Ich - Ein Wahnsinnsjahr. Lena Eilstrup

Ich - Ein Wahnsinnsjahr - Lena Eilstrup


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diesen Zuständen werde ich noch zum Nervenwrack.

      Montag, 21. Januar

      Sie ist selbst schuld! Ist einfach in mein Zimmer gestürzt, ohne anzuklopfen. Das ist Verletzung der Intimsphäre!

      Ich habe versucht, Tarzan unter meinem Kopfkissen zu verstecken, aber davon war er gar nicht begeistert. Er sprang mit einem Tigersatz auf den Schreibtisch. Mama schrie vor Schreck und sagte Worte, die ich nicht aufzuschreiben wage. Sie hat mir damit gedroht, die Katze sofort töten zu lassen, weil eine schwarze Katze Unglück bedeutet. Tarzan machte einen Buckel, und das regte sie nur noch mehr auf.

      Ich sagte, daß sie dann erst mich töten müßte, aber das beruhigte sie auch nicht. Sie schrie, ich könne zu Papa und seinen Fischen ziehen. Mitten in dem ganzen Krach rief Bent Ivan an und mußte sich ihr Gejammer über ihre verzogene Tochter anhören. Jedenfalls konnte er sie beruhigen. Er behauptet, daß er weder etwas gegen meine Katze noch gegen mich hat. Dafür werde ich ihn respektieren. Bestimmt hat er Tarzans Leben gerettet. Aber ich vertraue ihm nicht.

      Mama sagt, das ganze Haus stinkt nach Katzenpisse. Sie hat Tarzan verboten, im Haus herumzulaufen. Katzen markieren ihr Territorium. Das ist ihr natürlicher Instinkt.

      Dienstag, 22. Januar

      Tarzan hat auf meinen Walkman gepinkelt und damit einen Kurzschluß verursacht. Er haßt es, an der Leine zu laufen, und Susanne meint, ich soll ihn einfach frei im Garten laufen lassen. Aber ich habe Angst, er könnte verschwinden oder von einem herumstreunenden Hund gefressen werden. Er ist ja noch so klein. Susanne hat mir versprochen, daß ich dann einfach eine neue Katze bekomme. Sie haben immer noch drei übrig. Katzen haben einen niedrigen Kurswert.

      Ich habe Oma angerufen und ihr von Tarzan erzählt. Sie hat gesagt, sie freut sich drauf, ihn zu sehen.

      Mittwoch, 23. Januar

      Habe ein Buch über Katzenpflege ausgeliehen. Es gibt vieles, was ich noch nicht wußte. Katzen haben ihre eigene Psyche. Ich darf Sand aus der Sandkiste bei den Nachbarn holen, deren Kinder sind inzwischen groß. Da pinkelt Tarzan gern rein.

      Bent Ivan und Sohn sind mit einem Bett vom Flohmarkt angekommen. Mikkel hat zwanzig Kronen gekriegt, damit er ausprobiert, in Papas Arbeitszimmer zu schlafen. Sie sind dabei, das Haus zu übernehmen, aber Mama glaubt das nicht.

      Ich habe Mikkel verboten, hier hereinzukommen und Tarzan anzufassen. Eine Katze hängt sich nicht gern an viele Menschen.

      Mama ist nur mit Bent Ivan beschäftigt. Ich muß ihr ins Gewissen reden, ob sie sich das mit dem festen Freund wirklich gut überlegt hat. Sie beschwert sich immer über ihre schlechten Erfahrungen mit Papa, mit dem sie es fünfzehn Jahre lang ausgehalten hat. Die Ehe ist bestimmt schiefgelaufen, weil Mama auf Konserven und Tiefkühlkost steht. Essen war ihr nie besonders wichtig, und der Abwasch auch nicht. Papa wollte gutes, gesundes, selbstgekochtes Essen, damit auch ich mich gut entwickeln konnte. Ich denke, sie hätten sich in der Mitte treffen sollen, dann hätten wir chinesisch vom Grill essen können. Wenn sie auf mich gehört hätten, hätte ihre Ehe bestimmt noch eine Chance gehabt.

      Papa hat versucht, das Beste draus zu machen. Er hat einen Kochkurs für Männer mitgemacht, während Mama ihre Freundinnen getroffen hat. Er kam öfters betrunken nach Hause und sie mit glühendem Kopf. Plötzlich waren eines Tages seine Zahnbürste, sein Rasierapparat und seine Kochbücher verschwunden. Da wußte ich, was los war. Er wollte mich nicht mitnehmen, weil er gut verstand, daß ich nicht die Schule wechseln und in einer Wohnung im vierten Stock wohnen und milieugeschädigt werden wollte. Übrigens ist es eine Dreizimmerwohnung mit Waschmaschine, Geschirrspülmaschine, Mikrowellenherd und allem, so kann er seine Überstunden machen und automatisch abwaschen. Papa hat schon immer an alles gedacht.

      Sorry wegen der Schrift. Tarzan spielt mit dem Kugelschreiber.

