HOTEL MEGALODON. Rick Chesler

HOTEL MEGALODON - Rick Chesler


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seit der Zeit der Dinosaurier.«

      »Und warum schwimmt dann jetzt einer davon auf uns zu?«

      Coco schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen blassen Schimmer.«

      »Was könnte es denn sonst sein? Vielleicht irrst du dich ja.«

      »Entweder handelt es sich um einen unnatürlich großen Weißen Hai – viel größer als alle bisher bekannten – oder um einen Megalodon, der irgendwie überlebt hat. Etwas Anderes ist ausgeschlossen. Selbst wenn man die Maße mal außen vor lässt, sieht es weder nach einem Tiger-, Stier- oder Mako-Hai aus.«

      Mick konnte sich vom Anblick der Kreatur nicht losreißen. »Stimmt. Er sieht genauso aus wie ein übergroßer Weißer Hai.«

      »Und er legt auch das gleiche Jagdverhalten an den Tag. Schau nur, wie er Kreise zieht – das ist typisch für einen Weißen Hai. Halt die Kamera drauf!«

      Mick hob das Gerät hastig auf. Vor lauter Aufregung war ihm gar nicht eingefallen, ein Video davon aufzunehmen. Er richtete das Objektiv durch den transparenten Boden des U-Boots nach unten auf den gigantischen Fisch, dann begann er, den Mitschnitt zu kommentieren: »Zu dumm, dass seine Größe aus dieser Einstellung gar nicht richtig hervorgeht, doch hierbei handelt es sich laut Meinung unserer U-Boot-Kapitänin Coco Keahi um einen Megalodon.« Er schwenkte kurz auf die Anzeige des Sonars und dann wieder zurück zu dem Hai.

      »Die Messgeräte geben an, dass er noch hundertfünfzig Fuß unter uns schwimmt. Auf diese Entfernung hin, würde kein Weißer Hai so groß erscheinen. Wir schätzen die Länge dieses Tiers deshalb auf mindestens sechzig Fuß.«

      Er nahm noch ein paar Sekunden lang auf, bevor er die Kamera wieder abschaltete. »Wäre der Zahn, den wir gefunden haben, denn groß genug für einen Megalodon?«

      Sie wandte sich gerade so lange vom Steuer ab, dass sie seinen Blick erwidern und ernst nicken konnte.

      »Wie sollen wir das bloß James erklären?«

      ***

      James White stand bereits am Dock des U-Boots und empfing die beiden bei ihrer Rückkehr. »Und?«, fragte er, kaum dass Mick die Kuppel aufgestoßen hatte. »Wie sieht es aus?«

      Der Mechaniker schüttelte den Kopf und sprang auf den Steg, ehe er sich umdrehte, um Coco eine Hand zu reichen. »Irgendetwas hat das Rohr vollkommen zerstört. Oberhalb des Endes ist es an mehreren Stellen über ein paar Fuß hinweg aufgerissen. Kein Wunder also, dass sich kein Wasserdruck aufbauen kann. Sehen Sie selbst.« Er reichte White die Kamera, nachdem er ein Standbild der beschädigten Leitung auf dem Display aufgerufen hatte. Der Hotelbesitzer kniff die Augen zusammen, während er die Details des beunruhigenden Schnappschusses zu verinnerlichen versuchte.

      »Sieht nicht so aus, als hätten Sie es reparieren können«, meinte er.

      Coco stimmte ihm zu: »Leider ist es keine einfache Verstopfung.«

      White schaute von der Kamera zu ihr. »Was ist dort Ihrer Auffassung nach geschehen?«

      Sie zögerte kurz, während sie die Miene ihres Arbeitgebers zu deuten versuchte. Er machte natürlich einen verärgerten Eindruck, aber nicht so sehr, also beschloss sie, ihm ihre verwegene Theorie zu erläutern: »Ich vermute, dass ein Tier dafür verantwortlich ist, Sir.« Am besten brachte sie es ihm schonend bei. Kreischende Meeresvögel störten die Stille, während er ihre Antwort abzuwägen schien.

      »Welches Tier? Das gleiche rätselhafte Tier, das gestern angeblich das U-Boot beschädigt hat?«

      Coco blieb weiterhin sachlich und nickte. »Ja, davon gehe ich aus, Mr. White. Wenn Sie sich das hier bitte anschauen würden …« Sie drehte sich um und trat vor den Greifarm des Fahrzeugs, in dessen Klaue nach wie vor der sechs Zoll lange weiße Zahn steckte. Sie kniete sich hin und zog ihn heraus, um ihn mit der Spitze voran White hinzuhalten. Dieser riss seine Augen weit auf, als er ihn entgegennahm, und drehte ihn dann fassungslos in seinen Händen.

