Delicious 1 - Taste me | Erotischer Roman. Alice White
für die Arbeit ohnehin hochstecken musste, hatte ich mich kurzerhand davon getrennt. Bis heute bereute ich es nicht.
Ich starrte unverhohlen auf Marlons leicht gebräunte Haut und stellte mir vor, wie sie sich an meiner anfühlen würde. Er hatte wirklich sehr ansehnlich definierte Brustmuskeln und einen leichten Ansatz an den unteren Bauchmuskeln.
Mehr muss es für meinen Geschmack gar nicht sein. Wenn Männer übermäßig aufgepumpt sind und quer durch die Tür gehen müssen, weil sie ihre Arme nicht mehr senken können, macht mich das kein bisschen an. Auch ein klares Sixpack muss ich wirklich nicht haben. Die sehen vielleicht schön aus, aber um drauf zu liegen, sind die wirklich nichts. Steinhart und unbequem.
»Sieht nicht schlimm aus. Willst du mir erzählen, wie du das hinbekommen hast?« Ein mürrischer Blick, gefolgt von einem nachdrücklichen Nein in meine Richtung. »Ich glaube, im Büro bist du besser aufgehoben. Ich kann für dich übernehmen. Das Restaurant schaffen Kai und Collin auch alleine. « Er wollte gerade etwas sagen, doch ich ließ ihn nicht. »Keine Widerrede. Mit ’ner verletzten Hand stehst du uns ohnehin nur im Weg. Aber du darfst dich gern bei mir revanchieren. Ein freier Sonntag wäre mal ganz nett.«
»Ist ja gut«, sagte er mürrisch. Ich drückte ihm noch ein weiteres Papierhandtuch auf die Wunde und trat einen Schritt zurück. Spielerisch strich ich mir mit der Hand über mein Kinn.
»Also, auch wenn ich nichts dagegen hätte, wenn du so bleibst, aber du solltest dich auf die Suche nach deinem Ersatzhemd machen.«
»Immer noch einen oben drauf. Freches Stück. Los, an die Arbeit.«
»Sprach der Chef.« Ich salutierte und konnte im Gehen noch ein kurzes Lächeln auf Marlons Lippen entstehen sehen. Ich trat gut gelaunt auf den Flur und stieß dabei fast mit Hendrik zusammen.
»Was grinst du denn so? Doch nicht etwa meinetwegen, oder?« Er fuhr sich betont durch die Haare, während er sich an mir vorbeischob. Dabei nahm er unnötig viel Platz ein und kam meinem Gesicht dichter, als mir lieb war.
»Beim nächsten Mal sagst du Bescheid, wenn du mal verschwinden musst. Für ’nen Quickie hab ich immer Zeit.«
»Oh, danke, aber ich bin durchaus imstande mir selbst Abhilfe zu verschaffen, wenn mir danach ist.« Zweiundvierzig Tage keinen Sex. Hilfe!
»Das ist nicht dasselbe«, rief er mir hinterher und ich musste ihm in Gedanken recht geben. Enthaltsam zu sein, ist scheiße.
***
In der Hoffnung, meine Anspannung würde dadurch wie durch Zauberhand verschwinden, ließ ich mir zu Hause ein Bad ein. Tat sie natürlich nicht. Zu allem Überfluss klingelte es auch noch an der Tür. Ich versuchte, nicht darauf zu hören. Aber wer auch immer auf der Klingel herumdrückte, war ziemlich penetrant. Es schien wichtig zu sein. Ich stieg genervt aus der Wanne und zog mir meinen Bademantel an.
»Moment. Ich komme ja schon. Mann, wehe es ist nicht dringend.« Ich öffnete die Wohnungstür und schaute in ein mir fremdes Gesicht.
»Hi, ich bin deine neue Nachbarin«, sprudelte es in schriller Lautstärke aus der jungen Frau heraus. Als vermutete sie, ich wäre taub.
»Schön, hi. Entschuldige, aber hast du mal auf die Uhr gesehen?«
»Oh Gott, tut mir leid«, sagte sie und plauderte dann munter weiter. Dass es schon weit nach Mitternacht war, schien sie nicht zu stören. »Ich hab keine Zigaretten mehr. Kannst du mir aushelfen?« Ich schüttelte den Kopf, während ich merkte, dass sich der Gürtel meines Bademantels zu lösen begann. Mit einer Hand hielt ich die Tür, mit der andern drückte ich den Stoff zusammen.
»Bedaure, aber ich rauche nicht mehr«, sagte ich knapp. Meine Gegenüber schaute mich enttäuscht an. Kein Zeichen von Verlegenheit darüber, dass ich ihr halb nackt die Tür öffnete. Ich hatte Mitleid.
»Aber mein Bruder hat vielleicht welche hiergelassen. Ich schau mal nach.« Ich drehte mich zur Seite und steuerte gedanklich das Wohnzimmer an. Die Tür blieb offen, was sie prompt als Einladung verstand.
