Ratgeber E-Zigarette. Heino Stöver

Ratgeber E-Zigarette - Heino Stöver


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In jedem Fall ist das vermehrte Husten nach dem Umstieg ein gutes Zeichen, denn es ist ein Indiz für die körpereigne Regeneration der Lunge. In den meisten Fällen treten die beschriebenen Nebenwirkungen nur in sehr schwacher Ausprägung auf und sind zeitlich auf die Umstiegsphase begrenzt. Sollte es jedoch auch nach einem angemessenen Zeitraum und einer entsprechenden Umgewöhnungszeit zur vermehrten Hustenreizung während oder unmittelbar nach der Nutzung einer E-Zigarette kommen, kann ein zu hoch gewählter Nikotingehalt des Liquids eine Ursache sein. In diesem Fall wäre die Reduzierung des Nikotingehalts im Liquid eine geeignete Maßnahme.

      Farsalinos befragte 2014 im Rahmen einer Online-Befragung 19.000 Konsument*innen nach selbst erlebten Nebenwirkungen beim Umstieg auf die E-Zigarette. Etwa 40 % der Befragten gaben an, unter keinerlei durch den Umstieg bedingten negativen körperlichen Begleiterscheinungen zu leiden. Etwa 38 % der Befragten gaben an, dass sie einen trockenen Hals gehabt oder unter dem Brennenden-Mund-Syndrom (BMS) gelitten haben. In den meisten Fällen verlief der Umstieg jedoch sehr milde und die Begleiterscheinungen nahmen bei über ca. 94 % der Befragten vollständig bis fast vollständig ab [11].

      Sollten die beschriebenen Nebenwirkungen über einen Zeitraum von mehreren Wochen bei gleichbleibender Intensität anhalten oder sich sukzessiv verschlimmern, ist es in jedem Fall angemessen, ärztlichen Rat einzuholen. Auch in diesem Fall sind noch weitere Forschungen nötig, um eine endgültige Abgrenzung von den gesundheitlichen Folgen des Rauchstopps ohne E-Zigarette zu den Begleiterscheinungen des Rauchstopps mit E-Zigarette zu ermöglichen und eine vollständigere medizinische Einschätzung geben zu können.

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       Bei weiterem Interesse: Interview der WELT Redaktion mit Thomas Hering, Pneumologe/Berlin; Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin; vom 17.01.2018/ https://youtu.be/_KXiCgAHCLc

      Die „Dampferzunge“ – „Vaper‘s Tongue“

      Der ins deutsche überführte Begriff „Dampferzunge“ kommt eigentlich aus dem englischen Sprachraum. Die sogenannte „Vaper’s Tongue“ beschreibt einen Zustand, der besonders zu Anfang alle Nutzer*innen von E-Zigaretten heimsucht, die zuvor lange geraucht haben. Durch jahrelanges Rauchen hat sich die Geschmackswahrnehmung deutlich verschlechtert. Die Geschmacksknospen sind abgeflacht oder haben sich nachhaltig verändert und der Geschmackssinn wurde entweder verändert oder sogar geschädigt. Zusätzlich zum Geschmackssinn wurde auch der Geruchssinn durch jahrelanges Rauchen in Mitleidenschaft gezogen, denn die Verbrennungsrückstände der Tabakzigarette wurden auch durch die Nase aufgenommen bzw. ausgeatmet. Nach dem Umstieg auf die E-Zigarette geschehen mehrere Vorgänge gleichzeitig, die dazu führen können, dass der Geschmackssinn für einen kurzen Zeitraum entweder vollständig verloren geht („alles schmeckt gleich oder nach nichts“), ein bestimmtes Geschmacksempfinden verloren geht (süß, sauer, salzig, bitter, umami) oder der zuvor als angenehm empfundene Geschmack eines bestimmten Liquids als unerträglich bis ekelerregend wahrgenommen wird [12].

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       Die „Dampferzunge” tritt häufig auf und ist nicht nur harmlos, sondern auch erfreulich – Der Körper erholt sich vom Rauchen!

      Regeneration des Geschmacks- und des Geruchssinns

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      Bildquelle:https://www.simplyscience.ch/tl_files/content/Teens/Lies%20nach!/Archiv/2013/Brain%20Bus%20-%20Unsere%20Sinne/Unsere_Sinne6_Geschmackssinn.pdf

