BLOOD RIVER - FLUSS DES GRAUENS. Phillip Tomasso

BLOOD RIVER - FLUSS DES GRAUENS - Phillip Tomasso


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Gedanken wohl auf dem Papier erscheinen würden.

      Er sollte sich mit seinem Team und Halperin am Schalter im Greater Rochester International Airport treffen. Endlos lange dreißig Reisestunden standen ihnen bevor, inklusive Umsteigen und Verbindungsflügen. Der Flug von Rochester nach Chicago würde herrlich schnell gehen. In Chicago hätten sie über eine Stunde Wartezeit, bevor es auf den neunzehnstündigen Flug nach Japan ging. Außer Europa hatte Rick immer eines Tages Japan sehen wollen. Sie würden für zwei Stunden in Tokio sein, aber das war nur gerade lang genug, um etwas zu essen. Von Tokio aus würden sie zum Timika Flughafen auf der indonesischen Insel Papua fliegen. Niemand wusste, wie lange sie auf eine gecharterte Maschine warten müssten, die sie tief in den Regenwald zu einer kleinen Landebahn namens Oksibil bringen würde – nur ein paar Meilen von der Grenze zu Papua-Neuguinea entfernt.

      Rick entschied, an einem Kiosk im Terminal haltzumachen, bevor er sich mit seinem Team traf. Er hatte viel von Stephen Kings neuem Roman gehört, irgendetwas über einen tollwütigen Bernhardiner. Es klang eher dumm und würde vielleicht nicht so erfolgreich sein, aber die ersten Bücher des Mannes hatten ihm gefallen. Warum also nicht?

      Als er an den Bücherregalen entlangging, entdeckte er, dass King ein Buch mit vier Novellen veröffentlicht hatte. Das über den Hund war nirgendwo zu sehen. Er nahm außerdem noch die Oktoberausgabe vom Time Magazine mit, auf dessen Cover ein geldfressender Pac-Man abgebildet war. Er ging mit beidem zur Kasse und legte noch ein Päckchen Kaugummi dazu.

      »Das ist alles?«, fragte der Kassierer und zog die drei Sachen näher zu sich hin.

      Rick nickte. Die Informationen von Danny hatte er auch noch zu lesen. Als er letzte Nacht nicht schlafen konnte, hatte er das Meiste durchgeblättert. Viele Artikel und Informationen stammten von Missionaren, die in den frühen 70er Jahren unter den Wairoku gelebt hatten.

      »Diese Tylenol-Mordfälle sind völlig verrückt, was?«

      Normalerweise ist das Small Talk, dachte Rick, aber das ganze Land verfolgte die Tylenol-Mordfälle. Jemand hatte die extrastarken Schmerztabletten mit Zyanid versetzt. Sieben Menschen waren bisher gestorben.

      »Die Polizei ist immer noch keinen Schritt näher dran, jemanden zu verhaften, als sie’s im September war, wo das alles anfing«, sagte der Kassierer. »Und obwohl sie das Mittel jetzt vom Markt genommen haben, kann einem doch keiner garantieren, dass dieser Verrückte nicht einfach das gleiche mit andern Produkten im Regal macht.«

      »Wenn Sie mich fragen, macht sich da niemand im Laden dran zu schaffen. Das wird jemand im Verteilernetz sein, der für den Hersteller arbeitet«, entgegnete Rick.

      »Warum glauben Sie das?«

      »Na, die eine Lady hat die Tabletten ja nicht im Laden gekauft. Sie hat sie von der krankenhauseigenen Apotheke bekommen, nachdem sie gerade ein Baby zur Welt gebracht hatte«, sagte Rick. »Was die Theorie zunichtemacht, dass das Gift im Laden daruntergemischt wird. Aber ich bin mir sicher, dass sich die Polizei da besser auskennt. Ich bekomme schon beim bloßen Gedanken daran Kopfschmerzen«, sagte Rick.

      Der Kassierer nickte. »Ja, ich weiß.«

      Rick bezahlte, enttäuscht, dass sein kleiner Witz unverstanden blieb, und ging in das Terminal hinaus. Er legte sein Tagebuch zu den gerade gekauften Dingen in die Tüte. Kopfschmerzen hatte er zwar nicht, aber sein Magen grummelte. In einem Boot fischen zu gehen, war eine Sache, über ein Weltmeer zu fliegen, eine ganz andere. Bald war es soweit: Er würde sich in der Luft befinden und auf dem Weg ans andere Ende der Welt sein, um nach Fischen zu forschen, die mindestens einen Mann, möglicherweise aber noch viel mehr Menschen getötet hatten.

