Handbuch Eigentumswohnung. Werner Siepe
nur 80 Prozent des Anlegergelds tatsächlich in Immobilien angelegt. Darüber hinaus fallen oft noch hohe laufende Fondskosten von bis zu 3 Prozent der Beteiligungssumme pro Jahr an.
Bei solchen Kostenaufblähungsmodellen zählen nicht die Fondsanleger, sondern ausschließlich die Anbieter und Vermittler zu den Gewinnern. Der allzu gutgläubige Anleger hat regelmäßig das Nachsehen.
Auf Fondsanalysen und Ratings können Sie sich als Anleger auch nicht verlassen. Selbst TÜV-geprüfte geschlossene Immobilienfonds sind mittlerweile pleite. Ein Stempel oder Siegel nützt Ihnen nichts, wenn der Prüfer weder unabhängig noch kompetent ist. Die Kosten für die angeblich neutralen Prüfungen bezahlt der Anbieter mit dem Geld der Anleger. Inzwischen gibt es alternative Immobilieninvestmentfonds (AIF), die stärker kontrolliert werden. Auf Eigentumswohnungen hat sich aber keiner dieser neuartigen AIF spezialisiert.
WECHSELNDE NUTZUNGSPHASEN
Selbstnutzung durch Wohneigentümer und spätere oder frühere Fremdnutzung der Eigentumswohnung durch Mieter müssen keine Gegensätze sein. Es kommt sogar vor, dass ein und dieselbe Eigentumswohnung vom Eigentümer erst selbstgenutzt, dann für ein paar Jahre an Dritte vermietet und danach wieder selbstgenutzt wird.
Einen längeren Leerstand als bewusste Nichtnutzung der Eigentumswohnung aus Spekulationsgründen sollten Sie als gewissenhafter Wohneigentümer allerdings auf jeden Fall vermeiden. Wollen Sie trotz Nichtnutzung die laufenden Zins- und Bewirtschaftungskosten steuerlich absetzen, wird Ihnen das Finanzamt unter Berufung auf die steuerlich sogenannte „Liebhaberei“ einen Strich durch die Rechnung machen.
Erst Selbstnutzung, dann Vermietung
Der in der Praxis häufigste Fall wechselnder Phasen von Selbst- und Fremdnutzung erfolgt nach einem beruflich bedingten Wechsel des Wohnorts. Der bisherige Selbstnutzer wird das anfängliche Pendeln von seiner Eigentumswohnung zu seiner weit entfernten Arbeitsstätte über kurz oder lang leid und entscheidet sich nach seinem Auszug für die Vermietung.
Ein weiterer Grund für den Auszug kann der Umstieg auf ein größeres Einfamilienhaus sein, da die bisher selbstgenutzte Eigentumswohnung für die Familie nach der Geburt des ersten oder zweiten Kindes zu klein geworden ist.
In eher seltenen Fällen gelingt dem Ex-Selbstnutzer ein schneller Verkauf seiner Eigentumswohnung. Dieser Verkauf kann aber aus steuerlicher Sicht nachteilig sein, wenn er bei einer Besitzdauer von nicht mehr als zehn Jahren Steuern auf den Veräußerungsgewinn zahlen muss. Eventuell entstehende Veräußerungsverluste können andererseits nicht steuerlich abgesetzt werden.
Ungünstig ist auch eine Kündigung des mit der Bank abgeschlossenen Darlehensvertrags vor Ablauf der Zinsbindungsfrist. Für die Restdauer bis zum regulären Ende des Vertrags berechnet die Bank eine happige Vorfälligkeitsentschädigung. Diese liegt umso höher, je größer der Unterschied zwischen dem vertraglich vereinbarten und dem aktuell niedrigeren Darlehenszins ausfällt und je länger der verbleibende Zeitraum bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Zinsbindung ist.
Treffen sogar beide Nachteile – Versteuerung des Veräußerungsgewinns und hohe Vorfälligkeitsentschädigung – zusammen, macht der Verkauf aus wirtschaftlicher Sicht wenig Sinn. Es ist dann besser, die Eigentumswohnung zumindest eine gewisse Zeit zu vermieten, bis die steuerliche Frist von zehn Jahren abgelaufen und auch das Ende der Zinsbindung erreicht ist.
Erst Vermietung, dann Selbstnutzung
Der Einzug des Wohneigentümers in seine bisher vermietete Eigentumswohnung kommt eher selten vor. Eher kündigt er die Wohnung wegen Eigenbedarfs für andere Familienangehörige, zum Beispiel für eines seiner erwachsenen Kinder oder einen Elternteil.
