Seewölfe Paket 35. Fred McMason

Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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Man nahm an, daß Piraten sich eingeschlichen und das Chaos verursacht hätten.

      Eine knappe Stunde vor Morgengrauen wollten sie endlich an Bord gehen, doch da gab es nochmals eine Überraschung.

      Van der Koop hatte sich ein Spektiv bringen lassen und suchte damit die See ab.

      Die Optik zeigte ihm kurz darauf zu seiner großen Überraschung die Schebecke, die von See her auf den Hafen zuhielt. Diesmal lief sie unter vollen Segeln.

      „Das darf doch nicht wahr sein“, sagte er verblüfft. „Die Kerle tauchen schon wieder auf. Godverdomme, sind die hartnäckig und mutig. Die scheinen den Begriff Angst überhaupt nicht zu kennen. Sie wagen sich noch mal in die Höhle des Löwen.“

      Die anderen sahen gebannt zu und verfolgten jede Einzelheit. Einige der Wassergeusen hielten vor Überraschung den Atem an und stierten sich die Augen aus.

      Die Dons und die Portugiesen merkten noch nichts. Vor ihren Schiffen lagen feine Dunstwolken aus Qualm und Rauch, und so konnten sie das Wasser nicht einsehen.

      Die Schebecke segelte ziemlich schnell heran und stieß wie ein Habicht auf den Portugiesen zu, der für sie am günstigsten lag. Alle Rohre waren ausgerannt.

      Jetzt erst bemerkten die Portugiesen, daß da etwas nicht stimmte.

      Heisere Warnschreie waren zu hören, doch die gingen in einem gewaltigen Krachen unter. Jede Reaktion erfolgte zu spät.

      Auf der Schebecke blitzte es grell auf. Durch Dunkelheit und diffuses Zwielicht stach ein rötlicher Blitz. Der Donner folgte ein paar Augenblicke später.

      Der Blitz war noch nicht erloschen, als die Schebecke auch schon abdrehte.

      Auf der Karavelle war abermals die Hölle los. Ein Vollgeschoß traf den Großmast und zersplitterte ihn. Das Krachen und Bersten war überdeutlich zu hören. Laufendes und stehendes Gut brach. Der Mast platzte auseinander. Eine Wolke halbaufgetuchter Segel löste sich und begrub das Deck unter sich. Wie ein Leichentuch senkte sich das Zeug nieder. Ein paar Männer, die nicht mehr rechtzeitig entwischen konnten, wurden ebenfalls unter den Segeln begraben.

      Van der Koops nächstes „Godverdomme“ war fällig. Diesmal sprach er es mit leuchtenden Augen und flüsternd, fast andächtig.

      „Den Kerl möchte ich kennenlernen“, sagte er. „Der hat verdammt viel Dampf drauf, und frech ist er noch dazu.“

      Die Schebecke hatte zugebissen und nahm jetzt wieder Kurs aufs offene Meer, bis sie als kleiner Schatten in dem diesigen Grau verschwand.

      An Deck des Portugiesen aber herrschte Chaos. Männer wühlten sich brüllend durch die Trümmer, andere ließen die Stückpforten hochgehen und rannten die Kanonen aus.

      Aber sie sahen keinen Gegner. Der war längst außer Reichweite und für sie verschwunden.

      Die Dons auf der Galeone wurden ebenfalls sehr nervös und trafen alle Vorbereitungen zu einem Gefecht.

      Van der Koop lachte laut und schadenfroh, ehe er sich abwandte, um auf sein Schiff zurückzukehren.

       2.

      „Das war wahrhaftig ein Meisterschuß, Al“, sagte der Seewolf zu seinem Stückmeister, nachdem der Treffer registriert worden war und sie abgedreht hatten. „Daran werden die Portus eine ganze Weile zu kauen haben. Ihr Großmast ist beim Teufel.“

      Al Conroy warf einen Blick zurück auf das Chaos, das sie den Portugiesen beschert hatten und nickte dann. Ben Brighton reichte ihm das Spektiv.

      „Ja, ein guter Treffer“, gab er zu. „Zumindest ist die Karavelle für eine Weile flügellahm und nur schwer manövrierfähig.“

      Durch das Spektiv konnte er deutlich die Trümmer erkennen, die auf die Decks niedergegangen waren. Es war ein einziges Chaos aus Tauwerk, Splitterholz und Segeltuch. Eine Rah stand hochkant an den zersplitterten Mast gelehnt und drohte jeden Augenblick umzufallen.

