Seewölfe - Piraten der Weltmeere 677. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 677 - Fred McMason


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ganzen Misere schuld sind. Saboteure und Strolche der Meere, Deserteure, die den ehrenvollen Kriegsdienst auf einem Schiff Ihrer Majestät der Piraterie vorgezogen haben.“

      „So kann man das auch sehen“, erwiderte Sir Thomas und grinste bei den Worten ein bißchen. „Aber nun schlagen Sie doch auch mal was vor, Durchlaucht. Ich bin sicher, daß Sie vor guten Einfällen nur so strotzen.“

      „Zuerst müssen wir dafür sorgen, daß die Jolle an die Kette gelegt und verschlossen wird. Wir haben nur noch die eine. Wir müssen verhindern, daß noch weitere Kerle desertieren.“

      „Ich denke, Sie halten die Kerle für Meuchelmörder und Halsabschneider? Seien Sie doch froh, wenn sie verschwinden.“

      „Und wer erledigt die anfallende Arbeit?“ fragte Scaleby empört. „Sollen wir etwa selbst Bäume fällen und Hütten bauen? Das ist ja geradezu grotesk. Ich bin gewohnt, Bedienstete um mich zu haben, und ich werde mich doch nicht dazu herablassen, gemeine Handarbeit zu verrichten. Sie würden das auch nicht tun, Sir.“

      „Ich warte immer noch auf Ihre geistreichen Vorschläge“, knurrte der Kommandant. Sein Blick war nach wie vor auf das Wrack gerichtet, das so nah und doch so unerreichbar fern für sie war.

      „Das Wrack muß vom Riff gebracht, repariert und wieder seetüchtig hergerichtet werden“, sagte Scaleby. „Das ist unsere vordringlichste Aufgabe.“

      „Ich habe schon über bessere Witze nicht lachen können, Durchlaucht. Über diesen schon gar nicht. Wir haben alles versucht, doch ohne den geringsten Erfolg. Ich nahm an, Sie hätten vernünftigere Vorschläge zu unterbreiten.“

      „Das ist ein absolut vernünftiger Vorschlag“, entgegnete der Lord gereizt. „Ich jedenfalls habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Wir müssen die Angelegenheit nur energischer anpacken.“

      Sir Godfrey Ballantine stand unvermittelt bei ihnen, um sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Er war ein junger, aufgeblasener Schnösel, der überall gern mitredete, sich sehr wichtig tat, aber nie etwas Konkretes zu bieten hatte, weil er nicht über die geringste Erfahrung im praktischen Leben verfügte.

      „Jawohl, energisch!“ tönte er. „Sehr energisch. Ich denke da an eine geräumige Holzhütte mit einem weit ausladenden Freikamin. Das Glas für die Fenster besorgen wir vom Schiff. Ich dachte ferner daran, die Seesoldaten und das andere Pack als Diener anzustellen. Natürlich muß man ihnen vorher das entsprechende Benehmen beibringen. Damit steht das Gesindel dann automatisch nicht mehr im Dienst Ihrer Majestät und erhält auch dementsprechend keinen Sold.“

      Sir Thomas drehte sich langsam zu ihm um und musterte den eifrigen Earl, der ihn jetzt verwirrt anblickte.

      „Wovon faseln Sie eigentlich, wenn ich fragen darf?“

      „Von einem herrschaftlichen, uns gemäßen Sitz auf Elisabeth Castle natürlich“, erwiderte der Earl. „Schließlich muß man sich notgedrungen vorübergehend einrichten, bis ein anderes Schiff diese Insel anläuft und uns abholt.“

      „Aha“, sagte Sir Thomas gallig. „Sie scheinen ein sehr gläubiger Mensch zu sein, mein lieber Sir Godfrey. Ich für meine Person glaube nicht daran, daß uns hier ein Schiff abholt. Wie sollte es auch?“

      „Die Admiralität wird uns vermissen, Sir. Und man wird sicherlich eine Expedition ausrüsten, um uns zu retten. Daran glaube ich fest.“

      „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat!“ tönte Sir James gesalbt, der sich den Männern ebenfalls genähert hatte.

