Seewölfe Paket 35. Fred McMason

Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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schroff und abweisend.

      „Der legt es auf eine Machtprobe an“, murmelte Philip junior.

      „Ich auch“, erwiderte der Seewolf. „Sobald wir den Hafen verlassen haben.“

      „Ist das ein Befehl, Sir?“ fragte Ben Brighton.

      „Natürlich.“ Philip Hasard Killigrew wandte sich wieder den Indern zu, während der Erste Offizier die Mannschaft auf Trab brachte.

      Eilends wurde der Anker aufgehievt. Die Männer am Gangspill legten ein beachtliches Arbeitstempo vor.

      Andere schoben die Riemen durch die Ruderpforten im Schanzkleid und begannen zu pullen. Die Schebecke aus dem Stand heraus in Fahrt zu bringen, noch dazu im Stehen, da Ruderbänke an Deck fehlten, war eine schweißtreibende Arbeit. Außerdem hatten die Arwenacks den Wind gegen sich und legten gerade deshalb eine beachtliche Schlagzahl vor.

      „Was bedeutet das?“ bellte Alokeranjan mit sich überschlagender Stimme.

      „Wir verlassen Tuticorin“, sagte der Seewolf. „Mannar ist unser Ziel.“

      Der Singhalese schnappte nach Luft.

      „Vorher gibt es noch einiges zu klären“, protestierte er. „Sie unterstehen meinem Befehl, Kapitän.“

      „Davon ist mir nichts bekannt.“

      „Ich sage es Ihnen hiermit!“

      Die Schebecke näherte sich dem Molenkopf. Schon fiel der Wind nicht mehr exakt von vorlich ein. Ein flüchtiger Blick hinauf zum Flögel im Großmasttop bestätigte Hasards Gefühl. Der trichterförmige, aus leichtem Segeltuch bestehende und an seinen beiden unterschiedlich großen Öffnungen mit Metallringen verstärkte Windsack hatte leicht nach Backbord gedreht.

      Noch war es zu früh, die Segel aus dem Gei zu nehmen. Aber im Gegensatz zu anderen Schiffen konnte der Mittelmeerdreimaster bis zu 4 Strich – teilweise noch höher – an den Wind gehen. Bei der momentan vorherrschenden Windrichtung Südwest zum Süden bedeutete das immerhin, daß ein Kurs Süden zum Osten unter Segeln möglich war. Vier Strich entsprachen genau 45 Grad des Kreises.

      „Alles in Ordnung, Sir“, sagte Ben Brighton, dem der forschende Blick des Seewolfs keineswegs entgangen war. Als Erster Offizier mußte er seine Augen überall haben.

      Aufreizend langsam wandte sich Hasard wieder den Indern und Singhalesen zu, die deutliche Unruhe erkennen ließen. Offenbar sahen sie ihre Felle davonschwimmen. Sogar Alokeranjan sackte merklich in sich zusammen.

      Von Land aus waren keine Unstimmigkeiten zu erkennen. Chandra Bose ließ die Schebecke ungehindert auslaufen.

      „Sie dürfen mich um Dinge bitten, Alokeranjan“, sagte Philip Hasard Killigrew. „Wenn Ihnen das nicht paßt, steht es Ihnen jederzeit frei, das Schiff zu verlassen. Schwimmen können Sie hoffentlich. Und nachdem dieser Punkt eindeutig geklärt ist, bitte ich Sie, mir unter Deck zu folgen. Für eine Nacht werden Sie etwas zusammenrücken müssen, aber ich versichere Ihnen dafür, daß Sie wie in Buddhas Armen schlafen werden.“

      Dina übersetzte. Die letzte Bemerkung ließ sie jedoch weg. Das behaupteten hinterher sowohl die Zwillinge als auch Dan O’Flynn.

      Hasard führte die Passagiere ins Achterschiff und den Niedergang hinunter, wo er ihnen auf dem unteren Deck zwei Kammern beidseits des Besanmasts zuwies. Beide Räume lagen unterhalb der Wasserlinie, aber jeden diesbezüglichen Protest ließ er unbeachtet.

      „Ich stelle zwei Männer zu Ihrer Verfügung ab“, sagte er. „Es kann also gar nicht geschehen, daß Sie das Backen und Banken verpassen oder sich an Bord verlaufen.“

      „Das klingt, als sollten wir bewacht werden, Capitán“, entgegnete Dina.

