Die Jugendlichen und ihr Verhältnis zu Ordnungen, Regeln und Grenzen. Mathias Schwabe
p>
Der Autor
Dr. Mathias Schwabe (Dipl.-Päd., systemischer Berater und Supervisor) lehrt und forscht als Professor für Methoden der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule Berlin.
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.
Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.
Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.
Gewidmet in Dankbarkeit meinen Eltern, Anneliese und Gottfried Schwabe (1928–2016), mit denen ich als Jugendlicher viel und heftig gestritten habe.
1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-030563-2
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-030564-9
epub: ISBN 978-3-17-030565-6
mobi: ISBN 978-3-17-036313-7
Vorwort
Ich bin sehr froh, mit diesem Buch die Gelegenheit bekommen zu haben, mich auf eine doppelte Reise zu begeben: Auf eine Rundreise in Sachen Literatur zum Jugendalter, bei der ich mir neues, spannendes Wissen aneignen konnte, und auf mehrere Beobachtungsreisen in Sachen Jugendkulturen bzw. Verhalten konkreter Jugendlicher, die sich von mir befragen oder beobachten ließen. Das Besondere dabei war für mich nicht in erster Linie, als Pädagoge unterwegs zu sein, von dem man erwartet, dass er auf Erziehungsprobleme fokussiert und anzugeben weiß, wie diese, wenn schon nicht zu lösen, so doch wenigstens so zu behandeln sind, dass sie nicht weiter eskalieren. Das war und ist meine Rolle seit vielen Jahren als Sozialpädagoge in Wohngruppen, als Heimleiter, Fortbildner, Supervisor und als Experte in Sachen »schwierige« Jugendliche. In diesem Buch war ich und habe ich mich von dieser Aufgabe befreit. Ich habe den Blick eher auf normal belastete und mit vielen Ressourcen ausgestattete Jugendliche gerichtet, habe mir von ihnen ihre Welt erklären lassen und war überrascht, wie viel mir eingeleuchtet und mich fasziniert hat. Dafür danke ich allen Jugendlichen, die in diesem Buch eine Rolle spielen.
Danken möchte ich aber auch Rolf Göppel als Herausgeber dieser Reihe für das Vertrauen, das er in mich gesetzt hat, als er mir diesen Titel anvertraut hat, dem Kohlhammer-Verlag für den Langmut und das Verständnis für meine wiederholten Terminverschiebungen beim Anfangen und Fertigwerden des Buches, und meinem Freund Karlheinz Thimm, der mich erneut als Erstleser mit klugen Kommentaren unterstützt hat. Herrn Magister Paulus Fischer habe ich zunächst über seine herausragende Diplomarbeit über Skater bzw. das Skaten kennen gelernt. Er hat mich aber auch intensiv bei meinen weiteren Recherchearbeiten beraten und mir viele Quellen erschlossen, die ich alleine nicht gefunden hätte.
Danken möchte ich aber auch meinen Kolleg*innen von der Evangelischen Hochschule Berlin: Aristi Born für wichtige Hinweise auf entwicklungspsychologische Theoriezusammenhänge, Rebecca Streck für die Erinnerung an die Gender- und Konstruktivismus-Dimensionen beim Ausdeuten von Lebenswelt-Szenen und Sebastian Schröer als Experten für die Hip-Hop-Kultur für sachkundige Hinweise und die Ermutigung, mich als auch Fremder in die Szene zu mengen. Dr. Elisabeth Tornow hat nicht nur gewissenhaft lektoriert, sondern mir auch zahlreiche Fragen gestellt, die an mehreren Stellen zu einer Verbesserung des Buches geführt haben.
Nicht zuletzt danke ich meiner Frau Sylvia, die mich auch dieses Mal hat ziehen lassen, damit ich weit weg von Berlin und für Wochen ganz alleine meine Gedanken sammeln und niederschreiben konnte.
Berlin im September 2020
Mathias Schwabe
1
Entwicklungsgrundlagen und -herausforderungen
Beobachtet man Jugendliche beim Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter, stellt sich die Frage, in welchen Bereichen sie Umbrüche erleben und mit Neuorientierungen beschäftigt sind und in welchen anderen sie bisher Entwickeltes weiter nutzen können oder lediglich ausbauen müssen. So ist z. B. der Bereich der Sexualität einer, bei dem mit dem Einsetzen der Pubertät eher Um- und Aufbrüche zu erwarten sind (vgl. Wendt 2019). In sexueller Hinsicht wird vieles erstmalig erlebt und ausprobiert und drängt darauf, alleine oder im Austausch mit anderen verarbeitet zu werden (
Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn bei aller Gewöhnung an den Anspruch, dass Regeln und Grenzen zu beachten sind, kann es geradezu als Beweis für den Eintritt ins Jugendalter gelten, wenn Jugendliche auf Verhaltensvorschriften zunehmend widerständig reagieren und den Anspruch erheben, selbst bestimmen zu wollen, wie sie ihr Leben und ihre Beziehungen gestalten. Konkret bedeutet das z. B. für das Ordnungssystem Familie: Jugendliche wollen selbst entscheiden, ob bzw. wie oft sie ihr Zimmer aufräumen oder weiter am gemeinsamen Abendessen teilnehmen, wann sie ihre Hausaufgaben erledigen oder Samstagnacht von der Disko nach Hause kommen etc. Auch wenn damit über Jahre eingespielte Regeln angezweifelt werden und ihre Beachtung brüchig wird, bedeutet das in den meisten Fällen nicht, dass die Jugendlichen das Beziehungsgefüge Familie oder die Werte ihrer Eltern grundsätzlich in Frage stellen (
Aber damit ist nur die eine Seite einer umfassenderen Autonomieentwicklung skizziert, der Strang, in dem es um Ablösung, Orientierung an den eigenen Bedürfnissen und mehr Freiräume geht. Denn parallel dazu lassen sich viele Jugendliche in durchaus verbindlicher und disziplinierter Weise auf neue Aktivitäten ein, die wir (mit Deci & Ryan 1993) Autonomieprojekte nennen wollen. Damit ist die Arbeit an und in einem Rahmen gemeint, in