      Sir Thomas seufzte entsagungsvoll. Diese Kerle hatten nichts als Stroh in ihren Köpfen. Der eine wollte einen herrschaftlichen Sitz auf der Insel haben, mit Dienern natürlich, und der andere wartete mit Vorschlägen auf, die nicht in die Tat umzusetzen waren. Und das alles salbte der feiste Overlord mit seinen Bibelsprüchen, von denen er sich die meisten aus Unkenntnis aus den Fingern sog.

      „Ich denke nicht daran, den Rest meines Lebens auf diesem dreckigen Eiland zu verbringen“, empörte sich Scaleby. „Wenn sich Sir Godfrey hier häuslich niederlassen will, mit Dienerschaft und eingebildetem Luxus, dann mag er das tun. Er wird sicher ein paar Jahrzehnte warten müssen, bis sich ein Schiff in diese Ecke verirrt.“

      Der schnöselige Earl sah empört drein. „Ich will hier auch nicht verkommen, aber wir können im Augenblick nichts tun als abzuwarten. Der Herr wird sicher mit uns ein Einsehen haben, wie Sir James schon sehr richtig bemerkte. In dieser Zeit sollten wir uns ruhig etwas verwöhnen lassen. Ich denke da an ausgedehnte Jagdausflüge und was der Dinge mehr sind.“

      Anscheinend kapierte der Earl immer noch nicht, wo sie gelandet waren. Von ausgedehnten Jagdausflügen konnte auf diesem kleinen Eiland nun wahrhaftig nicht die Rede sein, und so beschied ihm Sir Thomas höhnisch, er könne ja Ratten jagen, von denen es auf der Insel demnächst mehr als genug geben werde.

      Das Bürschchen mit der weißgrauen Perücke zog angewidert die Nase hoch. Was er auf der Insel jagen wollte, waren bestenfalls ein paar Schweine und Ziegen. Aber sie hatten jetzt wirklich anderes zu tun, als sich mit seinen Allüren zu befassen.

      John Macleod war auch dafür, noch einmal alles zu versuchen, um die Galeone wieder flottzukriegen.

      „Es ist aussichtslos!“ schrie Sir Thomas. „Das Schiff sitzt unverrückbar fest auf den Korallen. Begreifen Sie das endlich. Ich habe mich bereits ein paarmal davon überzeugt.“

      „Dann bleibt uns nur die Jolle“, sagte Scaleby düster. „Wir könnten Proviant und andere nützliche Dinge von der Galeone abbergen. Mit der Jolle segeln wir nach Westen, bis wir auf Land stoßen.“

      „Da werden Sie aber viel Geduld brauchen, bis Sie Land sehen“, sagte der Kommandant. „Wenn schon, dann müssen wir nach Osten segeln, denn da liegt der indische Kontinent. Seit wir keinen Navigator mehr haben, wird selbst das sehr schwierig, wenn die Offiziere schon Westen und Osten verwechseln.“

      Scaleby lief rot an und war sehr verlegen.

      „Ähem – das meinte ich ja auch“, sagte er schnell. „Dieser Navigator war sowieso ein unfähiger Tölpel. Er hat es nicht mal geschafft, uns vom Riff fernzuhalten. Nur gut, daß wir auch ihn zum Tode verurteilt haben, diesen nichtsnutzigen Deserteur.“

      Webster, wie der Navigator hieß, war in Wirklichkeit ein hervorragender Mann gewesen, das konnte selbst Sir Thomas nicht ableugnen. Aber der Lord setzte grundsätzlich jede andere Leistung herab, obwohl er von Navigation so gut wie nichts verstand. Er bildete sich ein, dadurch seine eigene Unfähigkeit vertuschen zu können.

      Nach langem Überlegen stimmte Sir Thomas schließlich widerwillig zu. Sie würden zur Galeone hinausfahren und sich noch mal genau informieren, wie weit sie auf den Korallen saß. Außerdem mußte natürlich alles abgeborgen werden, was noch brauchbar war, wenn sich die Hoffnung als trügerisch erwies.

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