Geschichte der Englischen Sprache und Literatur. Ottomar Behnsch

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welcher zu ehren des kaisers den namen Antonin’s wall erhielt. Gegenwärtig heisst dieser wall Graham’s Dike, und die mauer Hadrian’s18 ist unter dem namen Pictenmauer bekannt.

      Es wurden jetzt auch in Britannien die vorboten des nahenden verfalles der römerherrschaft in dem streite um den besitz des kaiserthrones sichtbar. Auch die britannischen heerführer nahmen mit den in Britannien befindlichen legionen daran theil. Pertinax war kurze zeit kaiser, und Albinus wurde erst nach schwerem kampfe im jahre 197 von Severus bei Lyon besiegt und getödtet. Während dieser kämpfe, durch welche die aufmerksamkeit der römischen soldaten nach süden gelenkt wurde, erneuerten die Caledonier ihre einfälle. Zu gleicher zeit tritt an der nördlichen ostküste England’s, unmittelbar nördlich von dem Antonin’s walle ein neues streitbares volk gegen die Römer auf, welches von Dio Cassius Mäaten genannt wird, deren rückzug der nach Albinus tode von Severus zum proprätor ernannte Virius Lupus nur mit golde erkaufen konnte. Die plötzliche erscheinung dieser Mäaten zwischen den jenseits derselben hausenden Caledoniern und den Römern hat zu der annahme veranlassung gegeben, dass sie ein über das meer gekommener skandinavischer stamm gewesen seien. Sicheres ist nicht aufzufinden, indem ihr name bald wieder verschwindet. Als Virius Lupus nach einigen jahren dem erneuten andrängen der nördlichen feinde keinen erfolgreichen widerstand leisten konnte, eilte der kaiser Severus im jahre 208 nebst seinen beiden söhnen Geta und Caracalla durch Gallien mit einem grossen heere nach Britannien und drang im folgenden jahre nach Herodian’s bericht unter unsäglichen beschwerden und ununterbrochenen kämpfen durch gebirge, wälder und sümpfe bis an die nördlichste küste Britannien’s vor, durch welchen zug es zum ersten mal über allen zweifei erhoben wurde, dass Britannien eine insel sei. Gegen ende des Jahres 209 kehrte Severus nach Eburacum (York) zurück, wo er am 4. februar 211 starb.

      In den folgenden jahren der schwäche des römischen reiches zeigte sich bei den befehlshabern in Britannien die neigung, sich unabhängig zu machen, welches auch dem Carausius unter der regierung des Diocletian gelang. Unterdessen ging eine grosse veränderung im norden vor. Man nimmt nach einer späteren, zu Beda’s zeit bekannten Überlieferung an, dass einwanderer aus Irland unter einem führer, welcher Reuda genannt wird, in das westliche Schottland drangen und die grundlage desjenigen Volkes wurden, das später dem ganzen norden von Britannien den namen Schottland gab. Die alten Caledonier und die jüngeren Mäaten verschwinden von dem geschichtlichen schauplatz, und an ihre stelle treten die Picten19 und Scoten nebst einem neuen stamme, den Attacotten, deren wildheit bald gefürchtet wurde. In diese zeit fallen auch die ersten streif- und raubzüge der germanischen und scandinavischen seefahrer nach den östlichen und südöstlichen küsten Britannien’s. Um diesen einfällen zu begegnen, wurde eine reihe forts an den südöstlichen küsten errichtet und zu Gessoriacum (Boulogne) in Gallien, ferner in den häfen des heutigen Kent, Sussex und Hampshire eine bewaffnete flotte unterhalten. Ein Bataver aus dem stamme der Menapier, Carausius, schwang sich zum oberbefehlshaber der flotte auf und errang viele siege über die seeräuber. Durch seine erfolge kühn gemacht, verband er sich mit den deutschen stämmen auf der Britannien zunächst liegenden nordküste des festlandes, bemächtigte sich Gessoriacum’s, des schlüsseis zur überfahrt nach Britannien, und machte sich zum mitkaiser Diocletian’s und Maximian’s, welche würde und macht er während eines zeitraumes von sieben jahren 287 bis 293 zu behaupten verstand, indem er zugleich die seeräuber und die Scoten von den grenzen zurückhielt. Seine macht endete mit seinem tode, den er von der hand des Allectus erhielt, welcher sich bis 296 als herrscher behauptete, in welchem Jahre Constantius seine truppen schlug, und Allectus in der schlacht das leben verlor. Constantius selbst starb 306 zu York, der römischen hauptstadt von Nordbritannien, worauf sein sohn Constantin der grosse noch bis 312 in Britannien blieb, ehe er alleinherrscher der römischen welt wurde. Die folgenden inneren kriege um den römischen thron entblössten Britannien von truppen, weshalb die Picten und Scoten ihre raubzüge in den süden des landes erneuerten. Sie wurden von dem magister armorum Lupicinus mit in der eile zusammengerafften Herulern, Mösiern und Batavern vertrieben, wonach das land einige zeit der ruhe genossen zu haben scheint.

