Die poetische Sprache der Hypnose. Agnes Kaiser Rekkas
(Die schöne Kriegerin)
Auch das Spiel mit dem Feuer scheint nicht so eindeutig zu sein:
»Sie schauen ins Feuer … angenehm traumverloren … die Flammen spielen miteinander … lodern in die Höhe … lecken aneinander … umzingeln sich gierig … um dann wieder – wie im Schmusetanz – eng umschlungen zärtlich vor sich hinzubrennen und Wärme abzugeben … bis sich auf einmal wieder ein neues Stück Holz entflammt und leidenschaftlich eine heftige Flamme nach oben schickt …«
(Die venezianische Maske)
Eine kleine Nacht… nein, nicht Nachtmusik!
Eine kleine Nachthypnose
Und: In der Rachenhöhle? Oder doch in der Drachenhöhle?
Worte wörtlich zu nehmen verleiht Worten neuen Sinn
Im Trancezustand birgt das wörtliche Verstehen Risiken, ermöglicht aber auch den Treffer ins Schwarze. Mein griechischer Mann spricht sehr gut Deutsch. Nur manchmal schleichen sich kleine Fehler ein, wie kürzlich während eines Telefonats: Er ist in den Bergen Messeniens und ich in der Stadt mit Herz. Zwischen uns nicht nur die Alpen, sondern vor allem die Folgen eines verheerenden Virus, denn wir sind im März 2020. Er beteuert, wie sehr er mich vermisse, und ich schwebe auf »Sehnsuchtswolke sieben«, bis ich hochschrecke: »… wenigstens bin ich gut mit Kaffee zugedeckt.« – Der stillt seine Sehnsucht mit Kaffeebohnen?
Das wörtliche Auffassen in Trance hat so seine Tücken. Sich »die Zeit um die Ohren zu schlagen« kann die Frage aufwerfen, ob das schmerzhaft sei. Auch »Wurzeln schlagen« kann in die falsche Richtung gehen. Mit Bedacht eingesetzt, ist die bewusste Nutzung des Phänomens des wörtlichen Verstehens sehr effektiv und lässt glaubhaft werden, dass ein Kostüm seine Nerven wiederfindet, Mantelstoff aus Zuversicht gewebt ist, Zähne vor Glück strahlen, bei jedem Schritt nach vorne überflüssige Kilos purzeln und eine Person aus der Waagerechten wieder in die Senkrechte gelangt, wie mit den folgenden suggestiven Ansagen:
»Sie sind in der Lage, sich selbst ins Lot zu bringen …«
(Der innere Diamant)
»Das Nervenkostüm findet seine verloren geglaubten Nerven wieder …«
(Entspannende Ruhe … klare Kühle … ruhiger Herzschlag … sichere Gefühle)
»Tränen trocknen im Wind … gelassene Zuversicht hüllt Sie wie ein Mantel ein …«
(Go with the flow)
»Und wieder erklingt: ›Ich bin willkommen hier … willkommen in mir!‹
Alles wird gut … Ihr Körper wird in tief gelösten Schlaf zurückfinden …
Ihre Zähne werden gesund und schön bleiben … und einfach glücklich sein …«
(Wer seiner Kraft vertraut, braucht nicht verbissen zu sein)
Und so kann man in Trance, mit der ihr eigenen Logik, buchstäblich über den eigenen Schatten springen.
Entlastende Stellvertreter regen zur Identifizierung an 3
Wir sehen die Surfer und surfen spontan selbst dahin, genießen die sanften Wellen oder das Getragenwerden in der Luft, erleben die Veränderung der inneren Nebellandschaft, wenn wir in Trance hören:
»… und siehst die Surfer … die auf den Wellen dahingleiten … mal ins Wasser plumpsen … und dann wieder hochklettern auf ihr Board … um neu loszulegen …«
(Golden Beach)
»Zart wie eine Vogelfeder liegt ein Birkenblatt auf dem Wasser …
wiegt sich auf den Wellen … und scheint dies richtig zu genießen …«
(Aphrodite)
»Noch halten Sie sie in der Hand …
fühlen sie warm und mit lebendig pochendem Herzen …
Dann lassen Sie sie ihre schönen Flügel ausbreiten … und sich in die Luft erheben …
zu ihrer großen Freude …
und es ist nicht nur ein Schubs … es ist ein Start …
die Flügel ausbreiten und abheben … die Sonne auf dem Gefieder spüren …
die Taube liebt das Getragenwerden in der Luft …
sie genießt die Sonne auf ihrem Gefieder …
sie genießt die Sonne auf ihrem Körper … und ihr Körper wird sich kräftigen …
er wird tanzen … und lieben … und laufen … und lachen …
tanzen … lieben … laufen … lachen … heiter und frei …«
(Die weiße Taube, Sie-Form)
Verspielte Übertreibungen distanzieren
Aversion in Reinkultur. Bei so schön fiesen Bildern ist schon manchem schlecht geworden. Sorry! Aber manchmal hilft es, zumal wenn diese Neonzuckerwabbelungeheuer in Trance erlebt werden. Probieren Sie mal Die Sandburg aus!
»Und dann erst die Nachspeisen!
Riesige Becher voll glimmernder Eiscreme mit stark gezuckerter Sahne frisch aus der Spraydose … ein ungeheuer wabbelnder Wabbelpudding … marmeladig gefüllte fette Krapfen mit dick Zuckerguss … Cremetorten mit riesigen Aufbauten … rosa Waffeln in grüner Schokolade … Zuckerwatte, aufgequollen wie Unwetterwolken … quietschsüße Limo in grellen Neonfarben …
Lutscher und Lollies … Schokoriegel mit wenig gutem Kakao, aber viel künstlicher Pulvermilch … Fruchtgummikrokodile mit weit aufgerissenen Schlünden …
Ein moppeliges Wesen mampft da schon eifrig vor sich hin und schlingt ächzend in sich hinein … scheinbar ohne Genuss … eher wie mit Verdruss …«
(Die Sandburg – Lust an Spiel und Spaß)
Natürlich braucht es nach so viel Satire eine gute Auflösung:
»So läufst du schnurstracks an der übervollen, vor Fett triefenden und in Zuckerguss getunkten Essenstafel vorbei, um dich wirklich zu amüsieren …
du spielst mit Wellen und Sand … Muscheln und Steinen … und baust eine tolle Sandburg … die Burg deiner heimlichen Wünsche …
mit Türmen … und Brücken … Terrassen …
und schönen großen Räumen …
und kleinen Plätzen zum Verstecken …
und Träumen …«
(Die Sandburg – Lust an Spiel und Spaß)
Das direkte Du fordert zum liebevollen Selbstgespräch auf
Siezen wir eine Person außerhalb der Hypnose, tun wir das konsequent auch innerhalb. Außer wir möchten ihr etwas explizit sehr nahebringen:
»Und vielleicht … während ich jetzt schweige … mögen Sie sich im Stillen sagen:
›Geh die Dinge in Ruhe an, gönn dir Zeit!‹
›Steh zu dir!‹
›Erlaube dir …!‹
›Lass es endlich