Seewölfe Paket 34. Fred McMason

Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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Sie sich, Mann!“ herrschte der Kapitän seinen Ersten Offizier an. „Oder gibt es einen triftigen Grund, die Disziplin zu vernachlässigen?“

      Juarez Molina nahm Haltung an.

      „Nein, Capitán.“

      Garcia nickte zufrieden. Vorübergehend taxierte sein Blick den Ersten.

      „Ihre Uniform sitzt schlecht“, sagte er tadelnd. „Bringen Sie das in Ordnung, und dann befehlen Sie Gefechtsbereitschaft!“

      Wenig später nahmen die Soldaten auf der Kuhl Aufstellung. Ihre Helme und Brustpanzer glänzten wie frisch poliert, jedoch verwischte die Nebelnässe diesen Eindruck schnell. Auf den Brustpanzern war der Schiffsname eingraviert.

      „Die Geschütze klarieren!“ befahl Garcia. Er würde alles daransetzen, el Lobo del Mar, den Seewolf, zur Strecke zu bringen.

      „Wind!“ hallte in dem Moment ein freudiger Aufschrei über Deck.

      Die bis eben noch schlaff hängenden Segel begannen zu schlagen. Aber die Brise reichte nicht, um das Tuch wirklich zu füllen. Es blieb bei einem kurzen Zwischenspiel.

      Die fernen Geschütze verstummten. Da der Nebel alle Geräusche verzerrte, war es ohnehin unmöglich gewesen, die genaue Richtung zu bestimmen.

      César Garcia begann eine unruhige Wanderung wie ein gefangenes Tier im Käfig. Seine Haltung erinnerte an eine sprungbereite Raubkatze.

      „Culverinen auf dem Batteriedeck klar zum Ausrennen! Kanonen und Drehbassen auf den Oberdecks feuerbereit!“ meldeten endlich die Stückmeister.

      Der Kapitän starrte wortlos in den Nebel, als könne er die wogenden Schwaden allein durch die Kraft seines Geistes vertreiben. Ein harter Zug lag um seine Mundwinkel.

      Wie lange er dastand und die unbewegte Wasserfläche fixierte, vermochte er später nicht zu sagen. Er schreckte erst auf, als ein Ruf aus dem Großmars erklang.

      „Der Nebel weicht zurück!“

      An Deck war davon noch nichts zu merken, die Suppe war so dicht wie zuvor. Aber dann fegte eine steife Brise aus Süd heran und wirbelte den Dunst durcheinander.

      Die Segel killten, bis sie endlich dichtgeholt wurden. Die „Aguila“ nahm Fahrt auf, und diesmal hielt der Wind an. Ausgeprägte Wellen entstanden, vereinzelt wirbelte sogar Gischt über das Schanzkleid.

      „Die Boote einholen!“ befahl Garcia. „Wir dürfen keine Zeit verlieren.“

      Der Erste gab den Befehl weiter. Eine der Jollen ging da schon längsseits. Decksleute hatten die Schlepptaue losgeworfen und schlugen die Blöcke an.

      Unter Vollzeug durchpflügte die „Aguila“ danach die aufgewühlte See und die letzten verwehenden Dunstschleier. Majestätisch tauchte der Bug des Viermasters in die Wogen ein.

      Die mittlerweile hoch stehende Sonne überschüttete das Meer mit einem seltsam hellen, gleißenden Schein. César Garcia erkannte, daß die Wetterbesserung bestenfalls einige Stunden anhalten würde. Anschließend waren Sturm und Regen angesagt.

      An Steuerbord zeichnete sich die Küstenlinie ab. Üppige Vegetation, aber auch nackte, schroffe Felsen bestimmten das Bild. Das nächste Fischerdorf lag weit entfernt.

      „Rauchschwaden voraus!“ erklang es aus dem Großmars. „Ungefähr zwei Meilen.“

      Vergeblich blickte Garcia in die angegebene Richtung. Sogar das Spektiv erwies sich als wenig hilfreich, denn die grellen Sonnenreflexe blendeten. Offenbar hatte der Ausguck den besseren Blickwinkel.

      „Zwei Schiffe! Eins brennt …“

      … und das andere gehört Killigrew! fügte der Capitán in Gedanken hinzu.

      „Lange genug haben wir auf diesen Augenblick gewartet.“ Juarez Molina trat neben Garcia an die Balustrade. „Spanien wird uns ehren, wenn wir den Bastard besiegen.“

      „Wenn?“ wiederholte der Kapitän ungläubig. „Zweifeln Sie etwa daran?“

      „Natürlich nicht, Capitán.“ Die Antwort erfolgte eine Spur zu schnell und offenbarte Molinas wachsende Erregung.

