden, können wir endlich mit dem eigentlichen Thema beginnen.« Hoffer machte eine kurze Pause. Als er anschließend aufsah, wirkte er irgendwie besorgt. »Die Operationen im Serena-System sind vorläufig abgeschlossen. Dieser Teil des Weltraums gehört endlich wieder uns. Aber so erfreulich das ist, stellt es uns leider auch vor gewisse Probleme.«
»Welcher Art?«, wollte Harriman Bates wissen.
»Die Koalitionsflotte hier im System wird sich bald auflösen. Die Einheiten kehren zu ihren Völkern und in heimatliche Gefilde zurück. Sie wurden uns bis zur Einnahme des Systems von ihren Regierungen leihweise überlassen.«
Harriman wandte den Blick ab. Er wollte seinen Unmut vor dem Admiral verbergen. »Ich ahne, worauf das hinausläuft.«
Hoffer nickte. »Der MacAllister-Vertrag. Wir sind dazu verpflichtet, den Bedingungen des Vertrages nachzukommen. Es wurden von einigen Botschaftern auch bereits entsprechende Anträge eingebracht. Und die Präsidentin hat ihnen entsprochen. Wir schicken also Schiffe und Truppen zu unseren Verbündeten, um diese bei deren Operationen zu unterstützen.«
»Wir sind Teil dieser Vereinbarung«, meinte Dushku. Der Admiral schien alles andere als erfreut darüber, als Leihgabe betrachtet zu werden. Dabei vergaß er aber, dass Serena ohne die erheblichen Opfer ihrer Verbündeten nicht hätte zurückerobert werden können. Frank betrachtete es nur als fair, diesen Gefallen zu erwidern.
»Und wo schicken Sie uns hin?«, fragte Dushku mit unüberhörbarer Verärgerung in der Stimme.
»Zu den Til-Nara«, erläuterte Hoffer ohne Umschweife. »Diese planen in nächster Zeit eine Offensive mit dem Ziel, mindestens einen, idealerweise aber mehrere Brutplaneten zurückzuerobern. Die Til-Nara hoffen, dadurch ihre Geburtenrate zu erhöhen und sich besser gegen die Slugs behaupten zu können. Der Verlust mehrerer auf die Geburt und Aufzucht der Insektoiden spezialisierten Welten zu Beginn des Krieges war ein herber Schlag für die Til-Nara.« Hoffer lächelte schmal. »Wir nennen die Mission in den Til-Nara-Raum Operation Himmelswolf.«
Dushku verzog die Miene. »Die Til-Nara besitzen mit Abstand das größte Militär der Koalition. Können die das nicht alleine schaffen? Wozu brauchen sie uns?«
»Das ist keine Frage der Größe des Militärs. Unsere Schiffe sind flexibler einsetzbar. Außerdem brauchen die Til-Nara unsere schwere Infanterie und unsere Panzer zum Knacken befestigter feindlicher Stellungen, auf die man während der Offensive mit Sicherheit stoßen wird.«
»Schicken Sie jemand anders«, warf Dushku ein. »Ich werde am besten dort eingesetzt, wo ich dem Konglomerat dienen kann.«
Hoffer warf dem Vizeadmiral einen missmutigen Blick zu. »Warum überlassen Sie es nicht einfach mir zu entscheiden, welchen meiner Untergebenen ich wohin schicke?«
»Admiral, bei allem Respekt …«, beharrte Dushku.
»Kein Wort mehr darüber!«, fiel Hoffer ihm ungewohnt harsch ins Wort. »Die Entscheidung ist getroffen und Sie werden sich gefälligst fügen! Haben wir uns verstanden?«
Dushkus Gestalt versteifte sich. »Verstanden, Sir.« Um die aufkeimende peinlich berührte Stille zu überspielen, räusperte sich der zurechtgewiesene Offizier und kam auf die Operation selbst zu sprechen. »Wie viele Schiffe und Truppen umfasst die Mission?«
»Vierhundertfünfzig Schiffe und eine Viertelmillion Mann an Bodentruppen.«
»Wer führt das Kommando über die Bodenstreitmacht?«
»Lieutenant General Boris Kusnezow. Er wurde bereits über seine Rolle bei dem Einsatz informiert. Ich hätte es gern gesehen, wenn er heute auch hier gewesen wäre, aber er ist momentan auf dem Planeten gebunden. Ich werde ihn vor Ihrer Abreise noch zu einem persönlichen Gespräch bitten, um alle etwaig anfallenden Fragen seinerseits zu klären.«
Dushku nickte gemessen und Hoffer fuhr fort, indem er sich den drei MAD-Offizieren zuwandte. »Ihre Aufgabe dürfte klar sein. Sie, Captain Bates, sind Feldagent. Sie werden der zuständige MAD-Offizier bei der Operation sein und sowohl die Til-Nara als auch die terranischen Truppen mit nachrichtendienstlich relevanten Informationen über den Feind versorgen.«
Harriman Bates zog seine Mundwinkel leicht nach oben. Auf Frank wirkte es beinahe, als würde sich der Mann darauf freuen.
Hoffer richtete sein Augenmerk auf Lory Roberts sowie deren Adjutanten. »Sie beide sind Analysten und dementsprechend wird auch Ihre Aufgabe sein. Sammeln Sie alle Informationen. Sowohl über die Ruul als auch die Til-Nara und falls möglich über die Nerai und die derzeitigen Beziehungen zwischen beiden Völkern.« Der Admiral musterte die beiden Offiziere eingehend. »Ihre Aufgabe ist nicht nur von essenzieller Bedeutung für die bevorstehende Operation. Nach Ihrer Rückkehr erwarte ich einen umfassenden Bericht über die Zustände in der Hegemonie. Die Präsidentin zählt auf sie. Wir müssen wissen, wie belastbar unser Bündnis mit den Insektoiden ist.«
Die MAD-Offizierin kniff leicht die Augen zusammen. »Informationen sammeln? Über Verbündete?«
Hoffer zuckte leicht mit den Achseln. »Heute Verbündete, morgen vielleicht Feinde? Wer weiß? Wir sollten die Gelegenheit auf jeden Fall nutzen. Niemand kann vorhersehen, wie sich unser Verhältnis entwickelt. Das ist alles Politik und die kann von heute auf morgen umschlagen. Außerdem werden wir auf absehbare Zeit keine solche Gelegenheit mehr erhalten, die Insektoiden aus nächster Nähe zu beobachten und Daten zu sammeln.«
Lory nickte. »Verstanden, Sir.« Ihara entgegnete gar nichts. Der Asiate schien allgemein eher der schweigsame Typ zu sein.
»Commodore Taylor«, sprach Hoffer endlich Frank an. »Das bringt mich zu Ihrer Position. Sie werden der dienstälteste Geschwaderkommandant der Expeditionsflotte sein. Aus diesem Grund werden Sie auch als Admiral Dushkus oberster Divisionskommandant fungieren und für die Zusammenarbeit der einzelnen Einheiten sorgen. Ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Das ist kein besonders dankbarer Posten. Wir schicken keinen einheitlichen Verband zu den Til-Nara, sondern eine Streitmacht, die aus Geschwadern und Divisionen zusammengesetzt sind, von denen die meisten noch nie etwas miteinander zu tun hatten. Es wird Ihre Aufgabe sein, das zu ändern.«
Frank nickte. Auf