      Unter dem herabgefallenen Segeltuch bewegten sich kriechende Gestalten, die verzweifelt versuchten, sich von dem schweren Zeug zu befreien. Andere Portugiesen rannten sinnlos von vorn nach achtern und wußten nicht, wie sie sich verhalten wollten.

      Aber es gab auch einige Besonnene, die rasch handelten.

      Mit dem letzten Blick durch das Spektiv sah der Stückmeister, daß auf der Karavelle Rohre ausgerannt wurden.

      „Sie machen gefechtsklar“, sagte er spöttisch. „Allerdings dürfte es jetzt ein bißchen zu spät sein.“

      Hasard lachte leise.

      „Immerhin war die Überraschung gelungen. Ich bedaure nur, daß der Spanier so ungünstig liegt. Bei ihm hätte ich gern für eine ebenfalls gelungene Überraschung gesorgt.“

      Sie drehten ab und törnten in südwestlicher Richtung weiter, bis sie den Hafen nicht mehr sehen konnten. Im Zwielicht des beginnenden neuen Morgens war nur noch leichter Dunst zu bemerken.

      „Ein zweites Mal dürfte es keine Überraschung mehr geben“, meinte der Spanier Don Juan de Alcazar. „Sie werden jetzt aufpassen und auf der Hut sein. Wir müssen aber das Gold zurückholen. Hast du schon eine Idee, Sir?“

      Der Seewolf schüttelte den Kopf.

      „Noch nicht. Aber da das Gold für den großen Akbar bestimmt ist und nicht uns gehört, werde ich alles dransetzen, es zurückzuholen. Bisher haben wir uns nur einen winzigen Teil beschaffen können. Es fehlen noch ein paar hundert Kisten.“

      „Die Spanier und Portus haben den größten Teil an Bord“, sagte Dan O’Flynn grimmig. „Und der Rest wird bald in alle Winde zerstreut sein. Etliche Kerle, die sich heilige Männer nennen, haben einen Großteil unserer Ladung ins Landesinnere abtransportiert. Ich bezweifle, daß wir noch alles zusammenkriegen.“

      „Seit wann bist du unter die Pessimisten gegangen?“ fragte der Seewolf. „Dieser Malindi Rama hat uns eine böse Suppe eingebrockt, die uns fast das Leben gekostet hätte. Aber ich bin sicher, daß wir diesen Bastard wieder aufspüren und auch die heiligen Männer finden, die den Weisheitszahn Buddhas und unser Gold ins Landesinnere gebracht haben. Bevor wir hier gründlich aufräumen, will ich mir jedoch Gewißheit verschaffen, ob wir es nicht mit noch einem weiteren Gegner zu tun haben.“

      „Du meinst den Holländer, Sir?“

      „Ja, das Schiff, das etwas weiter südlich versteckt in einer Bucht liegt, und dem wir Rauch- und Feuerzeichen gegeben haben. Bisher hat sich noch keiner der Holländer blicken lassen. Ich bin aber sicher, daß ihnen die Szenerie am Hafen nicht entgangen ist. Sicher haben sie uns beobachtet.“

      „Wenn sich der Holländer auch noch gegen uns stellt, haben wir hier nicht mehr viel zu melden“, sagte Dan, der heute offenbar wirklich seinen pessimistischen Tag hatte.

      „Hätten wir nur diesen windigen Halunken nie an Bord genommen“, sagte Ben Brighton. „Aber das hilft uns jetzt auch nicht weiter. Ich schlage vor, daß wir den Kurs wechseln und ganz dicht unter die Küste gehen. Wir könnten dem Holländer einen kleinen Besuch abstatten.“

      „Genau das habe ich vor“, erwiderte Hasard. „Wir besuchen ihn, aber so, daß wir dabei ungesehen bleiben. Meine Söhne und ich werden das übernehmen.“

      Pete Ballie hielt auf die Küste zu, die dicht mit Mangroven bewachsen war. Hohe Stelzwurzeln bildeten einen fast undurchdringlichen, mörderischen Verhau. In den seichten Lagunen gab es Salzwasserkrokodile von beachtlicher Größe und Gefährlichkeit.

      Jung Hasard zeigte mit der Hand voraus.

      „Etwa eine Meile weiter liegt der Holländer. Er hat sich so gut versteckt, daß nicht mal seine Masten zu sehen sind.“

      „Falls er überhaupt noch da ist“, entgegnete Hasard. „Vielleicht ist er heute nacht noch losgesegelt.“

      Dan O’Flynn hielt selbst Ausschau, denn er war


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