Zen – Den Klang der Stille hören. Osho
enthalten, aber zumindest ist sie nicht so abstoßend wie die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau. Frauen werden lesbisch, wenn sie den vielen Streit satt haben; denn die Liebe zwischen zwei Frauen hat zumindest weniger Konflikte: „Gleich und gleich gesellt sich gern“ – sie können einander verstehen. Sicher, man kann sich verstehen, aber die ganze Anziehungskraft, die Polarität geht verloren. Das kommt sie sehr teuer zu stehen. Man versteht sich zwar, aber die Spannung, die Herausforderung ist hin. Und wenn man sich für die Spannung entscheidet, geht der Streit los – denn das eigentliche Problem steckt irgendwo in euch selbst. Solange ihr noch nicht mit euch im Reinen seid, zwischen eurer weiblichen und männlichen Seite zutiefst Frieden geschlossen habt, seid ihr nicht fähig zu lieben.
Es kommen Leute zu mir und wollen wissen, wie man seine Beziehung vertiefen könne. Ich erwidere ihnen: „Geh erst tief in Meditation. Solange du keine Klarheit in dir selber geschaffen hast, wirst du nur noch mehr Probleme verursachen, als du schon hast. Wenn du dich jetzt auf eine Beziehung einlässt, multiplizieren sich all deine Probleme.“ Die Liebe ist das Größte und Herrlichste überhaupt auf der Welt – aber kennt ihr etwas Abstoßenderes und Höllischeres?
Mulla Nasruddin vertraute mir einmal an: „Also, ich schieb diesen Schreckenstag nun schon seit Monaten vor mir her, aber diesmal muss ich endlich in den sauren Apfel beißen.“
„Zahnarzt oder Klinik?“, erkundigte ich mich.
„Weder noch!“, sagte er. „Ich muss heiraten.“
Die Leute vermeiden möglichst das Heiraten, schieben es immer weiter hinaus. Erst wenn ihnen kein Ausweg mehr bleibt, lenken sie ein. Wo liegt das Problem? Warum fürchten sich die Leute so davor, sich tiefer einzulassen? Intimität macht sofort Angst; Verpflichtung macht sofort Angst – und der moderne Mensch will Sex, aber keine Liebe.
Eine Frau hat mir mal anvertraut, dass sie nur mit Fremden Sex haben möchte. Wenn sie auf einer Bahnfahrt einen Fremden kennenlernt, sei das okay, aber auf keinen Fall mit Freunden oder Bekannten.
Ich fragte sie: „Warum?“
Sie sagte: „Wenn du erstmal mit einem geschlafen hast, den du kennst, kommt man sich langsam auch näher. Im Zug, auf Reisen, da trifft man sich, schläft miteinander – man braucht noch nicht einmal zu wissen, wie der andere heißt, wer er ist, wo er herkommt. Du steigst aus, wenn dein Bahnhof kommt, und er fährt fort, auf immer vergessen – ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen, du bleibst völlig unangetastet. Du gehst daraus völlig sauber und unangetastet daraus hervor.“
Ich kann das verstehen. Dies ist die Schwierigkeit der gesamten modernen Einstellung: Alle Beziehungen verflachen mit der Zeit. Die Leute haben Angst davor, sich irgendwie tiefer einzulassen, weil sie aus bitterer Erfahrung zumindest so viel gelernt haben: Sobald man sich allzu nahe kommt, bricht die Wirklichkeit durch und der andere wird zum Spiegel deiner eigenen inneren Konflikte. Und dann wird das Leben abstoßend, schrecklich, unerträglich.
Mir ist mal folgendes passiert:
Ich saß mit ein paar Freunden auf dem Rasen einer Universität. Einer der Professoren sagte: „Am Tag als meine Eheschließung, meine Hochzeit passierte…“
Aber sofort fiel ihm der andere Professor ins Wort und sagte: „Entschuldige, wenn ich widerspreche, aber Sachen wie Hochzeiten, Empfänge, Abendeinladungen und dergleichen finden statt. Nur Unglücke passieren. Hörst du den Unterton? Sag bitte nicht „Am Tag, als meine Eheschließung passierte, als meine Hochzeit passierte“.
Dieser Professor war Sprachwissenschaftler und natürlich hatte er recht. Aber der erste erwiderte: „Aber genau so war es ja auch gemeint: Der Tag, als meine Hochzeit passierte, war eine Katatrophe.“
Auf Außenstehende, mag es wie eine blühende Oase in der Wüste wirken, aber wenn man näher kommt, verwelkt und verblasst die Oase. Sobald du drauf reinfällst, bist du ein Gefangener. Aber vergiss nicht: Deine Gefangenschaft kommt nicht vom Partner, sondern aus deinem Innern.
