Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz


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Ciechanow begeben. Zbyszko, der sich zwar schon viel wohler fühlte, aber doch noch nicht kräftig genug war, um ein Pferd zu besteigen, blieb mit seinen Leuten, Sanderus und dem böhmischen Knappen auf dem Jagdhof zurück, wo nun eine, die Oberaufsicht führende Edelfrau in gesetztem Alter die Pflichten der Hausfrau erfüllte. Aber mit allen Fibern seines Herzens zog es ihn zu seinem jungen Weibe. Wohl war es ihm ein unendlich süßer Gedanke, daß Danusia sein eigen war und keine Macht der Welt sie ihm mehr zu rauben vermochte, aber andererseits steigerte dieser Gedanke seine Sehnsucht noch mehr. Unaufhörlich wünschte er den Augenblick herbei, da er im stande sein werde, den Jagdhof zu verlassen, und überlegte, was er dann zu thun, wohin er sich zu wenden habe, und wie er Jurand versöhnen könne. Zwar überkam ihn auch manchmal eine große Unruhe, aber im allgemeinen stellte sich ihm die Zukunft im rosigsten Lichte dar. Danusia zu dienen und den Feinden die Pfauenbüsche von den Helmen zu reißen, dies erschien ihm als das Ziel seines Lebens. Gar häufig überkam ihn die Lust, mit dem Böhmen, den er lieb gewonnen hatte, davon zu sprechen, allein da er bemerkte, daß der Knappe, der Jagienka mit ganzer Seele ergeben war, nur ungern von Danusia sprach, und da er zudem das Geheimnis nicht enthüllen und nicht alles sagen durfte, was geschehen war, stand er schließlich immer wieder von seinem Vorhaben ab.

      Seine Gesundheit besserte sich indessen von Tag zu Tag. Eine Woche vor dem Christabend konnte er zum erstenmal ein Pferd besteigen, und obwohl er fühlte, daß ihm dies in der Rüstung noch nicht möglich sein werde, faßte er dennoch frischen Mut. Uebrigens glaubte er auch nicht, daß er sich binnen kurzem in Panzer und Helm zu Roß setzen müsse, und im schlimmsten Falle, meinte er, werde es nicht mehr allzulange währen, bis er kräftig genug dazu sei. In der Stube versuchte er zuweilen mit dem Schwerte zu einem Schlage auszuholen, und er kam ganz gut damit zu stande. Das Beil war ihm zwar noch zu schwer, doch sagte er sich, wenn er es mit beiden Händen beim Stil fasse, werde er es ganz gut schwingen können.

      Schließlich zwei Tage vor dem heiligen Abend, befahl er, die Wagen in Bereitschaft zu halten, die Pferde zu satteln und kündigte dem Böhmen an, er werde sich nach Ciechanow begeben. Der treue Knappe geriet darob nicht wenig in Sorge, vornehmlich da eine grimmige Kälte herrschte, aber Zbyszko sagte ihm: »Aengstige Dich nicht um mich, Glowacz,« – so nannte er ihn bisweilen, indem er seinen Namen ins Polnische übertrug – »wozu sollten wir denn noch länger hier auf dem Jagdhofe verweilen? Wenn ich in Ciechanow erkranken würde, ließe man mir auch dort die nötige Pflege angedeihen. Uebrigens will ich den Weg nicht zu Pferd, sondern zu Schlitten zurücklegen, ich will mich bis zum Halse unter dem Heu vergraben, mit Fellen zudecken, und erst wenn wir in der Nähe von Ciechanow angelangt sind, werde ich mein Pferd besteigen.

      Und so geschah es in der That. Der Böhme kannte seinen jungen Herrn genau und wußte, daß es nicht ratsam war, sich ihm zu widersetzen oder seine Befehle unausgeführt zu lassen. Eine Stunde später brachen sie daher auf. Als Zbyszko kurz vor der Abreise Sanderus mit seinen beiden Laden in einen Schlitten steigen sah, sagte er zu ihm: »Weshalb bist Du an mir hängen geblieben wie eine Klette an der Schafwolle? Du sprachst doch davon, daß Du nach Preußen wollest.«

      »Ja, ich sprach davon, daß ich nach Preußen wolle,« entgegnete Sanderus. »Aber wie könnte ich mich bei solchem Schnee allein auf die Reise machen? Die Wölfe würden mich ja auffressen, bevor der erste Stern am Himmel erscheint, und hier zu bleiben, dazu habe ich gar keine Ursache. Nein, ich ziehe vor, die Leute in der Stadt durch fromme Werke zu erbauen, sie mit meiner heiligen Ware zu beschenken und aus den Klauen des Teufels zu retten, wie ich es dem Vater der ganzen Christenheit in Rom geschworen habe. Zudem habe ich Euer Gnaden außerordentlich lieb gewonnen und ich will Euch vor meiner Rückkehr nach Rom nicht verlassen, weil es wohl möglich ist, daß ich Euch irgend eine Gefälligkeit erweisen kann.«

      »Er ist besonders gern bereit, auf Euere Kosten zu essen und zu trinken, Herr,« bemerkte nun der Böhme, »diese Gefälligkeit erweist er Euch am liebsten. Aber wenn uns im Walde bei Przasnysz ein Rudel Wölfe überfällt, dann können wir ihn zum Fraße hinwerfen, denn zu etwas Besserem taugt er nicht.«