      „Fassen Sie das auf, wie Sie es für richtig halten. Mir liegt wenig daran, Leute wie Alokeranjan unbeaufsichtigt zu lassen.“

      „Ja“, sagte die Frau zu seiner Überraschung, „das verstehe ich.“

      Bis Philip Hasard Killigrew an Deck zurückkehrte, lief die Schebecke schon unter vollen Segeln auf Ostkurs durch die Bucht von Tuticorin.

      Das Meer war von hellem Blau, was auf geringe Tiefe schließen ließ. Kleine, langgezogene Wellen folgten der Windrichtung und der momentan vorherrschenden Strömung, die an der Küste entlang nach Nordosten verlief.

      Hasard kommandierte Bill und Matt Davies zu den Indern ab, bevor er sich aufs Achterdeck begab.

      Old Donegal empfing ihn mit den Worten: „Wir haben Geleitschutz, Sir. Eine Armada ist hinter uns.“

      Das war nicht mal übertrieben. Dutzende von Segeln folgten der Schebecke im Kielwasser. Sie gehörten zu Booten unterschiedlichster Größe. Durch das Spektiv, das Don Juan ihm reichte, erkannte Hasard mehrere Pattamars, eine der Sambuken, die im Hafen von Tuticorin gelegen hatten, und eine Vielzahl von Fischerbooten.

      „Die meisten können auf Dauer nicht mithalten“, sagte er. „Sobald der Wind auffrischt, fallen sie zurück. Sonst noch was?“

      „Der Hauptmann hat uns eine Bande von Rübenschweinen aufgehalst“, polterte Old Donegal. „Wenn wir mit denen keinen Ärger kriegen, gluckere ich nie wieder einen Tropfen.“

      Das war in der Tat ein besonderes Versprechen. Ehe Hasard darauf reagieren konnte, wurde es unter Deck unangenehm laut.

      „Und schon geht es los“, versetzte der alte Zausel.

      „Mister Carberry!“ rief Hasard nach vorn. „Wer glaubt, sich da aufführen zu müssen?“

      „Ich kann es nicht erkennen, Sir. Scheint aber so, als hätten unsere Passagiere Streit angefangen.“

      „Kümmere dich darum!“

      Edwin Carberrys „Aye, Sir!“ klang gar nicht so erfreut, wie das zu erwarten gewesen wäre.

      Jeder erwartete, ihn losbrüllen zu hören, daß die Masten wackelten. Als nichts dergleichen geschah, warfen sich die Männer vielsagende Blicke zu.

      Wenig später tauchte der Profos wieder unter der Querbalustrade des Achterdecks auf.

      „Senhor Capitán“, sagte er, „Senhor Alokeranjan erbittet ihre Gegenwart in seiner Kammer. Es geht um wichtige Dinge.“

      Hasard kniff die Brauen zusammen.

      „Hat er das genauso gesagt?“

      „Natürlich nicht.“ Carberry reckte trotzig sein Rammkinn und knirschte mit den Zähnen, daß man meinen konnte, zwei aneinanderreihende Mühlsteine zu hören. „Der Affenarsch hat sich noch ganz anders ausgedrückt.“

      „Und?“

      „Ich verstehe nicht …“

      „Hast du ihm gesagt, was du von ihm hältst?“

      Der Profos betrachtete bedauernd seine Fäuste. „Soll ich’s nachholen?“

      Philip Hasard Killigrew winkte ab. „Ich rede selbst mit ihm, und es wird mir ein besonderes Vergnügen sein.“

      Natürlich, hatte Alokeranjan eine der beiden Kojen in dem Raum für sich in Beschlag genommen. Obwohl er wie elend dalag, starrte er den Seewolf wütend an.

      „Ihr Schiff ist eine Gefahr. Seit ich unter Deck weile, setzt mir die Übelkeit zu.“

      „Dann sollten Sie schlafen“, sagte Hasard. „Das hilft.“

      „Unsinn!“ brauste der Singhalese auf. „Wir müssen Buddhas Zorn besänftigen. Aber davon verstehen Sie nichts.“ Ungeduldig wartete er darauf, daß Dina übersetzte und fügte hinzu: „Die See ist zu wild. Lassen Sie Segel wegnehmen!“

      „Das Meer ist überraschend ruhig“, erwiderte Hasard. „Wir haben nur eine langgezogene Dünung. Außerdem denke ich gar nicht daran, auch nur ein winziges Stück Tuch bergen zu lassen. Falls keine anderen Probleme anstehen, begebe ich mich wieder an Deck.“ Er wandte sich zum Gehen.


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