Wenn deine linke Hirnhälfte dich stets beherrscht, wirst du ein sehr erfolgreicher Mensch werden, so erfolgreich, dass du mit vierzig Magengeschwüre, mit fünfundvierzig mindestens ein bis zwei Herzinfarkte bekommst und mit fünfzig nahezu tot bist – wenn auch erfolgreich tot. Du magst zwar ein großer Wissenschaftler werden, aber niemals ein großer Mensch. Du magst zwar einen Haufen Geld machen, aber alles Wertvolle verlieren. Du magst zwar die ganze Welt erobern wie ein Alexander, aber deine eigene Innenwelt wird unerobert bleiben.
Der linken Gehirnhälfte, also dem weltlichen Denken zu folgen, hat viele Reize. Dem geht es mehr um weltliche Dinge: Autos, Häuser, Macht, Ansehen. Das ist die Ausrichtung dessen, der in Indien ein Grihastha, ein Haushälter genannt wird.
Die rechte Hirnhälfte ist die Ausrichtung des Sannyasins – dessen also, der sich mehr für sein inneres Wesen, seinen inneren Frieden, seine Seligkeit interessiert und weniger mit Dingen befasst. Wenn sie ihm in den Schoß fallen – gut; wenn nicht – auch gut. Ihn beschäftigt mehr dieser Augenblick, weniger die Zukunft; ihn interessiert mehr die Poesie des Lebens, weniger sein Einmaleins.
Folgende Anekdote: Finkelstein hat beim Pferderennen großen Reibach gemacht, und Muskowitz ist natürlich gelb vor Neid. „Wie hast du das nur hingekriegt?“, will er wissen.
„Kinderleicht“, antwortet Finkelstein, „es war ein Traum.“
„Ein Traum?“
„Ich hatte mir vorgestellt, dass drei Pferde in Frage kamen und wollte schon auf alle drei setzen, hatte aber noch meine Zweifel beim dritten Pferd. Da träumte ich in der Nacht davor, dass ein Engel vor meinem Bett stand und immerzu sagte: Gesegnet seist du, Finkelstein, sieben mal sieben seist du gesegnet!‘ Als ich aufwachte, wurde mir klar, dass sieben mal sieben achtundvierzig sind, und dass das Pferd mit der Nummer 48 „Himmlischer Traum“ hieß. Da hab ich alles auf „Himmlischer Traum“ gesetzt – und gewonnen! Einfach ratzfatz alles abgeräumt!“
„Aber,“ sagt Muskowitz, „sieben mal sieben ist 49, nicht 48!“ Worauf Finkelstein auftrumpft: „Da hast du’s, Muskowitz! Du kannst halt nur mathematisch denken!“
Man hat zwei Möglichkeiten im Leben: Entweder man hält sich an die Mathematik, oder man richtet sich nach seinen Träumen und Visionen. Das sind zwei völlig verschiedene Wege.
Erst neulich hat mich jemand gefragt: „Gibt es Geister, Feen und dergleichen?“ Ja, die gibt’s – wenn du dich nach deiner rechten Gehirnhälfte richtest; wenn du dich nach deiner linken Gehirnhälfte richtest, gibt es keine. Alle Kinder leben in der rechten Hälfte: Sie sehen überall Geister und Feen. Wenn ihr aber mit ihnen redet und sie zurechtweist und erklärt: „Quatsch! Sei nicht so dumm. Wo ist denn deine Fee? Da ist nichts als ein Schatten.“ Nach und nach überredet ihr das Kind, das wehrlose Kind; nach und nach kriegt ihr es rum, und es zieht um, aus der rechten in die linke Gehirnhälfte. Es hat keine andere Wahl – schließlich muss es in eurer Welt leben. Es muss sich seine Träume, alle Sagen und Märchen und alle Poesie aus dem Kopf schlagen – und stattdessen Mathematik lernen. Natürlich beherrscht es bald die Mathematik und bleibt praktisch auf Lebenszeit verkrüppelt und gelähmt. Der Zugang zur Existenz entgleitet ihm mehr und mehr, und es wird praktisch zu einer Ware. Sein ganzes Leben ist nur noch ein Abfallhaufen, auch wenn es natürlich in den Augen der Welt noch so wertvoll sein mag.
Ein Sannyasin ist jemand, der aus seiner Vorstellungskraft heraus lebt, der aus seiner Traumfähigkeit, seiner Fantasie heraus lebt, der aus der Poesie heraus lebt, der poetisch über das Leben denkt, der ein Visionär ist. Dann sind die Bäume grüner als sonst, dann singen die Vögel schöner, dann hat alles ein gewisses Leuchten. Gewöhnliche Kiesel werden zu Diamanten, gewöhnliche Steine sind nicht gewöhnlich – dann ist nichts mehr gewöhnlich. Wer von der rechten Gehirnhälfte aus sieht, dem wird alles göttlich, geheiligt. Religion entspringt der rechten Hälfte.
Ein Mann trinkt mit seinem Freund eine Tasse Tee in einem Café. Er studiert seine Tasse und sagt seufzend: „Ach, mein Freund, das Leben ist wie eine Teetasse.“
Der andere überlegt kurz und fragt dann: „Wieso denn? Wieso ist das Leben wie eine Teetasse?“
Der