      »Paßt nur auf, daß Euch die sündigen Worte nicht am Schnurrbart anfrieren,« entgegnete Sanderus. »Solche Eiszapfen schmelzen nur im Höllenfeuer.«

      »Ei was!« versetzte Glowacz, seinen noch etwas spärlichen Schnurrbart streichend, »und ich sage Dir, sobald wir Rast machen, wird Bier gewärmt, Du aber bekommst nichts davon!«

      »Eine neue Sünde! Denn es heißt in der Schrift: Du sollst den Durstigen tränken!«

      »Nun, einen Eimer voll Wasser sollst Du dort haben, und inzwischen bekommst Du, was ich jetzt in der Hand halte.«

      Bei diesen Worten nahm er soviel Schnee, als er mit beiden Händen fassen konnte, und warf ihn Sanderus ins Gesicht. Doch dieser wich zurück, indem er sagte: »Ihr seid ganz unnötig in Ciechanow, denn dort wird ein kleiner Bär aufgezogen, der schon ganz gut mit Schneebällen werfen kann.«

      So ergingen sie sich in Spottreden, obwohl sie sich im Grunde recht zugethan waren. Zbyszko ließ es ruhig zu, daß Sanderus mitfuhr, denn der wunderliche Mann ergötzte ihn und schien zudem eine gewisse Anhänglichkeit an ihn zu haben.

      Der Aufbruch vom Jagdhofe fand an einem hellen Morgen statt, während eine solche Kälte herrschte, daß man die Pferde durch Decken schützen mußte. Eine dichte Schneeschichte lag über der ganzen Gegend. Die Dächer der Hütten waren kaum zu sehen, stellenweise schien der Rauch gerade aus den weißen Schneemassen hervorzukommen und von der Morgenröte rosig gefärbt, stieg er dann empor, sich hoch oben in kleine, den Federbüschen der Ritter gleichende Ringe zerteilend.

      Zbyszko fuhr in einem Schlitten, teils um seine Kräfte zu schonen, teils der strengen Kälte wegen, vor der er sich auf dem Heulager und durch Pelzdecken am besten schützen konnte. Er befahl Sanderus, sich zu ihm zu setzen und die Armbrust bereit zu halten, falls sich Wölfe zeigen sollten. Unterdessen aber plauderte er fröhlich mit ihm.

      »In Przasnysz,« sagte er, »wollen wir nur die Pferde füttern und uns erwärmen. Dann fahren wir sogleich weiter nach Ciechanow, um der Herrschaft meine Verehrung zu bezeigen und dem Gottesdienst anzuwohnen.«

      »Und dann?« fragte Glowacz.

      Zbyszko lachte und entgegnete: »Wer weiß, dann vielleicht nach Bogdaniec.«

      Voll Verwunderung schaute ihn der Knappe an. Der Gedanke fuhr ihm durch den Kopf, daß sein Herr der Tochter Jurands entsagt habe, und dies erschien ihm um so wahrscheinlicher, als die Jungfrau den Jagdhof verlassen hatte. Zu den Ohren des Böhmen aber war die Kunde gedrungen, daß der Gebieter von Spychow dem jungen Ritter feindlich gesinnt war. Darob fühlte der treue Bursche eine gewisse Befriedigung, denn obgleich er selbst Jagienka liebte, blickte er doch zu ihr empor wie zu einem unerreichbaren Stern am Himmel und hätte freudig sein Leben hingegeben, um ihr Glück damit zu erkaufen. Auch Zbyszko hing er treu an, und den beiden bis zum Tode zu dienen, war das Ziel seiner Wünsche.

      »So läßt sich Euer Gnaden schon auf Euerm Erbgut nieder?« fragte er voll Vergnügen.

      »Wie könnte ich mich auf meinem Erbgut niederlassen?« entgegnete Zbyszko. »Habe ich nicht jene Kreuzritter herausgefordert und zuvor schon Lichtenstein? De Lorche erzählte mir, der Meister werde wahrscheinlich den König nach Thorn zu Gast bitten, und dann kann ich mich dem königlichen Gefolge anschließen. Auch glaube ich, daß in Thorn Herr Zawisza aus Garbow oder Herr Powala aus Taczew mir bei unserm Herrn die Erlaubnis auswirkt, bis aufs äußerste mit diesen Kreuzrittern, diesen Mönchen zu kämpfen. Sicherlich stellen sich diese mit ihren Knappen auf dem Wahlplatze ein und Du kommst gleichfalls ins Treffen.«

      »Käme es nicht so weit, so würde ich am liebsten Mönch werden,« sagte der Böhme.

      Zbyszko blickte ihn voll Befriedigung an.

      »Nun, dem wird es auch nicht gut gehen, der Deinem Eisen zu nahe kommt! Unser Herr Jesu verlieh Dir außerordentliche Stärke, doch darfst Du Dich dieser Stärke nicht allzusehr rühmen, denn ein richtiger Knappe muß demütig sein.«

      Der Böhme nickte mit dem Kopfe, zum Zeichen, daß er sich seiner Stärke nicht rühmen, den Deutschen gegenüber aber auch nicht mit seiner Kraft zurückhalten wolle, und Zbyszko


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