BLOOD RIVER - FLUSS DES GRAUENS. Phillip Tomasso

BLOOD RIVER - FLUSS DES GRAUENS - Phillip Tomasso


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eine einmalige Gelegenheit, und die will ich nicht verpassen, nur weil irgendwo ein i-Punkt fehlt. Ich mache mich auf den Weg. Ich kann’s nicht erwarten, nach dieser … Kreatur zu fischen. Könnt ihr euch vorstellen, was ist, wenn wir das Vieh fangen, und es eine neue, noch nie gesehene Tierart ist? National Geographic, der Pulitzer Preis, der Nobelpreis … ich bin dafür. Ganz und gar dafür.«

      Curtis und Joanne sahen sich an.

      Rick beobachtete sie. Er kannte die Gedanken, die ihnen durch den Kopf gehen mussten, die ihm durch den Kopf gegangen waren: Eine Million Variationen von Was, wenn?

      Was, wenn wir uns irgendeine seltsame Krankheit einfangen?

      Was, wenn uns ein Dschungeltier beißt und wir dadurch den Verstand verlieren?

      Was, wenn wir nach 30 Tagen Forelle eine Essstörung bekommen?

      Was, wenn uns irgendein Unfall einen Arm oder ein Bein abreißt?

      Was, wenn wir ums Leben kommen?

      Curtis seufzte und klickte seinen Kuli. »Das wird uns also berühmt machen, Rick?«

      »Das kann ich nicht garantieren, aber ich denke, dass wir so oder so eine einmalige Gelegenheit haben, ein Abenteuer zu erleben, das sich nur den wenigsten Menschen bietet. Ein echtes Abenteuer. Keine Schauspielerei in einer Fernsehshow. Unsere Show wird wahr sein. Danny und du, ihr werdet die Realität filmen. Es geht doch um vieles mehr, als einfach nur um eine Angelsendung. Wir werden wie eine Expedition sein und jeden Schritt unserer Reise filmen, damit sie vielleicht Millionen von Amerikanern sehen können!«

      »Verdammt, du lässt das ganz großartig klingen«, sagte Joanne und unterzeichnete ihre Freistellungserklärung.

      Curtis schüttelte den Kopf. »He, Leute, ich lass euch doch nicht den ganzen Ruhm und Reichtum für euch behalten und bleib hier sitzen.« Auch er unterschrieb das Dokument.

      ***

      Danny folgte Rick zurück in sein Büro. Er trug immer noch das Plastikglas, das mit seinem dritten Champagner gefüllt war, und eine dicke Mappe unterm Arm mit sich herum.

      »Ich war gestern Abend in der Bücherei. Sonderlich viele Informationen gibt‘s gar nicht über Papua-Neuguinea. Über Papua auch nicht; das Land ist ja schon recht lange in zwei Teile getrennt. Papua-Neuguinea, das sie da PNG nennen, gehört nicht zu der Landeshälfte, in die wir fahren. Unsere Seite gehört zu Indonesien. Es gibt Freiheitskämpfer, die den Teil eines Tages mit PNG wiedervereinen wollen als ein eigenständiges Land. Kann man ihnen auch nicht verübeln. Diese Typen sind ziemlich hart drauf, habe ich den Eindruck, aber wohl nur, was ihre Sache angeht«, sagte er.

      Rick öffnete die Bürotür. »Willst du reinkommen?«

      »Ja, klar. Super.«

      Rick ging zu dem kleinen Tisch bei dem einzigen Fenster, das ihm vergönnt war. »Setz dich doch. Klär mich auf – was genau haben wir uns da eingebrockt?«

      »So ziemlich alles ist dichter Regenwald. Überall sind Flüsse. Äußerst hohe Luftfeuchtigkeit – die Temperaturen an sich sind nicht so schlimm, aber die Luftfeuchtigkeit scheint konstant zu sein, denke ich. Von daher werden wir wohl gut schwitzen«, sagte er. »Aber na ja, wäre gar nicht schlecht, ein paar Kilo abzunehmen, insofern will ich mich nicht beklagen. Was mir mehr zusetzt ist, dass es da überall diese Eingeborenenstämme gibt, so was wie Tarzan-Menschen. Verstehst du, was ich meine? Die laufen alle nackt rum und leben in den Bäumen und so. Sie benutzen Blasrohre, Pfeil und Bogen. Die haben keine Ahnung, was Zivilisation ist – keinen blassen Schimmer.«

      »Genau das denke ich auch von uns manchmal.«

      Danny lachte. »Ich meine das nicht philosophisch, ich rede von Kannibalismus: Die schleichen durch den Dschungel, stecken dich auf einen Spieß und rösten dich wie ein Ferkel. Deshalb mache ich mir um mein Gewicht Sorgen. Du dagegen – sieh dich doch an! Dich wird keiner essen wollen, wenn da noch jemand wie ich zur Auswahl steht.«

      Diesmal lachte Rick. »Ich lasse nicht zu, dass dich jemand isst, Danny.«

      »Okay, also eine meiner Fragen ist, was für Sicherheitsmaßnahmen wir haben?« Sein Lächeln verschwand und er sah ernst und nachdenklich aus.