»Cool, danke«, sagte sie und trat in meinen Hausflur. Da stand ich mit halb offenem Bademantel und sie kam einfach ungefragt rein. Und dachte sich wahrscheinlich nicht mal was dabei.
»Schön hast du’s hier. Wirklich schön. Wow, das ist ja ein cooler Couchtisch. Wo bekommt man denn so was her?« Ich starrte ihr ungläubig hinterher.
»Ja, klar, tritt ein«, flüsterte ich so leise, dass sie es nicht hörte. Sie brabbelte unbehelligt weiter drauflos und schaute sich in meiner Wohnung um. Ich schüttelte den Kopf und machte mich daran, die Zigaretten zu suchen. Ich betete, dass tatsächlich welche da waren. Ich beobachtete sie aus den Augenwinkeln, wie sie neugierig meine Wanddekoration musterte.
»Das ist meine Kaffeekränzchen-Runde«, sagte ich und deutete auf das selbst gemachte Poster. Sie schaute mich fragend an.
»Wenn ich jeden einladen könnte, den ich wollte, wären es die drei.« Sie nickte.
»Verstehe, ein Ständchen von Ina Müller ...« Ich war überrascht, dass sie sie erkannt hatte. Das ließ mich für einen Moment vergessen, dass ich unterm Mantel vollkommen nackt war. »... Showprogramm von Olivia Jones und Essen von Steffen Henssler.« Ich nickte beeindruckt. Neu war sie in Hamburg sicher nicht.
»Sehr gut«, bemerkte ich anerkennend. »Aber eigentlich würde ich ihn nur flachlegen wollen, das Essen ist zweitrangig.«
Ich stehe total auf ihn. Tue ich wirklich. Er ist grundsätzlich in meinen Fantasie bereit, wenn gerade niemand Bestimmtes greifbar ist oder ich vorhabe, jemanden zu suchen. Mann, wie viele einsame Nächte ich schon in Gedanken mit ihm verbracht habe. Damit könnte man ganze Bücher füllen. Ja, über einen Mangel an Vorstellungskraft kann ich mich nicht beklagen. Und wenn man niemanden hat: Selbst ist die Frau. Das habe ich schon mit dreizehn erkannt und mittlerweile bin ich Vollprofi in Sachen Selbstbefriedigung. Hatte ja auch genug Zeit zum Üben.
»Kann ich nachvollziehen«, entgegnete sie nickend. Ich schaute sie eindringlich an, während ihr Blick auf mein DVD-Regal fiel. Ich hatte irgendwie den Eindruck, sie zu kennen. Schwarze Kleidung, Nietengürtel. Moment mal. Rote Haare?
»Das warst du«, fuhr ich aus. Sie drehte sich zu mir um und sah mich fragend an. »Ja, du. Vor ein paar Wochen. Du hast mich fast umgerannt mit deinem Kontrabass und anstatt dich zu entschuldigen, hast du nur gesagt Augen auf im Straßenverkehr.« Sie verschränkte lässig die Arme.
»Cello.«
»Was?«
»Ein Cello, kein Kontrabass. Und wenn ich das richtig im Kopf habe, warst du in dein Telefon vertieft und hast mich umgerannt. Nicht umgekehrt.«
Mist, sie hatte recht. Da war ja was gewesen.
»Richtig«, bemerkte ich verlegen und ließ die Arme sinken.
»Nette Aussicht. Ich hätte mich zwar zuerst vorgestellt, aber so geht’s auch«, meinte sie schmunzelnd. Ich verstand nicht gleich, was sie meinte, und schaute sie nur fragend an. Sie deutete auf meinen Mantel.
»Oh, Scheiße. Ich war gerade in der Badewanne. Sorry.«
»Ist deine Wohnung. Aber wenn du gerade in der Wanne bist, wieso machst du dann auf?« Jetzt verschränkte ich die Arme.
»Nun, weil da jemand wie ein Irrer an der Tür geklingelt hat und keine Anstalten gemacht hat, wieder wegzugehen.«
»Autsch«, sagte sie und lächelte. Wir gingen aufeinander zu und gaben uns die Hand.
»Alexandra. Aber Alex reicht.«
»Bea, eigentlich Beatrix. Aber dann kommen die Leute immer auf die Idee, mich Trixi zu nennen.« Ich nickte.
»Nur-Bea, freut mich. Kaffee oder Bier?«
»Oh, du hast Bier da? Na, Gott sei Dank. Ich wusste, ich hab an der richtigen Tür geklingelt. Wir haben heute den ganzen Tag gekramt und geschleppt, sodass ich völlig vergessen habe, einzukaufen.« Ich holte zwei Flaschen, stellte sie auf dem Wohnzimmertisch ab und ging in