      Unter Julian’s regierung mögen die stürme der nördlichen feinde, so wie die einfälle der Dänen und Sachsen zur see von neuem begonnen haben, denn bald nach der thronbesteigung des Jovian ist Britannien von allen seiten bedrängt, ohne dass bis in die zeit seines nachfolgers Valentinian irgend ein erfolgreicher widerstand geleistet worden wäre. Valentinian überliess seinem bruder Valens die regierung des ostens und verwendete seine eigene ganze kraft auf die erhaltung des westens. Im jahre 368 erhielt er auf dem wege von Amiens nach Trier die nachricht von einem neuen und furchtbaren einfalle der barbaren, welche den befehlshaber der seeküste (bereits litus saxonicum genannt) Nectaridus besiegt und erschlagen und den befehlshaber des nördlichen Englands, Fullofaudes, in einen hinterhalt gelockt und getödtet hatten. In dieser grossen noth wurde Theodosius nach Britannien geschickt, welcher die feinde mit der plünderung der gegend um London beschäftigt fand. Es gelang ihm, die raubscharen zu verjagen und ihnen die beute zum theil wieder abzunehmen. Aus seiner proklamation, wonach denjenigen, welche zu ihrer pflicht zurückkehren würden, verzeihung zu theil werden sollte, worauf auch eine grosse anzahl von den räuberischen horden abfiel, geht deutlich hervor, dass die unterjochte eingeborene (keltische?) bevölkerung gemeinsame sache mit den fremden machte. Nachdem Theodosius die ankunft des Civilis, eines neuen civilgouverneurs von Britannien, und des Dulcitius mit hilfstruppen, unter denen sich auch ein haufe Deutscher (numerus Allemannorum) mit ihrem „rex“ Fraomarius befand, in London abgewartet hatte, begann er seinen feldzug gegen norden und endigte ihn so glücklich, dass er den Picten und Scoten sogar den theil des landes zwischen der mauer Hadrian’s und dem walle Antonin’s, welchen sie in vollem besitze hatten, wieder abnahm und die sehr beschädigten städte und forts zur abhaltung der barbaren wiederherstellen konnte. Mit dem danke der friedlichen einwohner und dem wegen der besiegung der germanischen seeräuber erhaltenen beinamen Saxonicus (Pacatus Paneg. Theod.) verliess Theodosius die insel, nachdem er zuvor die ehrgeizigen pläne des Valentinus und Frontinus durchkreuzte; sie waren wegen politischer intriguen nach Britannien verbannt worden und setzten dieselben hier fort, indem sie eine verschwörung anstifteten, welche die losreissung Britannien’s von der römischen herrschaft bezweckte.

      Als der sohn des Theodosius, von Gratian zum nachfolger auserlesen, die kaiserliche würde annahm, empörte sich im jahre 383 Maximus, ein geborener Spanier, mit dem heere in Britannien und machte sich zum gegenkaiser. Dieser aufstand war in so weit glücklich, als Maximus nach seiner landung an der mündung des Rheins auch von den legionen in Germanien als kaiser begrüsst wurde. Theodosius sah sich genöthigt, dem neuen kaiser die provinzen Spanien, Gallien und Britannien zu überlassen, womit dieser sich aber nicht begnügte, sondern im günstigen Augenblicke über die Alpen ging und in Italien einfiel, wo er aber, von Theodosius besiegt, die krone mit dem leben verlor. Nach dem siege über Maximus begab sich Theodosius nach Gallien und schickte den Chrysanthus als statthalter nach Britannien, welcher dort die ruhe wiederherstellte. Der zug des Maximus ist von den alten geschichtsschreibern, besonders von Geoffrey von Monmouth (V, 14) zur einführung mancher fabeln in die englische geschichte benützt worden. Britannien, sagen sie, soll durch Maximus so von aller waffenfähigen mannschaft entblösst worden sein, dass es nicht mehr im stande gewesen, sich gegen die einfälle der barbaren zu schützen; ferner sollen die brittischen scharen, welche dem Maximus nach Gallien folgten, nach dessen niederlage sich in Armorica niedergelassen und diesem lande den namen Bretagne oder Kleinbritannien gegeben haben, worauf man die 11000 Jungfrauen, deren gebeine der stadt Cöln zugefallen seien, aus Britannien nach der Bretagne geschickt habe, um jenen scharen als weiber zu dienen. Aus der notitia imperii, welche um diese zeit entstanden ist, geht indessen hervor, dass zwar die XX. legion, welche lange zu Deva (Chester) gestanden hatte, gänzlich aus Britannien herausgezogen war, dass aber zwei legionen mit zahlreichen hilfstruppen immer noch zum schutze Britannien’s dienten und zwar dieselben, welche immer in diesem lande gestanden hatten: die VI. legion in ihrem alten hauptquartier zu Eburacum (York), und die II. legion, welche aber von Isca nach Rutupiae an die südöstliche küste verlegt worden war, entweder um die einfälle der Sachsen abzuwehren, oder um die Verbindung mit Gallien zu unterhalten. Dabei waren die südöstlichen und östlichen küsten stark befestigt und mehrere neue forts errichtet worden.

      Im anfange des fünften Jahrhunderts empörten sich die soldaten in Britannien und machten einen gewissen Marcus und


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