      »Wir haben die Führerin, die sich gut in der Gegend auskennt. Du hast doch gehört, was in der Besprechung über sie gesagt wurde«, gab Rick zurück. Er lehnte sich im Stuhl zurück und überkreuzte die Beine. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf die gerahmten Fotos von seiner Familie, die an der gegenüberliegenden Wand hingen. Karen mit Jared auf einem Knie. Sie trugen Jeans und leichte Windjacken. Es war im Frühherbst und sie machten am Wasser von Hamlin Beach State Park ein Picknick: Hotdogs und gegrillte Hamburger. Die Bilder brachten Erinnerungen an den Tag zurück. Die Erinnerungen waren wie eine Videoaufnahme in seinem Gehirn gespeichert; er konnte die Szenen vor- und zurückspulen und jedes einzelne Detail sehen.

      »Rick?«

      »Was?«

      »Ich habe gesagt, dass unsere Führerin eine Frau ist – nicht, dass das schlecht wäre«, sagte er.

      »Ja, und?«

      »Na, wie ich sagte, es ist mir ja egal, aber wird sie eine Pistole dabeihaben? Kann sie uns vor diesen gefährlichen Eingeborenen beschützen?«

      Rick hob die Hand. »He, Moment mal – wer sagt denn, dass die Eingeborenen gefährlich sind?«

      »Sie sind Kannibalen. Sie essen Touristen oder Angler, was ja nun nicht gerade gastfreundlich ist.«

      Rick biss sich auf die Unterlippe. »Ich bin mir sicher, dass wir nirgendwohin gehen werden, wo es so gefährlich ist, dass man eine Waffe braucht.«

      »Na, ich weiß nicht. Ich mache mir etwas Sorgen. Rick, ich bin in Kanada gewesen – sechzig Meilen westlich von hier. Sonst nirgendwo. An den Niagarafällen. Ich bin nicht so viel rumgereist wie du. Außer, dass ich da ein paarmal war, bin ich noch nie außerhalb des Landes gewesen.«

      Rick war in Kanada und in den Flitterwochen auf den Bahamas gewesen, nichts sonderlich Exotisches, Ausgefallenes oder Romantisches. Karen und er hatten oft über einen Europaurlaub geredet, einem Monat in Italien und England. Der Plan war immer dagewesen, nur war er nie ausgeführt worden. So wie die Dinge jetzt standen, machte er sich weniger um den Europaurlaub Gedanken als darum, ob er sie überhaupt noch zuhause vorfinden würde, wenn er von diesem Arbeitseinsatz heimkehrte.

      »Hier. Behalte die Infos, die ich rausgefunden habe. Lies dir das mal durch.« Die Mappe mit den Papieren und Notizen war dick. Danny hatte offensichtlich seine Hausaufgaben gemacht. Rick öffnete sie und begann zu lesen.

      Kapitel 5

      Rick hätte es gern gehabt, wenn ihn seine Frau und sein Sohn zum Flughafen gebracht hätten, doch Karen wollte davon nichts hören. Er konnte nicht anders, als es ihr übelzunehmen. Stattdessen verabschiedete er sich im Haus von ihnen. Lange hielt und umarmte er seinen Sohn – solange, bis das Taxi, das er bestellt hatte, in der Einfahrt hupte. Der Flughafen war an der Brooks Avenue, nur ein paar Meilen entfernt. Sie hatten nur ein Auto. Karen bot ihm nicht an, ihn hinzubringen, und er wollte ihr einziges Auto nicht einen Monat lang nutzlos auf dem Flughafenparkplatz herumstehen lassen.

      »Wenn es geht, versuche ich, euch anzurufen. Sobald wir im Dschungel sind, gibt es keine Telefone mehr«, sagte er.

      »Okay. Pass auf dich auf. Viel Spaß.« Flach und emotionslos.

      Geistesabwesend drehte er mit dem Daumen an seinem Ehering, als er das Haus verließ. Er schluckte und hatte einen leichten Kupfergeschmack auf der Zunge.

      Als sie losfuhren, starrte er von hinten im Taxi auf sein Haus. Nachdem es aus seinem Blickfeld verschwunden war, versuchte er, es auch aus seinen Gedanken zu verbannen. Er wollte seine Aufmerksamkeit auf das konzentrieren, was ihn erwartete.

      Der Sender hatte sich am Tag zuvor um das Gepäck gekümmert und es bereits mit Namensschildern versehen zum Flughafen bringen lassen. Das Einzige, was


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