      Donnerstag, 24. Januar

      Oma hat Liebeskummer. Sie hat am Telefon eine geschlagene Stunde über einen Malermeister gejammert, der ihre Türen gestrichen und ihr Herzklopfen bereitet hat. So was ist lebensgefährlich in ihrem Alter!

      Ich habe ihr eins von Susannes Kätzchen angeboten, aber sie meint, sie sei zu alt für eine Katze und hätte wegen der vielen Überfälle auf ältere Damen eher Bedarf an einem Mann. Der Malermeister ist ein Mann mit eigener Firma, der kann sicher gut auf sie aufpassen.

      Tarzan ist ein wahnsinnig lieber Kater. Er rollt sich gerade auf dem Schreibtisch zusammen. Mama hat erlaubt, daß das Katzenfutter vom Haushaltsgeld bezahlt wird, wenn ich, ohne zu meckern, jeden zweiten Tag den Abwasch übernehme. Was tut man nicht alles für seine Katze?

      Freitag, 25. Januar

      Morgen gehe ich auf ein Klassenfest bei Thomas aus der Achten. Ich bin als Lückenbüßerin eingeladen worden, weil noch ein Mädchen fehlte. Mia hat mich vorgeschlagen, sie geht mit Thomas’ kleinem Bruder, Rasmus. Das kann stark werden. Nur habe ich nichts anzuziehen.

      Mama hat mir ihre schwarze Bluse angeboten. Aber ich laufe doch nicht in Klamotten rum, die sie abgelegt hat. Also bin ich rüber zu Papa. Er war zu Hause, wollte aber gerade gehen. Er hat mir Geld für eine neue Bluse und einen Hamburger gegeben. Er roch total nach dem neuen After-shave, dem keine Frau widerstehen kann, wie es in der Werbung heißt.

      Samstag, 26. Januar

      Hab’ mir von Susanne einen wahnsinnig kurzen grünen Minirock geliehen und dazu eine dünne rote Bluse gekauft, transparent (!), echt erotisch. Mama meint, sie sei häßlich. Sie nimmt überhaupt keine Rücksicht auf meine Gefühle. Von ihr habe ich mir die geblümten Strümpfe und ein Paar Stöckelschuhe ausgeliehen. Hab’ schon geübt, damit zu tanzen.

      Mikkel habe ich erlaubt, auf Tarzan aufzupassen. Mama hat im Supermarkt einen ganzen Vorrat von dem billigsten Katzenfutter gekauft, das nur aus Fleischabfällen gemacht ist. Eine Katze braucht doch täglich frischen Fisch!

      Jeder soll selbst was zu trinken zum Fest mitbringen. Ich habe heimlich eine Flasche Wein gekauft.

      Sonntag, 27. Januar

      Tarzan liegt am Fußende und leckt meine Zehen. Das kitzelt.

      Ich habe Kopfschmerzen: mein erster Kater! Ich habe mir vorgenommen, nicht zur Alkoholikerin zu werden.

      Wein, tolle Musik, viel Platz zum Tanzen ... Ich war ziemlich umschwärmt.

      Thomas ist ein toller Typ, sportlich angezogen, echt erwachsen und der Geliebte von Marianne. Sie klebte an ihm und ließ niemanden sonst in seine Nähe. Mia sagt, die beiden haben eine sexuelle Beziehung.

      Seine Eltern hatten versprochen, oben zu bleiben, sind aber trotzdem runtergekommen, um guten Tag zu sagen. Sie mußten uns unbedingt zeigen, wie toll sie Jive tanzen können (ein altmodischer Tanz aus ihrer Jugend). Es war total peinlich. Später kamen sie noch mal runter. Der Lärm würde sie nicht stören, sagten sie, aber die Nachbarn hätten sich beschwert, darum sollten wir etwas runterdrehen, damit nicht die Polizei käme.

      Rasmus hat mit mir geredet. Er trug schwarze Jeans und einen gestickten goldenen Adler auf dem Hemd – seine Eltern haben es ihm aus Thailand mitgebracht. Ich habe meinen Wein getrunken, und er hat sich ein Bier reingezogen. Wir sahen einander in die Augen, du weißt schon ... sehr vielsagend.

      Mia wurde stinksauer. Sie war auch sauer, weil er den Arm um mich legte. Aber das hat er nur gemacht, damit ich ihn stützen konnte, als er sich in eine Topfpflanze übergeben mußte. Thomas hat die Pflanze später in den Müll geschmissen. Ich wünschte, ich hätte auch einen großen Bruder. Normalerweise mag ich es nicht, wenn jemand sich erbricht, aber mit Rasmus war es irgendwie etwas anderes. Ich habe ihm versprochen, daß er Tarzan sehen darf. Mia sagt, Katzen würden ihn gar nicht interessieren, nur Fußball. Ich glaube, sie ist eifersüchtig oder hat irgendwie Verdacht geschöpft.

      Im Augenblick rasiert Bent Ivan sich im Badezimmer. Er hat sein Deo auf das Badezimmerregal gestellt und seinen Bademantel in die Wäsche gestopft. Ich will ein Schloß an der Toilettentür und einen Zettel mit Benutzungszeiten.

      Montag, 28. Januar

      Ein grauer, stinklangweiliger Schultag.


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