      Endlich wurden auch von Deck aus Einzelheiten erkennbar.

      Zwei Schiffe lagen nebeneinander. Das eine war eine kleine, dickbauchige Karavelle, zweifellos ein Kauffahrer. Von seiner Back stieg dunkler, schwerer Qualm auf, der darauf schließen ließ, daß es der Mannschaft gelungen war, den Brandherd einzudämmen.

      Bei dem anderen Schiff handelte es sich um eine dreimastige Galeone. César Garcia spürte Enttäuschung. Nach allem, was über den Seewolf gemunkelt wurde, hatte er ein besonderes Schiff erwartet: schnell, wuchtig und mit riesiger Segelfläche. Aber das einzige, was die Galeone auszeichnete, war das fast schwarze Tuch an den Rahen.

      „Die haben uns noch nicht gesehen“, sagte Molina.

      „Oder sie glauben, uns ignorieren zu können“, erwiderte der Kapitän.

      Die „Aguila“ segelte hart am Wind. César Garcias Taktik war klar und den Umständen angemessen. Er suchte ein Passiergefecht und würde demzufolge erst dicht vor dem Gegner den Befehl zum Abfallen geben, ihn mit einer vollen Backbordbreitseite eindecken und nach einer anschließenden Halse die Geschütze an Steuerbord sprechen lassen.

      „Klarschiff zum Gefecht!“

      Die letzten Sandeimer wurden ausgeleert und mit Seewasser zum Abkühlen der Geschütze gefüllt. Zwischen jeweils zwei Kanonen stand ein Becken voll glühender Holzkohlen, die Luntenstöcke lagen griffbereit. Im Schweiße ihres Angesichts schleppten die Schiffsjungen Kugeln und Pulverfässer an Deck.

      Noch eine halbe Meile.

      Der Kapitän schob das Spektiv zusammen und steckte es unter sein Hemd. Was es zu sehen gab, konnte er mittlerweile mit bloßem Auge erkennen. Auf dem Piratenschiff entfalteten sich die ersten der im Gei hängenden Segel.

      „Er versucht zu fliehen“, sagte Molina ungläubig.

      „Killigrew will Zeit gewinnen“, widersprach Garcia. „Nur unter Segeln kann er seine bessere Manövrierfähigkeit ausnutzen. Anderenfalls ist er uns unterlegen.“

      Wie ein Racheengel hielt die „Aguila“ auf die Galeone mit den schwarzen Segeln zu.

      César Garcia stemmte sich gegen die Balustrade, die ihm fast bis zur Brust reichte.

      „Sobald wir in, Reichweite sind, ohne Befehl feuern!“ rief er.

      „Si, Capitán!“ hallte es mehrstimmig über Deck.

      Die Geschütze wurden gemeinsam ausgerannt. Der Kapitän duldete keine Unregelmäßigkeit und ließ solche Manöver üben, bis sie jedem an Bord in Fleisch und Blut übergingen.

      Inzwischen lösten sich die Piraten von ihrer Beute. Mit erstaunlicher Schnelligkeit drehte die Galeone, bis der Wind achterlich einfiel. Der englische Bastard gewann eine Position, in der er sich durch schnelles Anluven einer Breitseite des Angreifers entziehen konnte und ihm nur das schmale Heck darbot. Ob er allerdings in der Lage war, höher an den Wind zu gehen, mußte sich erst herausstellen.

      Noch war die „Aguila“ nicht bis auf Kernschußweite für die Culverinen heran, die bei rund 270 Schritten lag, als sich die Backbordgeschütze des Piraten in einer wahren Feuerorgie entluden. Das Donnern der Pulverexplosionen vermischte sich mit einem anhaltenden Splittern, Krachen und Bersten, als auf der Karavelle Masten und Spieren stürzten und an Deck unübersehbare Schäden anrichteten.

      Weitere Geschosse hämmerten aus allernächster Nähe in den Rumpf. Planken und Balken wurden zerfetzt und durch die Luft gewirbelt. Innerhalb von Augenblicken klaffte die Flanke der Karavelle vom Bug bis zum Heck auf, und die See ergoß sich schäumend in die Lecks.

      César Garcia ballte die Hände zu Fäusten. Er, dem ein Menschenleben wenig bedeutete, reagierte betroffen. Die Piraten mordeten und vernichteten blindwütig. Hofften sie, die Verfolger


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