Unzucht. Jan Off

Unzucht - Jan Off


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      JAN OFF

      UNZUCHT

      Roman

      Überarbeitete Neuauflage

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      Jan Off, geb. im Jahre des Herrn 1967 in

      Nischni Nowgorod ; Mitglied im Vereinsvorstand

      von Traktor Tscheljabinsk; Bachmannpreisträger

      der Herzen; zurzeit in Hamburg ansässig.

       www.jan-off.org

      © Ventil Verlag UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Mainz, 2009

      Alle Rechte vorbehalten.

      1. Auflage der Überarbeitung November 2018

      ptint-ISBN 978-3-95575-106-7

      e-ISBN 978-3-95575-599-7

      Lektorat: Ingo Rüdiger

      Cover: Oliver Schmitt

      Ventil Verlag

      Boppstraße 25, 55118 Mainz

       www.ventil-verlag.de

      »I don’t give a damn for my reputation!«

       Joan Jett

      »I don’t give a fuck! I dont’t give a shit!

      Fuck! Shit! Fuck! Shit!«

       Peaches

      Inhalt

       Kapitel I

       Kapitel II

       Kapitel III

       Kapitel IV

       Kapitel V

       Kapitel VI

       Kapitel VII

       Kapitel VIII

       Kapitel IX

       Kapitel X

       Kapitel XI

       Kapitel XII

       Kapitel XIII

       Kapitel XIV

       Kapitel XV

       Kapitel XVI

       Kapitel XVII

       Kapitel XVIII

       I

      Der Strahl, der in kurzen Intervallen auf den Kiesweg trifft, ist überraschend durchsichtig, das Fleisch ihrer Schenkel viel zu weiß angesichts der Tatsache, dass der Sommer nicht erst gestern begonnen hat. Ich sehe ihr zu, verfolge das Schauspiel mit starrem Blick, wohl wissend, dass Offenbarungen dieser Art viel zu selten vorkommen, und ziehe wie blöd an meiner Kippe.

      Sie hockt da, keine zwei Meter von mir entfernt, den Rock über die Hüften, den Slip den entscheidenden Zentimeter zur Seite geschoben. Und während der Inhalt ihrer Blase aus ihr herausströmt, sieht sie mich unverwandt an, wobei ihre Lippen von einem Lächeln umspielt werden, das ebenso unschuldig wie aufreizend wirkt. Und genau diese Mischung ist es, die mich schwach werden lässt, dieser Sprengsatz aus Hilflosigkeit und Verheißung. Noch bevor sie sich wieder erhoben hat, bin ich bei ihr, gehe ebenfalls in die Hocke und lasse meine rechte Hand aus geringer Entfernung von den letzten Tropfen benetzen. Als ich ihr dann zwischen die Beine greife, ist es für meine Finger ein Leichtes, in ihre Spalte zu schlüpfen.

      »Komm, fick mich«, flüstert sie, bevor sie mein Gesicht in beide Hände nimmt und anfängt, mich zu küssen.

      Aber so geil ich auch bin, aufs Vögeln werden wir verzichten müssen. Ich habe mir zwölf Stunden lang Bier und Schnaps in den Hals gegossen, kann also das Risiko nicht ausschließen, dass sich mein Schwanz nur bedingt bis gar nicht mit Blut füllen wird. Den Zustand rauschbedingter Selbstüberschätzung, in dem derlei Sorgen keine Rolle spielen, habe ich bereits weit hinter mir gelassen. Dafür bin ich wieder bei Bewusstsein, was zwischenzeitlich nicht immer der Fall gewesen sein mag. Daran, wie wir hierher geraten sind, fehlt mir zum Beispiel jede Erinnerung.

      Ich war mit Freunden unterwegs gewesen, sie ebenfalls, und in irgendeinem Club waren wir dann aufeinandergetroffen, hatten getanzt, und da hatte das mit dem Küssen wohl angefangen. Im fahlen Licht der Morgendämmerung waren wir schließlich in diesem Park gelandet, hatten uns auf einer Bank breitgemacht und uns eine Flasche Bier geteilt, die einer von uns beiden an den Türstehern vorbeigeschmuggelt haben musste.

      »Warte, ich geh mal pissen«, hatte sie irgendwann gesagt, und ich hatte halb im Scherz entgegnet, dass sie mich zusehen lassen sollte.

      Das feuchte, geschwollene Fleisch, der Schmierfilm, die Wärme, die Beschleunigung ihres Atems – ungeachtet der Erkenntnis, dass die Lust, die mein Hirn beherrscht wie ein Tumor, keine körperliche Befriedigung finden wird, können meine Hände nicht damit aufhören, sich kundig zu machen. Ich muss das hier ohnehin zu Ende bringen, muss zusehen, dass ich aus der Geschichte halbwegs ansehnlich herauskomme. Also verändere ich den Druck, verändere die Geschwindigkeit, versuche um jeden Preis Wirkung zu erzeugen. Und dann stöhnt sie plötzlich laut auf, und dieses Geräusch lässt aus der trüben Suppe, die in meinem Denkapparat nach wie vor herumschwappt, einen Brocken Information an die Oberfläche steigen, der sich besser in den Grund gekrallt hätte: Das Mädchen, das sich da gerade an den Fertigkeiten meiner Finger erfreut, hat einen Freund, einen Freund, der dummerweise auch mein Freund ist.

      Jonas. Jonas und Rike. Ihn kenne ich aus einer Zeit, in der der Begriff Zukunft noch keinerlei Bedeutung besaß, sie seit dem Tag, an dem er sie mir vorgestellt hat, seit ungefähr fünf Jahren also – und genauso lange begehre ich sie auch. Ein stilles Verlangen, immer wieder beiseite gedrückt von der Unmöglichkeit, die Folgen eines derartigen Verrats ohne bitteren Beigeschmack zu ertragen. Und auch jetzt will das Über-Ich sein Schandmaul nicht halten, flüstert mir mit belegter Stimme Verhaltensregeln ins aufgepeitschte Hirn. Also löse ich mich von ihr, bringe mein Gesicht aus der Reichweite ihres Mundes.

      »Ich muss nach Hause. Meine Freundin …«

      Sie sieht mich eindringlich an.

      »Das meinst du nicht ernst, oder?!«

      »Ich bin ohnehin zu breit für was Sinnstiftendes.«

      »Okay.« Sie erhebt sich überraschend


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