      »Soll das etwa ein Witz sein?« Er bedachte Coco und Mick abwechselnd mit einem zornigen Blick. Die zwei schüttelten ihre Köpfe, entgegneten jedoch nichts. »Falls ja«, fuhr White wütend fort, »ist er nämlich komplett nach hinten losgegangen. Genaugenommen können Sie es mir genauso gut gleich sagen. Ist das nur ein dummer Scherz?« Er streckte die Hand mit dem Riesenzahn darin aus. »Ich garantiere Ihnen, finde ich im Nachhinein heraus, dass es einer ist, sind Sie beide mit sofortiger Wirkung gefeuert!«

      Der aggressive Tonfall trieb Coco nun doch dazu, ihren eigenen Standpunkt entschiedener zu verteidigen: »Wir haben diesen Zahn aus dem Inneren des beschädigten Rohrs gezogen, Mr. White. Ich kann nach bestem Wissen beteuern, dass er von einem Hai stammt – genauer gesagt, von einem Tier, das erheblich größer ist, als alle gegenwärtig bekannten lebenden Spezies.«

      »Ich habe keine Zeit für Ihre Mätzchen. Erklären Sie mir einfach, was es Ihrer Ansicht nach ist«, blaffte White sie an.

      »Ich denke, dass es sich hierbei um einen lebenden Verwandten des carcharodon beziehungsweise des carcharocles megalodon handelt, einem prähistorischen, ausgestorbenen Hai, der dreimal so lang ist wie ein neuzeitlicher Weißer Hai.« Sie machte eine kurze Pause, um Whites Reaktion zu beobachten.

      Er gab ihr den Zahn zurück und sagte: »Vielleicht können Sie den ja für einen Ihrer Öko-Lehrvorträge gebrauchen. Ich muss mich jetzt weiter darum kümmern, diese elende Leitung zu reparieren. Wir haben schließlich Gäste dort unten, die Fünf-Sterne-Hotels in den Tropen ohne Klimatisierung nicht gewohnt sind.«

      Bevor er die Kamera an Mick zurückgab, holte er die Speicherkarte heraus. »Ich nehme die Aufnahmen zu den Technikern mit, damit wir uns auf einen Weg zur Lösung dieses Problems festlegen können.« Der Mechaniker nickte und White eilte davon.

      Nun rief er noch über seine Schulter hinweg: »Sehen Sie gefälligst zu, dass das U-Boot in Kürze für weitere Tauchfahrten bereit ist!«

      ***

      In seinem Triton-Privatbüro übertrug James White nun die Daten von der Speicherkarte auf seinen Desktop-PC. Beim Sichten des Foto- und Videomaterials auf dem Großbildschirm stieß er mit einigem Missfallen auf ein paar Bilder von Coco als Pseudo-Werbeschönheit, während sie vor einem Tauchgang am Pier herumalberte. Dass diese zwei Clowns imstande gewesen waren, Eindrücke von der beschädigten Rohrleitung festzuhalten, überraschte ihn, denn er wusste, dass Coco mit ihrem Tauchschein eigentlich gar nicht so tief hinunterfahren konnte. Vermutlich war es nicht gerade vernünftig gewesen, sie dort hinabzuschicken, doch wenn es ein Problem gab, gehörte dies nun mal zu ihrem Job. Die psychologischen Tests, welche man im Rahmen der Stellenausschreibung mit ihr durchgeführt hatte, hatten schließlich bewiesen, dass sie sich hervorragend anpassen konnte, und sollte das alles tatsächlich wahr sein, und sie hatte da unten wirklich irgendein gewaltiges Meereslebewesen gesehen, das die Schuld für den Schaden am U-Boot trug … Tja, in diesem Fall konnte sie doch keine so schlechte Kapitänin sein, richtig?

      Er rief jetzt das letzte Video auf und schaute es sich an, wobei seine Züge mit jedem Kreis, den der große Hai zur Oberfläche hinzog, immer weiter entglitten. Er löschte diese Aufnahme genauso wie alles andere, ausgenommen die Mitschnitte vom Ansaugrohr.

      Dann entfernte er die Speicherkarte und machte sich auf den Weg zur Ingenieurswerkstatt.

      Kapitel 10

      »Hier drin ist es verdammt heiß, Stanley!«

      Priscilla, die Ehefrau von Stanley Doherty, dem Besitzer einer der berühmtesten Mannschaften der NBA, lag im Bett und fächelte sich mit einer Zimmerspeisekarte Luft zu.

      »Entspann dich, ich sehe mal nach, ob es hier irgendwo einen Temperaturregler gibt.« Er schaute sich suchend in der Suite um. »An dieser Wand hängt er bestimmt nicht«, frotzelte er mit Verweis auf die vom Boden bis zur Decke reichende Acrylscheibe, durch welche man das Riff sehen konnte.

      »Im Ernst, hör auf! Ich wollte eigentlich nach Bora Bora und einen Bungalow an Land beziehen. Aber du hast


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