Revolutionen auf dem Rasen. Jonathan Wilson

Revolutionen auf dem Rasen - Jonathan Wilson


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AFC, einer Armeesportgruppe, mit der sie das schottische Spiel in die englische Grafschaft Kent brachten. „Die Royal Engineers führten als erste Fußballmannschaft die ‚Kombinations‘-Spielweise ein“, schrieb W.E. Clegg, ein ehemaliger Spieler Sheffields, 1930 im Sheffield Independent. „Zuvor gewannen wir die Spiele, die sie gegen Sheffield austrugen, aber wir waren schwer überrascht, als sie zwischen zwei Saisons ‚militärische Fußballtaktiken‘ einbezogen hatten, mit dem Ergebnis, dass Sheffield unter diesen neuen Spielbedingungen nun schwere Niederlagen einstecken musste.“

      Im Schulfußball hatte Reverend Spencer Walker das Kurzpassspiel eingeführt, nachdem er als Lehrer an das Lancing College, das er bereits als Schüler besucht hatte, zurückgekehrt war. Sogleich machte er sich daran, einen „ziemlichen Lumpenhaufen in eine wohlgeordnete Mannschaft“ zu verwandeln. „Zuerst ging ich das Umringen des ballführenden Stürmers durch alle übrigen Stürmer an. Sie scharten sich um ihn, wo immer er auch hinlief. Also stellte ich Regel Nummer eins auf: feste Positionen für alle Stürmer, die dann den Ball von einem zum anderen zu passen hatten. Sie hätten die Gesichter unserer ersten Gegner sehen sollen, die zu sagen schienen: ‚Wo sind wir denn hier gelandet?‘“

      Allmählich wurde offensichtlich, dass dem Passspiel die Zukunft gehörte. Die Mannschaft der Old Carthusians, die 1881 im FA-Pokalfinale die Old Etonians mit 3:0 besiegte, blieb vor allem wegen ihrer Kombinationen, die insbesondere zwischen E.M.F. Prinsep und E.H. Parry gespielt wurden, in Erinnerung. Das einzige Tor der Old Etonians im Jahr darauf, mit dem sie die Blackburn Rovers, die als erste Mannschaft aus dem Norden überhaupt ins Finale eingezogen waren, besiegten, resultierte, so Green in seiner Geschichte des FA-Pokals, aus „einem langen Dribbling und einem Querpass“ des Spielers A.T.B. Dunn, der für W.H. Anderson auflegte. Nichtsdestotrotz waren die Etonians in erster Linie eine Mannschaft des Dribblings.

      

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       Der FA-Cup geht erstmals in den Norden: 1883 besiegt das Arbeiterteam von Blackburn Olympic (hier im Bild) im Finale die Old Etonians.

      1883 erhielt das Dribbelspiel endgültig den Todesstoß. Erstmals wurden mehr Mannschaften aus Gegenden außerhalb Londons für den Pokal gemeldet als aus London selbst. Erstmals ging der Pokal in den Norden, nachdem Blackburn Olympic die Old Etonians im Finale geschlagen hatte. Das Amateurzeitalter war – jedenfalls als innere Haltung – bereits abgelaufen. Dies wurde zwei Jahre später offiziell bestätigt, als die FA das Profitum legalisierte.

      In der Mannschaft von Olympic waren alle Spieler voll berufstätig. Es löste einige Aufregung aus, als der Läufer und De-facto-Trainer Jack Hunter sie vor dem Finale zu einem Trainingslager in Blackpool zusammenrief. Keine Frage – dies hatte nichts mehr mit dem zwanglosen Amateurismus zu tun, der von den oberen Klassen propagiert wurde. Durch eine Verletzung mussten die Etonians bereits frühzeitig im Spiel mit zehn Mann auskommen. Unabhängig davon ist es zweifelhaft, ob sie mit der ungewöhnlichen Taktik von Olympic zurechtgekommen wären, hohe und weite Bälle von Flügel zu Flügel zu schlagen. Der spät in der Verlängerung erzielte Siegtreffer war symptomatisch für das gesamte Spiel: Ein Diagonalpass von Tommy Dewhurst (einem Weber) auf der rechten Seite fand seinen Weg zu Jimmy Costley (einem Baumwollspinner), der auf der linken Seite nach vorne lief, die Nerven behielt und den Ball an J.F.P. Rawlinson, dem Schlussmann der Etonians, vorbei ins Tor schob.