      Nach ungefähr 10 bis 14 Tagen haben sich die Geschmacksknospen auf der Zunge komplett erneuert und regeneriert. Sie schmecken wieder deutlich mehr als vor dem Rauchstopp und auch die Nase hat sich daran gewöhnt, dass sie nicht ständig mit Verbrennungsprodukten des Tabaks belastet und den Zusatzstoffen einer Zigarette betäubt wird. Auch die Geruchszellen sind kurzlebig und erneuern sich etwa alle 4 Wochen. Das Geschmacksempfinden entsteht jedoch weder auf der Zunge (Geschmacksknospen) noch in der Nase (Riechschleimhaut), sondern im Gehirn. Die Informationen der Geschmacksrezeptorzellen und der Geruchsrezeptoren werden in der Großhirnrinde (gustorischer Cortex/olfaktorische Cortex) verarbeitet und zusammen mit erlernten Geschmackserwartungen in Geschmackswahrnehmungen überführt. Unter dem Begriff „Geschmack“ versteht man somit im Allgemeinen die Wahrnehmung eines bestimmten Aromas, welches stark vom Geruch beeinflusst ist. „Scharf“ ist übrigens keine Geschmacks-, sondern eine Schmerzempfindung. Der Vorgang des „Schmeckens“ ist hochkomplex und hat zu einem nicht unwesentlichen Teil auch etwas mit Erinnerungen und erlerntem Verhalten (Wahrnehmung von verdorbener Nahrung, süßer Geschmack wird mit Ungiftigem assoziiert) zu tun. Nach dem Rauchstopp und der Unterbrechung der dauerhaften Zuführung von Schadstoffen durch die Inhalation des Tabakrauchs kommt es sozusagen zu einem nahezu kompletten Neustart dieses Systems [13].

      Überforderung des Geschmacks und Geruchssinns

      Dieses Phänomen kann nicht nur Umsteiger*innen, sondern auch langjährigen Nutzer*innen von E-Zigaretten begegnen. Eine Überforderung der Geschmackswahrnehmung kommt vor allem dann zustande, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg zu viele unterschiedliche Arten von Aromen in Liquids auf die Geschmackswahrnehmung eingewirkt haben. Es kommt zu einem „Shut-Down“ des Geschmacksempfindens. Das Gehirn ist sozusagen überfordert mit der Fülle an Informationen und kommt mit dem Chaos aus Sinneseindrücken nicht mehr zurecht. Das gleiche geschieht, wenn die Geschmackswahrnehmung sich unmittelbar nach dem Rauchstopp wieder normalisiert und mit der Fülle an neuen und alten Geschmacksinformationen schlicht überfordert ist. Bildlich vergleichen kann man diesen körpereigenen Schutzvorgang mit dem „Not-Ausschalter“ einer Industriemaschine. Das Gehirn reagiert auf Stress und schaltet die Flut an Reizen, die auf es einströmt, schlicht ab. Daneben existiert auch der besonders bei langjährigen Nutzer*innen bekannte Gewöhnungseffekt. Wenn eine bestimmtes Liquid über einen längere Zeitraum hinweg gedampft wird, können die entsprechenden Geschmacksrezeptoren ermüden. Man schmeckt zwar nicht gar nichts mehr, aber dieser eine, zuvor als besonders gut erlebte Geschmack, wird ausgeblendet [14].

      Schlechte Mundhygiene, Dehydrierung und Krankheiten

      Schlechte Mundhygiene kann nicht nur die Ursache für Mundgeruch, sondern auch für ein verändertes oder vermindertes Geschmacksempfinden sein. Bereits nach einem Tag bildet sich eine dünne Schicht Plaque auf den Zahnoberflächen. Plaque ist ein Zahnbelag, in dem sich Bakterien ansiedeln, und kann aufgrund ihrer Ausscheidungen zu Mundgeruch und Geschmacksirritationen führen. Die Zungenoberfläche mit ihren unzähligen Nischen (ähnlich einem Schwamm) bietet den Bakterien und Mikroorganismen ebenfalls ideale Lebensbedingungen. Die Bakterien im Zungenbelag tragen auch nach dem Zähneputzen zu einer bakteriellen Rückbesiedlung der Zähne bei. Werden Zähne nicht ausreichend gepflegt, kann es zudem zu einer Entzündung des Zahnfleischs kommen, die ihrerseits eine weitere Verminderung des Geschmacksempfindens nach sich zieht.

      Fehlt der Speichel im Mund, und leidet man unter einer Dehydrierung, weil der Körper mehr Flüssigkeit verliert als ihm zugeführt wird, kann der Geschmackssinn ebenfalls leiden. Für einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt ist es zwingend notwendig, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen.

      Krankheiten wie Alzheimer, Vitamin B12- oder Zinkmangel oder schlichte Infektionen mit z.B. dem Influenza-Virus (Grippe) können ebenfalls zum Verlust der Geschmacksintensität führen. Unterschiedliche Arten von Medikamenten (z.B. Schilddrüsenmedikamente) können in einer gewissen Häufigkeit eine Störung des Geschmacks-und Geruchssinns verursachen. Nutzer*innen mit entsprechender Medikation sollten hier den Beipackzettel kontrollieren


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