Im weiteren und juristischen Sinne liegt auch in diesem Fall eine Selbstnutzung vor. Um die laufenden Zins- und Bewirtschaftungskosten sowie Abschreibungen in voller Höhe absetzen zu können, muss die mit Familienangehörigen vereinbarte Miete aber mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Nettokaltmiete laut Mietspiegel ausmachen.
Ein längerer Leerstand als bewusste Nichtnutzung der Eigentumswohnung aus Spekulationsgründen bringt unter dem Strich oft nicht die gewünschten Profite, wenn man einmal nachrechnet.
Ältere Wohneigentümer, denen ihr bisher selbstbewohntes Einfamilienhaus mittlerweile zu groß geworden ist und die eine ihnen gehörende kleinere Eigentumswohnung bisher vermietet haben, könnten auch für sich Eigenbedarf anmelden. Diese Überlegungen stellen sich beispielsweise nach dem Tod des Ehegatten.
Vorübergehende Vermietung oder Selbstnutzung
Auch eine vorübergehende Vermietung der Eigentumswohnung kommt in der Praxis vor. Ein Beispiel hierfür ist die befristete Versetzung des Wohneigentümers an einen anderen Ort aus beruflichen Gründen, die wegen der großen Entfernung auch zum Wechsel des Familienwohnsitzes führt.
Während der feststehenden Zwischenzeit von beispielsweise fünf Jahren vermietet der Wohneigentümer seine Eigentumswohnung. Um sein Ziel eines späteren Wiedereinzugs ohne rechtliche Probleme zu erreichen, muss er mit seinem Mieter einen echten Zeitmietvertrag abschließen.
Auch die vorübergehende Selbstnutzung einer ansonsten vermieteten Eigentumswohnung ist denkbar. Nach der ersten Phase der Vermietung zieht der Wohneigentümer für einige Monate oder Jahre selbst ein, um seine Wohnung anschließend wieder zu vermieten. Dies kann in Notsituationen erforderlich werden, wenn der Wohneigentümer beispielsweise wegen eines größeren Brandes seine jetzige Wohnung nicht mehr nutzen kann.
SUCHEN UND KAUFEN: DER FAHRPLAN
Gedrängtes Wohnen in der Stadt: „Townhouses“ sind in der Regel deutlich teurer als gleichwertige Eigentumswohnungen.
Für eine Wohnung spricht in der Regel, dass sie in einem städtischen Umfeld mit dichter Infrastruktur liegt. Bei gleichwertiger Lage ist die Wohnung dann im Vergleich zu einem Haus (Reihenhaus oder sogenanntes Townhouse in Großstädten) zu einem deutlich günstigeren Preis zu bekommen. Große Etagenwohnungen (180 bis 190 Quadratmeter) im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurden 2017 zu Neubaupreisen zwischen 4 752 und 6 770 Euro/qm angeboten. Ein Townhouse mit geringerer Wohnfläche (140 Quadratmeter) kam im gleichen Bezirk auf einen Preis von 9 821 Euro/qm. Die Preisunterschiede können auch innerhalb eines Quartiers beträchtlich sein.
Die Frage nach der richtigen Immobilie beginnt also nicht beim Objekt, sondern beim Käufer, beim Subjekt des Immobilienerwerbs. Wie steht es nun um Ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten? Wonach suchen Sie? Was erlaubt Ihr finanzieller Rahmen? Diese Fragen scheinen trivial, aber die Erfahrungen sehr vieler Immobilienkunden, die einem Makler oder Bauträger unvorbereitet gegenübergetreten sind und eine Immobilie erworben haben, die ihren Bedürfnissen am Ende nicht wirklich entsprach, zeugen von der Wichtigkeit dieser Fragen.
Dabei ist es zweitrangig, ob die Wohnung für die Selbstnutzung oder als Kapitalanlage zur Vermietung angeschafft werden soll, ob es sich um einen Neubau oder um eine „gebrauchte Wohnung“, also eine Bestandsimmobilie, handelt. Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, ist es sinnvoll, mit der genaueren Betrachtung der Objekte zu beginnen, die dafür infrage kommen.
Darum beginnen die Anamnese und die Diagnose der Immobilie auch nicht mit dem Objekt, sondern mit dem Interessenten und potenziellen Erwerber, also mit Ihnen. Wir steigen in die Analyse deshalb mit der Erstellung eines ausführlichen Käuferprofils ein (siehe Kapitel „Das Käufer- oder Bauherrenprofil“ ab Seite 51).
DER WOHNUNGSMARKT IN DEUTSCHLAND
Die Wohneigentumsquote