Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Thomas Meyer
Der Autor
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Prof. Dr. Thomas Meyer ist Neurologe und Leiter der ALS-Ambulanz der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Seit 1991 beschäftigt er sich mit der ALS. Forschungsaufenthalte führten ihn an das California Pacific Medical Center in San Francisco, an die Mount Sinai School of Medicine in New York sowie an das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. Seine neurologische Ausbildung absolvierte er in den Jahren 1996–2001 an der Charité sowie an der Universität Ulm. Seine Promotion und Habilitation widmeten sich molekular-genetischen Fragestellungen bei der ALS. 2002 gründete er an der Charité die ALS-Ambulanz, die sich zu einem spezialisierten Versorgungs- und Studienzentrum entwickelt hat. Er ist Mitgründer der Versorgungs- und Forschungsplattform »Ambulanzpartner« und Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen zur ALS.
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-036841-5
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-036842-2
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Vorwort zur 1. Auflage
Die Diagnose einer ALS ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen mit drängenden und schwerwiegenden Fragen verbunden. In mehr als 20 Jahren der Betreuung von Menschen mit ALS an der Charité habe ich zahlreiche Fragen zur Diagnose, Prognose, Behandlung der ALS sowie zu den verschiedenen Auswirkungen der Erkrankung erfahren. Diese Fragen betreffen den gesamten Verlauf der ALS und unterschiedlichste Aspekte. Mehr als 350 dieser Fragen habe ich in diesem Buch zusammengetragen, thematisch geordnet und beantwortet. Dieses Buch im Frage-Antwort-Format ist als Ergänzung zum Patienten-Arzt-Dialog zu verstehen. Es soll Menschen mit ALS und deren Angehörigen die Möglichkeit geben, die für sie bedeutsamen Themen nachzulesen oder zu vertiefen.
Meine Antworten beruhen auf der Perspektive und Erfahrung eines spezialisierten Neurologen. Damit sind eine subjektive Sichtweise und fachliche Einschränkung verbunden. Dieses Buch erhebt damit keinen Anspruch auf medizinische und wissenschaftliche Vollständigkeit. Gerade die medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse – insbesondere zur Genetik und zu Biomarkern, aber auch zu Medikamenten und Hilfsmitteln – können raschen Veränderungen unterliegen. Daher werden bereits innerhalb einer Auflage einzelne Neuerungen zu erwarten sein, die im Buchformat nicht darstellbar sind. Allerdings sind die überwiegenden Fragen und Antworten vom medizinischen Wandel weitgehend unberührt und unverändert relevant.
Neben Betroffenen und ihren Angehörigen ist dieses Buch auch an ärztliche Kollegen sowie an Atmungs- und Ernährungstherapeuten, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Hilfsmittelversorger, Apotheker, Sozialarbeiter, Pflegeberater und andere Leser gerichtet, die in der Versorgung von Menschen mit ALS engagiert sind. Für Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge in Vorbereitung zukünftiger Auflagen dieses Buches bin ich sehr dankbar.
Möge dieser Leitfaden den Betroffenen eine Hilfe bei der Klärung offener Fragen sowie eine Orientierung bei den vielfältigen Entscheidungen sein, die im Verlauf der ALS unabdingbar entstehen.
Prof. Dr. Thomas Meyer
I Grundsätzliche Fragen zur ALS
1 Was ist ALS?
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine schwere neurologische Erkrankung, die zu fortschreitenden Lähmungen der Betroffenen führt. Es handelt sich um eine neurodegenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Darunter ist der fortschreitende Abbau (Degeneration) derjenigen Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark zu verstehen, die für die Steuerung der Muskulatur verantwortlich sind. In der Folge der ALS entstehen fortschreitende Lähmungen (Paresen) oder eine unkontrollierte Muskelanspannung (Spastik) der Willkürmotorik. Diejenigen Muskelgruppen, die bewusst vom Menschen angespannt werden können, werden als Willkürmotorik bezeichnet. Die Zunge, die Schlundmuskulatur, die Rumpf- und Atemmuskulatur, aber vor allem die Extremitätenmuskeln gehören zur Willkürmotorik. Alle Muskelgruppen, die keiner willkürlichen Kontrolle des motorischen Nervensystems unterliegen, sind bei der ALS ausgespart. Dazu gehören die Herzmuskulatur sowie sämtliche Muskelgruppen der inneren Organe (z. B. Magen-, Darm- und Gefäßmuskulatur). Durch die gemeinsame Betroffenheit des Nerven- und Muskelsystems wird die ALS auch als eine neuromuskuläre Erkrankung bezeichnet.
2 Was bedeutet der Begriff »Amyotrophe Lateralsklerose«?
Die Abkürzung ALS steht für den medizinischen Begriff »Amyotrophe Lateralsklerose«. Es handelt sich um den medizinischen Namen, den der Erstbeschreiber der ALS für diese Erkrankung im Jahre 1874 vorgeschlagen hat. Dieser medizin-historische Begriff beschreibt Grundelemente der Erkrankung. »Amyotroph« lässt sich mit der Formulierung »ohne Muskeln« übersetzen. Das Wort »Lateralsklerose« steht für eine »seitliche Verkalkung«. Diese Formulierung zielt auf den Abbau des Seitenstranges im Rückenmark, der die zentrale motorische Nervenbahn im Rückenmark verkörpert und bei der ALS degeneriert. Eine freie Übersetzung des Begriffes der Amyotrophen Lateralsklerose bedeutet »Muskelschwund durch einen Abbau der Seitenstränge im Rückenmark«. Dieser Begriff ist ausschließlich historisch zu verstehen, da in der Begrifflichkeit nur die Veränderungen auf Rückenmarksebene beschrieben werden und auch der Lähmungscharakter im Wort nicht