      ***

      Als er Brent Halperin sah, schüttelte Rick unwillkürlich den Kopf. Der Mann trug einen Anzug. Ihnen standen dreißig Stunden im Flugzeug bevor – niemand störte sich an Kakihosen und einem Polohemd. Sie schüttelten sich die Hände.

      »Was haben Sie denn da in der Tüte?«, fragte Halperin.

      »Nur ein paar Dinge, um mich während des Flugs zu unterhalten. Ein Buch«, sagte Rick und wollte es Halperin gerade zeigen, als er merkte, dass der Produzent ihm gar nicht zuhörte.

      Halperin strich seine Krawatte am frischgestärkten Hemd glatt und winkte jemandem hinter Rick zu.

      Rick drehte sich um und sah Joanne und Curtis. Auch er winkte ihnen zu.

      »Freuen Sie sich, Rick?«

      »Auf den Flug nicht so sehr.«

      »Nicht? Fliegen Sie nicht gerne? Ich liebe es«, sagte Halperin, ging an Rick vorbei, ignorierte Curtis und schüttelte Joanne die Hand. »Sieht so aus, als würden wir auf der gesamten Strecke nebeneinandersitzen. Stellen Sie sich das vor.«

      Man stelle es sich nur vor, dachte Rick. Joanne hatte ihm erzählt, dass Halperin ihr irgendwie ein ungutes Gefühl vermittelte. Er hatte ein paarmal mit ihr ausgehen wollen, und da sie es nicht fertigbrachte, ihm zu sagen, dass sie nicht an ihm interessiert war, hatte sie sich jedes Mal damit rausgeredet, keine Zeit zu haben. Es lag daher zum Teil auch an ihr – Halperin wusste es nicht besser und dachte, dass er eine Chance hatte.

      »Curtis.«

      »Joanne.«

      »Völlig abgefahren«, sagte Curtis.

      »Der Flughafen?«, fragte Rick, der wegen der Flüge etwas nervös und sich bewusst war, es an Curtis auszulassen, indem er ihn foppte.

      »Nein, Mann. Die ganze Nacht hab ich nur daran gedacht, dass wir nach Papua fliegen. Ich habe kaum geschlafen. Ich meine, ich hab ja oft überlegt, mal so richtig zu lernen, ein Kameramann zu sein, aber jetzt mit den Beta-Kameras und wo ich die einfach benutzen kann? Mann, ich fahre voll drauf ab. Das ist so was von, von … cool.«

      »Ja, ist es, Curtis«, sagte Rick und klopfte ihm leicht auf die Schulter. Es brachte nichts, ihn zu foppen. Curtis würde den Witz gar nicht bemerken. »Hast du was von Danny gehört?«

      Curtis schüttelte den Kopf. »Wir haben gestern Abend geredet. Er hat mir von den Kannibalen auf der Insel erzählt. Ich meinte: Ey, komm, Alter, verdirb mir nicht den Spaß.«

      »Curtis.«

      »Was?«

      »Es gibt Kannibalen auf der Insel«, sagte Rick und merkte, dass es einfach zu verlockend war, seinen Spaß mit ihm zu haben.

      »Du willst mich auf den Arm nehmen.«

      Rick hob die Hände. »So stark bin ich nicht.«

      »Wo ist Danny?« Halperin gesellte sich mit Joanne zu ihnen.

      Rick lächelte. Joanne verzog das Gesicht.

      »Ich habe gestern Abend mit ihm geredet«, sagte Curtis wieder. »Er kommt. Er wird gleich hier sein.«

      »Ich bin hier. Hier bin ich!«

      Alle drehten sich um. Danny eilte ihnen aus der Sicherheitszone neben dem Schalter entgegen, eine Handtasche oder so was Ähnliches über die Brust geschlungen. Er trug schwarze Cargoshorts und braune Wildlederstiefel ohne Socken. Sein armeegrünes T-Shirt lugte unter einem aufgeknöpften rot-weißen Hawaiihemd hervor.

      »Habt ihr alle eure Bordkarte?«

      Das hatten sie, und Joanne schwenkte ihre sogar hin und her. »Hier ist sie.«

      »Sollen wir einsteigen?«, fragte Halperin. Es klang nicht wie eine Frage.

      »Rick. Rick«, sagte Danny.

      »Bin froh, dass du’s geschafft hast«, sagte Rick.

      »Um ein Haar hätte ich’s nicht. Mir ist mulmig geworden.«

      »Angst vorm Fliegen?«

      »Angst davor, verhaftet zu werden.« Danny und Rick folgten den anderen.

      »Niemand wird dich in Indonesien verhaften.«

      »Um Indonesien mache ich mir auch keine Sorgen.«

      Rick


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