      In Schottland war die Überlegenheit des Kurzpassspiels nichts Neues. „Welche erfolgreiche Mannschaft man auch nimmt“, schrieb der Kolumnist „Silas Marner“ im August 1884 in der Zeitung Scottish Umpire, „sie verdankt ihren Erfolg dem Moment, als man das Durchwühlen durch schnelles und genaues Passspiel ersetzte und sich anstelle des würdelosen Versuchs, den Gegner zu überwältigen, lieber dem Leder widmete.“ Davon waren aber noch immer keineswegs alle überzeugt. Nachdem Jamestown Athletics zwei Monate darauf im schottischen Pokal von Vale of Leven mit 4:1 geschlagen worden war, übte „Olympian“ im Umpire in seiner Kolumne „Auf dem Flügel“ scharfe Kritik an deren Kombinationsspiel. „‚Teile und herrsche‘ war die Maxime des großen Macchiavelli, als er Prinzen lehrte, wie sie regieren sollten. … Was soll ich zu dem Versuch von Jamestown sagen, die, wie ich annehme, die Wahrheit dieses Sinnspruches zu beweisen suchten. Ihre Annahmen waren zwar richtig, aber bei der Schlussfolgerung lagen sie äußerst falsch. Sie begingen den großen Fehler, anstelle ihrer Gegner sich selbst zu teilen und erhielten dementsprechend die Strafe dafür. Und was für eine Strafe! … Strategie kann niemals wichtiger sein als elf Paare flinker Beine.“

      Nun, da sollte sich der Kolumnist irren, denn schon bald wurde die Strategie eines der wichtigsten Elemente im Spiel. Zur Bestürzung der Traditionalisten in England und Schottland hieß dies, dass einer der beiden Mittelstürmer – der in einem passorientierten Spiel nach damaliger Meinung ohnehin nur eine unnötige Verdopplung der Rolle des jeweils anderen darstellte – weiter nach hinten rutschte. Im Lauf der 1880er Jahre wurde er schließlich zum Mittelläufer in der 2-3-5-Formation, der Schottischen Furche, die im englischen Sprachraum „Pyramide“ genannt wird. Beide Bezeichnungen leiten sich aus dem Dreieck ab, das sich von oben betrachtet bei diesem System ergibt.

      Es wird weithin angenommen, dass das 2-3-5 erstmals 1883 von der Universität Cambridge gespielt wurde, wie dies etwa der ungarische Trainer Árpád Csanádi in seinem umfang- und einflussreichen Fußball-Trainingshandbuch Soccer bekundet. Es gibt jedoch Belege dafür, dass man dieses System dort bereits sechs Jahre zuvor angewandt haben könnte. Ebenso war Nottingham Forest schon gegen Ende der 1870er Jahre ein glühender Verfechter dieses Systems. Dort erhielt man die Anregung dazu von Mannschaftskapitän Sam Widdowson, der auch den Schienbeinschoner erfand.

      Mit Sicherheit jedoch setzte der FC Wrexham einen Mittelläufer ein, als er im walisischen Pokalfinale von 1878 auf den FC Druids traf. Sein Kapitän und Verteidiger Charles Murless, ein örtlicher Immobilienhändler, entschied, E.A. Cross aus der Angriffsreihe zurückzuziehen. Offenbar glaubte er, dass der verbleibende Mittelstürmer John Price schnell genug war, um eine sich daraus ergebende Unterzahl im Angriff zu kompensieren. Murless’ Annahme wurde bestätigt, als James Davies ein umkämpftes Spiel zwei Minuten vor dem Schlusspfiff durch das einzige Tor des Tages entschied.

      Die allmähliche Verbreitung des 2-3-5 bedeutete, dass der Mittelläufer sich bald zum Dreh- und Angelpunkt der Mannschaft entwickelte – weit entfernt von jenem hartnäckigen Vorstopper, zu dem er später einmal werden würde. Er stellte einen Allrounder mit zahlreichen Fähigkeiten dar, war Verteidiger und Angreifer, Anführer und Antreiber, Torschütze und Zerstörer in einem. Er war, so der große österreichische Fußballautor Willy Meisl, „der wichtigste Mann auf dem Platz“.

      Faszinierenderweise listete der Sheffield Independent in seinem Bericht über das erste Flutlichtspiel – einen im Oktober 1878 ausgetragenen Schaukampf zwischen den „Roten“ und den „Blauen“ – jedes Team mit vier Verteidigern, einem Läufer und fünf Angreifern auf. Allerdings gibt es keinen einzigen Beleg dafür, dass jemals eine weitere Mannschaft in den darauffolgenden drei Jahrzehnten mit mehr als zwei Abwehrspielern auftrat. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass vielmehr ein 2-3-5 beschrieben wurde. Die Außenläufer, deren Aufgabe später das Abfangen der gegnerischen Innenstürmer werden sollte, wären dann nicht als Läufer, sondern als Verteidiger aufgelistet.

      Ein Beitrag im Scottish Athletic Journal vom November 1882 vermittelt einen Eindruck davon, welch wütende Reaktionen allein die Idee von Verteidigung auslöste. Die Angewohnheit „bestimmter Vereine vom Lande“, zwei Mann gut 20 Meter vom eigenen Tor entfernt stehen zu lassen, wurde klar missbilligt. Wie der Autor scharfzüngig feststellte, würden sie dort wohl „ein Schwätzchen mit dem Torhüter halten“. In ganz ähnlicher Weise verdammte man das Angriffsspiel des aus der Grafschaft Ayrshire stammenden Klubs FC Lugar Boswell Thistle mit lediglich neun Mann. Trotzdem kämpften die Reaktionäre auf verlorenem Posten, und im schottischen Pokalfinale von 1883 schlug Dumbarton das Team von Vale of Leven mit einem 2-3-5-System.

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       FC Wrexham – FC Ruabon Druids 1:0, walisisches Pokalfinale, Acton, 30. März


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